Auto als rollendes Rechenzentrum

Auto-IT gestern und heute

Computertechnik im Auto gibt es also schon ziemlich lange. Was heute anders ist: Die Komponenten – also die Chips und Sensoren – werden einerseits immer performanter und umfangreicher und bieten somit ganz neue Möglichkeiten. Andererseits verändert sich deren Zusammenspiel. Früher verbaute man Insellösungen und die Technik war jeweils nur für einzelne Funktionen ausgelegt.
«In der Vergangenheit wurde das Fahrzeug primär durch die Hardware definiert, auf die die Software aufgesetzt wurde, jetzt verlagert sich der Schwerpunkt auf die andere Seite», erklärt Harald Ruckriegel, Global Automotive Industry Lead and Chief Technologist beim Software-Spezialisten Red Hat. «Das heisst: Es bricht die Zeit des Software-definierten Fahrzeugs an.» Dabei werde die Software von der Hardware entkoppelt. Die Vorteile sind Ruckriegel zufolge die Hardware-Unabhängigkeit, die Standardisierung sowie die höhere Skalierbarkeit und Flexibilität. Das unterstütze vor allem auch die schnelle Bereitstellung neuer Funktionen, die der Hersteller dynamisch nachladen und freischalten könne.
IT im Auto des 20. Jahrhunderts: Das 1978 auf den Markt gekommene Anti­blockier­system von Bosch kam mit für damalige Verhält­nisse viel Technik.
Quelle: Bosch
Die grosse Herausforderung heute ist laut Magnus Östberg, Chief Software Officer bei der Mercedes-Benz Group, die Vernetzung im Fahrzeug und mit der Cloud. Hierbei gilt es, alle Funktionalitäten des Autos mit den Geräten des Kunden zu verknüpfen. Hinzu komme eine sichere End-to-End-Absicherung.
Vernetzte Autos als Datenkraken?
Renault Zoe: Beliebt, aber datenhungrig.
Renault
Autos von heute speichern riesige Informationsmengen. Das Problem: Autofahrer wissen nicht, welche Daten erhoben werden und welche davon zum Fahrzeughersteller fliessen. Das bestätigt eine aktuelle Studie des Sicherheitsunternehmens Ultimaco.
52 Prozent der Verbraucher in Deutschland wissen nicht, wie die von den Fahrzeugen gesammelten Daten verwendet werden. Und ungefähr genauso viele befürchten im Fall einer Datenpanne die Nachverfolgung ihrer Bewegungen.
Wenn es um die Datenverarbeitung im Auto geht, dann hüllen sich die Automobilhersteller laut ADAC in Schwiegen. Der Automobilclub hat sich daher beliebte Automodelle näher angesehen und untersucht, welche Daten erhoben und an den Fahrzeughersteller übermittelt werden.
Für das E-Auto Renault Zoe zum Beispiel (erste Modellreihe 2012) wurden folgende auffälligen Befunde ermittelt:
  • Das Aufladen der Antriebsbatterie kann von Renault via Mobilfunkverbindung jederzeit unterbunden werden
  • Renault kann beliebige Informationen vom Datenbus des Fahrzeugs via Mobilfunkverbindung mit­lesen. Diese Ferndiagnose ist standardmäßig ausgeschaltet, kann aber vom Hersteller jederzeit aktiviert werden
  • Bei jeder Fahrt, spätestens jedoch alle 30 Minuten, wird ein Datenpaket an Renault gesendet, das mindestens enthält: Fahrzeug-Identifizierungsnummer (VIN), diverse Seriennummern, Datum, Uhrzeit, GPS-Position, Temperatur, Ladung und Zellspannung der Hochvolt-Antriebsbatterie. Diese Informationen können von Renault auch jederzeit angefordert werden
  • Neben den fest programmierten Funktionen der Kommunikation zwischen dem Renault-Server und dem Renault Zoe können diese Funktionen via Mobilfunkverbindung beliebig erweitert werden
Wie wichtig die Vernetzung moderner Fahrzeuge ist, unterstreicht auch Jochen Kirschbaum: «Beim Kauf eines Neufahrzeugs ist das digitale Erlebnis im Fahrzeug eines der wichtigsten Entscheidungskriterien geworden.» Der Chief Operating Officer Onboard-Anwendungen bei Critical Tech Works, einem Joint Venture von BMW und Critical Software, ergänzt: «Dementsprechend elementar ist die Anbindung des Fahrzeugs an das digitale Ökosystem der Kunden.» Als Beispiel nennt Kirschbaum das Smart­phone als Autoschlüssel oder Apple Car Play, um digitale Assistenten wie Siri nahtlos im Auto nutzen.



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