04.09.2017, 15:27 Uhr
Alte Handschriften-Fragmente digital vereint
Forscher setzen alte Handschriften-Fragmente online zusammen
Eine Internet-Plattform hilft Historikern, Fragmente alter Handschriften zu dokumentieren, «Puzzleteile» zu vergleichen und zusammenzusetzen. Die digitale Plattform Fragmentarium wurde in den letzten drei Jahren unter der Leitung des Handschriftenforschers Christoph Flüeler von der Universität Freiburg aufgebaut, wie die Verantwortlichen mitteilten. Am Projekt beteiligt sind namhafte Bibliotheken aus Europa und Nordamerika.
Forschende rund um den Globus arbeiten derzeit an zwölf besonders aufschlussreichen Fallbeispielen. Am Mittwoch trafen sie sich mit leitenden Bibliothekaren zu einer Tagung an der Stiftbibliothek St. Gallen. Im Anschluss daran ist «Fragmentarium» am 1. September feierlich eröffnet worden.
«Recycling» von Pergament
Ausgesondertes Pergament wurde im Mittelalter meistens nicht entsorgt. Viel mehr wurden die alten Manuskripte zerschnitten und wieder verwendet, beispielsweise als Einbandmaterial für die Verstärkung oder Verzierung neuer Bücher. Diese Praxis war bis ins 17. Jahrhundert weit verbreitet. «Deshalb finden sich Hunderttausende von Handschriftenfragmenten über die ganze Welt zerstreut, die genauer bestimmt und erforscht werden könnten», heisst es. Mit Big Data könne ein neues Forschungsgebiet bearbeitet werden. Davon erhoffen sich Historikerinnen und Literaturwissenschaftler ein umfassenderes und genaueres Bild des Mittelalters. Reproduktionen von Handschriften-Fragmenten lassen sich von Servern aus verschiedenen Ländern auf die zentrale «Fragmentarium»-Plattform hochladen. Auf diese Weise können sie online katalogisiert, wissenschaftlich beschrieben, transkribiert und zusammengesetzt werden. Nächste Seite: Sensationelle Funde erhofft
Sensationelle Funde erhofft
«Es ist durchaus möglich, dass wir so in den nächsten Jahren einige sensationelle Funde machen werden», sagte Projektleiter Christoph Flüeler gemäss Communiqué. Wichtiger sei es jedoch, «unser fragmentarisches Wissen über das Mittelalter durch die grosse Menge unerforschter Fragmente zu vergrössern».
Beteiligt sind etwa die Bibliothèque nationale de France, die British Library, die Vatikanische Apostolische Bibliothek, die Österreichische Nationalbibliothek, die Bayerische Staatsbibliothek oder die Universitätsbibliothek Leipzig, aber auch die amerikanischen Universitäten Harvard, Stanford und Yale. Geleitet wird das Projekt von Forschenden der Universität Freiburg, die sich seit Jahren mit der digitalen Handschriftenforschung befassen. Dieses Team habe mit den "e-codices", einer virtuellen Handschriftenbibliothek der Schweiz, schon eine der innovativsten digitalen Bibliotheken geschaffen, heisst es.