ETH AI Center
14.04.2022, 13:36 Uhr
Mit statistischen Methoden den Krankheitsverlauf vorhersehen
Daten enthalten viel mehr als nur die offensichtliche Information. Mit Statistik lassen sich auch versteckte Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge finden. Darüber forscht Alexander Marx als Fellow am ETH AI Center mit Hilfe von künstlicher Intelligenz.
Am ETH AI Center befasst sich Alexander Marx mit medizinischen Fragen der Datenwissenschaften. Dabei geht es darum, Theorie und Praxis zusammenzuführen.
(Quelle: Nicola Pitaro/ETHZ)
Eine Unterzuckerung kommt bei einem Diabetiker meist nicht zufällig. Genauso wenig wie ein Börsenkurs ohne Grund abstürzt. Zumindest theoretisch ist deshalb auch beides vorhersehbar. In der Praxis gelingen derartige Prognosen bisher allerdings nur in den seltensten Fällen. Wenn Alexander Marx mit seinem Projekt Erfolg hat, wird sich das für Kinder mit Typ 1 Diabetes in Zukunft aber ändern: «Wir arbeiten an Vorhersagemodellen, die frühzeitig erkennen sollen, ob in der Nacht eine Unterzuckerung droht», erklärt der Fellow am ETH AI Center. «Wenn sich Kinder am Tag stark körperlich betätigen, kann ihr Blutzuckerspiegel im Schlaf unter eine kritische Schwelle fallen. Mit einem verlässlichen Prognosemodell liesse sich dieses Risiko vermeiden.»
Ursache-Wirkungs-Netzwerke sichtbar machen
Marx befasst sich mit dieser Fragestellung in der Forschungsgruppe für medizinische Datenwissenschaften von Julia Vogt. «Ich komme mehr aus der theoretischen Ecke und habe bisher vor allem mit künstlich erzeugten Daten gearbeitet. Das AI Center hat den Anspruch, Theorie und Praxis zusammenzuführen. Das finde ich spannend. Ich muss jetzt die theoretischen Konzepte auch mit realen Daten zum Funktionieren bringen.»
Sein wissenschaftliches Rüstzeug hat sich Marx an der Universität des Saarlandes im deutschen Saarbrücken erarbeitet. Nach einem Masterabschluss in Bioinformatik befasste er sich am dort ansässigen Max Planck Institut für Informatik im Rahmen seiner Doktorarbeit mit Causal Discovery. Mit diesen statistischen Methoden lassen sich aus Beobachtungsdaten sogenannte kausale Graphen erstellen, die Ursache-Wirkungs-Netzwerke sichtbar machen.
Aus Zusammenhängen Vorhersagen ableiten
Dabei werden beispielsweise aus Umfragedaten alle Faktoren eruiert, bei denen ein Wirkungszusammenhang mit einer bestimmten Grösse vermutet wird. Ein allgemeines Beispiel wäre die Abhängigkeit des Einkommens einer Person von Alter, Wohnort, Geschlecht, Bildung, Zivilstand oder Kinderzahl. Auf Basis der gefundenen Zusammenhänge können dann Vorhersagen für Personen, die nicht befragt wurden, gemacht werden. Dafür müssen nicht einmal die gesamten Abhängigkeitsketten bekannt sein, wie Marx präzisiert. Es reicht, die kleinste Menge an Faktoren zu eruieren, die für eine Prognose ausreicht.
Autor(in)
Daniel
Meierhans, ETH-News