ETH Zürich 09.08.2021, 09:25 Uhr

Genauere Wetter- und Klimamodelle geplant

Starkregen und Hochwasser haben das Wetter in letzter Zeit geprägt. Um diese Ereignisse genauer vorherzusagen und zusammen mit dem Klimawandel besser zu verstehen, entwickelt die ETH mit Partnern eine neue Generation von hochaufgelösten Wetter-​  und Klimamodellen.
Die Forschungsinitiative Exclaim entwickelt neue, globale Klimamodelle, die regionale Wettermodelle hochaufgelöst integrieren sowie Stürme, Gewitter oder Hurrikane direkt simulieren.
(Quelle: Wikimedia/NOAA)
Starkregen, Hagelschauer und Überflutungen: Die vergangenen Wochen haben im Alpenraum und in Nordwesteuropa deutlich gemacht, wie sich extreme Unwetter auswirken können. Wie genau hängen jedoch die extremen Wetterereignisse mit der Klimaerwärmung zusammen? Für Forschende, die sich mit den Wechselwirkungen zwischen Wetter und Klima sowie deren Modellierung befassen, ist das eine Schlüsselfrage. 
Modelle sind ein Mittel, um diese Wechselwirkungen zu verstehen. Sie bilden die grundlegenden physikalischen Prozesse ab, um die wahrscheinlichen Entwicklungen zu berechnen. Mit den heutigen Modellen und Computer-​Infrastrukturen stossen die Forschenden jedoch an Grenzen, wie genau ihre Aussagen über die Zusammenhänge von Wetter und Klima sein können. Darum hat die ETH Zürich mit Partnern die Forschungsinitiative Exclaim lanciert. Diese hat zum Ziel, die räumliche Auflösung der Modelle deutlich zu erhöhen, um deren Präzision zu steigern und um das Wetter in einer zukünftigen, warmen Welt auf globaler Ebene direkt zu simulieren. 

Das Wetter nahtlos im Klimamodell abbilden

«Aufgrund ihrer hohen Auflösung werden die neuen, globalen Modelle wichtige Prozesse wie Stürme und Wettersysteme viel detaillierter abbilden als das bisher der Fall war. Auf diese Weise können wir viel genauer untersuchen, wie sich Klimaveränderungen und Wetterereignisse gegenseitig beeinflussen», sagt Nicolas Gruber, der Leiter von Exclaim und Professor für Umweltphysik. 
Exclaim ist interdisziplinär: Neben den Klimaforschenden des ETH-​Zentrums für Klimamodellierung (C2SM) beteiligen sich ETH-​Informatiker, das Schweizerische Nationale Supercomputing Centre (CSCS), das Schweizer Data Science Center (SDSC), das Forschungsinstitut Empa sowie das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz. Die Zusammenarbeit soll nicht nur die Modellierung der Klimaforschung verbessern, sondern auch die Wetterprognosen der MeteoSchweiz. Zu den internationalen Projektpartnern zählen der Deutsche Wetterdienst (DWD) und das Max-​Planck-Institut für Meteorologie (MPI-​M), die das Modellsystem Icon (Icosahedral Nonhydrostatic) entwickelt haben, das die Basis für Exclaim bildet, sowie das Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (EZMW), bei dem die Schweiz Vollmitglied ist.
“Die neuen, globalen Modelle werden wichtige Prozesse wie Stürme und Wettersysteme viel detaillierter abbilden als bisher. „
Nicolas Gruber, ETHZ
Einen regelrechten Massstabssprung streben die Forschenden bei der räumlichen Auflösung der Wetter-​ und Klimamodelle an: Um das globale Wetter und Klima mit all seinen regionalen Details zu simulieren, legen ihre Modelle ein virtuelles, dreidimensionales Gitter über die Erdkugel. Auf der Basis von physikalischen Gesetzen berechnen die Forschenden dann in ihren Modellen für jeden Punkt die jeweiligen Klimabedingungen. In globalen Klimamodellen liegen diese Punkte heute 50 bis 100 Kilometer auseinander. In Exclaim peilen die Forschenden langfristig eine Auflösung von nur einem Kilometer an. 
Da die Rechnerleistung der heutigen Hochleistungsrechner begrenzt ist, lässt sich das Wetter bisher nur regional derart feinmaschig aufgelöst simulieren – und das auch nur über relativ kurze Zeiträume. In den neuen Modellen wollen die Forschenden diese feinmaschige Auflösung nun auch global erreichen, um das Wettergeschehen aus einer globalen Klimaperspektive heraus viel schärfer als bisher zu simulieren. Das ist, als ob man die globalen Klimamodelle mit einer zusätzlichen Zoom-​Funktion für kleinräumige Ereignisse ausstattet. 
«Mit den neuen Modellen lassen sich auch ‹Wettervorhersagen› im zukünftigen Klima machen und Antworten finden wie Extremereignisse wie die Starkniederschläge dieses Sommers in Zukunft aussehen könnten», sagt Christof Appenzeller, Leiter des Geschäftsbereichs Analyse und Prognose der MeteoSchweiz. 

Autor(in) Florian Meyer, ETH-News



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