An der ZHAW
05.09.2019, 14:30 Uhr
05.09.2019, 14:30 Uhr
Nackenschmerzen mit Computerspiel behandeln
Forschende der ZHAW (Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften) haben zusammen mit Partnern aus Industrie und klinischer Praxis ein System entwickelt, das Nackentherapie mit Computerspielen verknüpft.
Lange Arbeitstage vor dem Computer, der häufige Blick auf das Smartphone oder wenig Bewegung begünstigen Nackenschmerzen. Bleiben diese unbehandelt, kann das langfristig zu starken Beeinträchtigungen führen. So sind Nackenbeschwerden ein weit verbreitetes Problem und weltweit die vierthäufigste Ursache für Behinderungen.
Bis jetzt gibt es keine Therapie, welche die Bewegungen der Betroffenen präzise misst und damit Fehlhaltungen und den Therapieerfolg aufzeigt. Deshalb haben ZHAW-Forschende des Departements Gesundheit und der School of Engineering zusammen mit dem Industriepartner Hocoma und Partnern aus der klinischen Praxis die «Valedo Nackentherapie» entwickelt.
Gamification für sonst trockene Übungen
Um Nackenbeschwerden zu lindern, gibt es keine einheitliche Therapie. Zu unterschiedlich sind die Ursachen, zu vielfältig die Bedürfnisse der Betroffenen. Insbesondere bei Menschen mit einer gewohnheitsmässigen Fehlhaltung kann eine Feedback-basierte Physiotherapie nützlich sein.
Das entwickelte System soll deshalb eine individualisierte und günstige Therapie ermöglichen und dabei erst noch Spass machen. Es erfasst über Sensoren die Bewegungen der Patientin oder des Patienten und überträgt diese in ein Computerspiel. Die Bewegungen werden so visualisiert.
Gleichzeitig wird die Haltung des Nackens analysiert. So können Fehlhaltungen wie der nach vorne geschobene Kopf – auch Schildkrötenhals genannt – sichtbar gemacht werden.
«Mit dieser Nackentherapie können wir Übungen anbieten, die auf die spezifischen Bedürfnisse der Betroffenen abgestimmt sind», erklärt Projektleiter Christoph Bauer vom Departement Gesundheit der ZHAW. Die Patientinnen und Patienten müssen dann beispielsweise mit gezielten Nackenbewegungen eine Entenmutter steuern, die in einem Teich ihre Küken füttert. Diese sogenannte «Gamification» macht aus eher trockenen Übungen ein motivierendes Spiel.
Ursprünglich für VR-Brillen
Das Messsystem wurde ursprünglich für Virtual-Reality-Brillen verwendet und von den ZHAW-Forschenden mit einer eigens entwickelten Sensor-Hardware und -Software ergänzt. Damit verfügt der Wirtschaftspartner Hocoma über freie Gestaltungsmöglichkeiten bei der Entwicklung eines marktreifen Messgerätes für Nackenbewegung.
Die Forschenden wollten sichergehen, dass sich die Therapie in der Praxis bewährt. Deshalb waren neben Hocoma zahlreiche weitere Praxispartner an dem von der Agentur für Innovationsförderung des Bundes Innosuisse mitfinanzierten Projekt beteiligt.
Die Universitätsklinik Balgrist, Balgrist Mov>Med, die Medbase-Praxis Archhöfe und das Physiowerk Aadorf haben definiert, für welche Patientinnen und Patienten die Methode entwickelt werden soll und wie präzise die Messungen sein müssen. Die ZHAW-Forschenden haben sodann basierend auf diesen Anforderungen zwei Prototypen entwickelt.
Getestet wurde die Nackentherapie mit 24 Testpersonen und zwölf Therapeutinnen wiederum in den Kliniken. Das Feedback aus diesen Tests soll nun in die Weiterentwicklung der Prototypen einfliessen. «Mittelfristig soll das Computerspiel nicht nur bei der Physiotherapeutin oder beim Physiotherapeuten, sondern auch zu Hause benutzt werden können», so Bauer.
Autor(in)
pd/
jst