12.11.2012, 10:07 Uhr
Interplanetares Internet getestet
Den beiden Weltraumbehörden Nasa und ESA sind erste Tests zum geplanten Weltraum-Internet gelungen. So steuerte eine Astronautin in der Raumstation ISS einen Legoroboter auf der Erde.
Vor Kurzem hat sich ein Roboter auf der Erde bewegt und bekam dabei Befehle aus dem Weltraum. Was Ufologen in Panik versetzen könnte, ist ein Experiment, das von den nordamerikanischen und europäischen Weltraumbehörden Nasa und ESA derzeit mit einem neuartigen Internetprotokoll durchgeführt wird. Konkret hat Sunita Williams, Kommandantin der 33. Expedition in der internationalen Raumstation ISS einen Lego-Roboter in einem Testraum der ESA in Deutschland steuern können. Das Experiment diente dazu, das neue Netzwerkprotokoll DTN (Disruption Tolerant Networking) auszuprobieren, das den Grundstein eines interplanetaren Internets legen soll. Künftig wollen Nasa und ESA mit Hilfe des Protokolls Roboter auf benachbarten Planeten wie dem Mars steuern. DTN soll ein Problem beheben helfen, das klassische Netzwerkprotokolle haben, wenn sie die grossen Distanzen im Weltraum überbrücken sollen. Denn Protokolle wie IP funktionieren nicht im interplanetaren Verkehr, weil es schlicht zu lange geht, bis die Datenpakete am Zielort eintrudeln und die Gegenseite den Empfang bestätigt. Selbst mit Lichtgeschwindigkeit dauert die Übertragung von der Erde zum Mond 1,7 Sekunden und zum Mars gar acht Minuten. Dazu kommt, dass die Fehleranfälligkeit in der Weltraumkommunikation weitaus höher ist als bei terrestrischen Systemen. Während IP einen kontinuierlichen Datenpfad von einem Ende zum anderen erwartet, schickt DTN die Daten in Intervallen. Die Informationen «hüpfen» somit von Relaystelle zu Relaystelle. Herzstück des DTN ist das «Bundle Protocol». Dieses speichert die Daten in Bündeln bei jeder Zwischenstation, bis die nächste Verbindung für die weitere Übertragung frei wird. Im jüngsten Experiment verwendete also Williams das Protokoll, um den Roboter in Darmstadt zu bewegen. Gut 90 Minuten lang wurden Daten zwischen den beiden Stellen ausgetauscht. Dabei gelang ein Datendurchsatz für die 200 Meilen messende Strecke zwischen der ISS und Erde von 50 Kilobyte pro Sekunde von der ISS zur Erde und von 83 Byte pro Sekunde auf dem umgekehrten Weg. Es dauerte durchschnittlich sieben Sekunden bis die Daten ankamen und der Empfang quittiert wurde. Nun planen Nasa und ESA, DTN auf ersten Weltraummissionen ab 2015 ernsthaft einzusetzen. Daneben haben Militärkreise ein Auge auf DTN geworfen. Das besonders tolerante Protokoll könnte der mobilen Datenkommunikation im Feld dienen, und Informationen auch dann übermitteln, wenn die Kommunikation durch Funklöcher behindert wird.