04.07.2012, 06:00 Uhr
Agiles Projektmanagement erfolgreich umsetzen
Ob ein IT-Dienstleister erfolgreich ist, hängt davon ab, ob er seine Kunden begeistern kann. Dazu muss er heute vor allem eines können: auf Kundenwünsche schnell und flexibel reagieren. Agile Entwicklungsmethoden helfen dabei.
Erfolgreiche Projekte und begeisterte Kunden: Zwei Ziele, die gekoppelt mit dem notwendigen wirtschaftlichen Erfolg wohl jeder Geschäftsleiter in seinem Leistungsausweis haben möchte. Aus Sicht des Kunden bedeutet ein erfolgreiches Projekt: Es wurde genau der Inhalt geliefert, der vereinbart war, zum vereinbarten Termin und zum vereinbarten Preis. Begeistert ist der Kunde, wenn das geliefert wurde, was für ihn in der Summe den grössten Mehrwert bringt, wenn er Teilfunktionen frühzeitig erhält und wenn das Projekt zum vereinbarten Termin und zum vereinbarten Preis fertiggestellt ist.
Knackpunkt Änderungsmanagement
Heutige IT-Lösungen und insbesondere moderne Software-Anwendungen sind komplexe Projekte. Niemand ist in der Lage, zu Projektbeginn alles zu überblicken und damit alle Funktionen, Inhalte, Termine, Budgets etc. definitiv zu planen. Mit dem Projektfortschritt wächst auch das Wissen und damit die Planungssicherheit. Änderungen aufgrund neuer Erkenntnisse sind allgegenwärtig. Auf der anderen Seite sind die Budgets meist fix definiert. Ist ein Projekt einmal initiiert, will man logischerweise so rasch wie möglich erste Ergebnisse nutzen. Genau hier liegt die Herausforderung für Kunden und Lieferanten. Es gibt zwar gut durchdachte Methoden für das Management von Änderungen, meist fehlt diesen aber die notwendige Flexibilität und Effizienz. Grössere Organisationen richten zum Beispiel Change Control Boards ein, die in bestimmten Intervallen anliegende Änderungen besprechen, neue Offerten anfordern und schliesslich Wochen oder Monate später die Umsetzung einiger Änderungen anordnen. Vielerorts sind solche Gremien aber gar nicht existent – man geht einfach davon aus, dass im gesetzten Zeit- und Budgetrahmen alles erledigt werden kann. Änderungen werden dann oft zum Konfliktpotenzial zwischen Kunden und Lieferanten. Auf der nächsten Seite: Die Skeptiker von der agilen Methode überzeugen. Die Aufzählung der Konflikte, die ein starrer Rahmen aus Budget, Inhalt und Zeit in einem Projekt verursacht, liesse sich nahezu endlos verlängern. Mit welchen Ansätzen und Verfahren können diese Konflikte reduziert werden? Dazu noch einmal ein kurzer Rückblick auf die eingangs gemachte Definition: Was unterscheidet ein erfolgreiches Projekt von begeisterten Kunden? In beiden Fällen wird das Budget eingehalten. Den Unterschied macht, was der Kunde für dieses Budget erhalten hat und wann. Wie also werden aus mehr oder weniger zufriedenen Kunden begeisterte Kunden? Die Antwort haben wir für uns in der Anwendung von agilen Methoden gefunden. Unsere Firma realisiert seit über 20 Jahren Projekte. Auch wir waren einmal der Meinung, dass alles möglichst genau geplant und definiert werden muss, um ein Projekt in vorgegebener Zeit, mit vorgegebenem Budget und definiertem Inhalt umsetzen zu können. Trotz der Tatsache, dass laufend Konflikte auftraten, hielten wir lange an den klassischen Methoden der Projektrealisierung fest. Erste Kontakte mit agilen Methoden stiessen eher auf Ablehnung. Mit der zunehmenden Zahl von Projekten mit grösserem Volumen wurde aber die Tragweite der Konflikte so gross, dass wir uns ernsthaft mit Alternativen zu beschäftigen begannen. In der Diskussion mit Mitarbeitern, die seit längerer Zeit überzeugte Vertreter von agilen Methoden sind, lernten schliesslich auch die Skeptiker die Vorzüge der agilen Arbeitsweisen kennen und nehmen heute nach und nach Abschied von klassischen Vorgehensmodellen. Was hat unser Unternehmen dazu gebracht, diesen Weg zu gehen? Welche Argumente können eine Geschäftsleitung davon überzeugen, agile Methoden ein- und umzusetzen? Auf der nächsten Seite: Argumente für agile Methoden
Argumente für agile Methoden
Am Beispiel von Scrum (ein verbreitetes agiles Verfahren) bzw. an einem der Prinzipien von Scrum, der «Maximierung von Business Value», lassen sich die Vorteile am besten aufzeigen. Aus der «externen» Perspektive eines Geschäftsleiters oder Kunden wird dieses Prinzip am stärksten wahrgenommen. Es geht dabei einfach gesagt darum, sich in der Realisierung einer Lösung nicht auf die Erfüllung von vordefinierter Funktionalität zu konzentrieren, sondern stattdessen auf den maximalen Nutzen. Von Anfang an und so früh wie möglich soll der Kunde vom geschaffenen Mehrwert profitieren können.
Kundennutzen im Fokus
Der Fokus auf den Business Value, kombiniert mit iterativ-inkrementellen Realisierungsschritten, fördert das frühe Ausliefern von Releases mit hohem Nutzen. Frühe Releases versetzen den Kunden in die Lage, diese beurteilen zu können. Zudem entsteht im Projektverlauf bei Kunden wie Lieferanten Wissen über die Anwendung. Mit Sicherheit werden sich die Funktionen mit Blick auf den Business Value verschieben oder es entstehen komplett neue Funktionalitätsansprüche. In einem vom Business getriebenen Vorgehen verschieben sich auch die Prioritäten während der Realisierung. Das nächste Inkrement wird die neuen Prioritäten bereits berücksichtigen. Auf der nächsten Seite: So profitiert der Kunde im Idealfall Dank geeigneter agiler Methoden und der Konzentration auf den Mehrwert fürs Business lässt sich innerhalb gegebener finanzieller und zeitlicher Grenzen sicherstellen, dass:
- der Kunde Funktionen, die einmal geplant waren, aber inzwischen unwichtig sind, nicht mehr erhält;
- der Kunde stattdessen einige neue Funktionen erhält, deren Mehrwert/Notwendigkeit man erst im Laufe des Projekts erkannt hat;
- der Kunde dadurch effektiven Mehrwert für seine Investition generiert;
- der Kunde letztlich mehr Wert erhält, als er ursprünglich geplant hat;
- der Kunde deshalb begeistert ist und das Projekt insgesamt erfolgreicher wird.
Obwohl die Vorteile damit nur ansatzweise beleuchtet werden, ist klar, dass agile Methoden für Kunden attraktive Ergebnisse versprechen. Damit ist das Thema Agilität vor allem für IT-Dienstleister von höchstem Interesse, denn für diese stehen die individuellen Interessen und Bedürfnisse ihrer Kunden immer im Zentrum.
Festpreis, Vergleichbarkeit und Agilität
Fakt ist, dass für Projekte ab einer bestimmten Komplexität die Aufwände zu Beginn nicht abschliessend eingeschätzt werden können. Fakt ist, dass bei entsprechendem Vorgehen alle Beteiligten dazulernen und so den weiteren Verlauf und die Wichtigkeit von Projektteilen besser einschätzen können. Fakt ist aber auch, dass für das Projekt ein bestimmter Betrag zur Verfügung steht, der im Idealfall auf der Grundlage von Expertenschätzungen im Rahmen eines Vorprojekts zustande gekommen ist. Der Preis ist nach wie vor eines der wichtigen Evaluationskriterien und Vergleichsparameter, wenn ein Entwicklungspartner gesucht wird. Doch wie soll ein Software-Entwickler anbieten, der sich dem Business Value und der Agilität verschrieben hat? Wie soll er anbieten, wenn er weiss, dass sich Änderungen ergeben werden, deren Ausmass noch unbekannt ist? Wie soll er anbieten, wenn er weiss, dass der Preis ein wichtiges Evaluationskriterium sein wird, die Projektrisiken aber nicht einfach im Preis abgebildet werden können? Die Frageliste lässt sich beliebig fortführen. Die ideale Ausschreibung Um den Weg für erfolgreiche und Business-getriebene Projekte von Beginn weg frei zu halten, braucht es in der Ausschreibungsphase mehr Transparenz.
Die «ideale» Ausschreibung (zum Fixpreis) enthält ein Lastenheft mit bereits aus Sicht des Kunden nach Geschäftswert priorisierten Anforderungen. Ebenfalls bekannt gegeben wird ein Budgetrahmen, innerhalb dessen sich das Projekt realisieren lassen soll. Die anbietenden, potenziellen Entwicklungspartner sind so in der Lage, abzuschätzen, was sie innerhalb des gesetzten Preisrahmens zu leisten vermögen und können dies entsprechend anbieten. Für den Kunden bleibt die Vergleichbarkeit trotzdem erhalten. Für anspruchsvolle Projekte ist Transparenz, von Beginn bis zum Ende, auf Kunden- wie Entwicklungspartnerseite unabdingbare Voraussetzung. *Der Autor ist Geschäftsleiter der Koch IT AG.
Die «ideale» Ausschreibung (zum Fixpreis) enthält ein Lastenheft mit bereits aus Sicht des Kunden nach Geschäftswert priorisierten Anforderungen. Ebenfalls bekannt gegeben wird ein Budgetrahmen, innerhalb dessen sich das Projekt realisieren lassen soll. Die anbietenden, potenziellen Entwicklungspartner sind so in der Lage, abzuschätzen, was sie innerhalb des gesetzten Preisrahmens zu leisten vermögen und können dies entsprechend anbieten. Für den Kunden bleibt die Vergleichbarkeit trotzdem erhalten. Für anspruchsvolle Projekte ist Transparenz, von Beginn bis zum Ende, auf Kunden- wie Entwicklungspartnerseite unabdingbare Voraussetzung. *Der Autor ist Geschäftsleiter der Koch IT AG.