Neue Mobilfunkgeneration 30.06.2021, 06:35 Uhr

6G soll die Versprechen von 5G einlösen

Die Entwicklung von 6G läuft auf Hochtouren. Welche Geschäftsmodelle damit möglich sein werden, ist allerdings aktuell noch kaum vorhersehbar.
(Quelle: Aha-Soft / shutterstock.com)
Der Aufbau von 5G-Mobilfunknetzen ist rund um den Globus voll im Gang. Der Telekommunikationsausrüster Ericsson geht davon aus, dass Ende letzten Jahres weltweit bereits rund eine Milliarde Menschen Zugang zu einem 5G-Netz hatten. In Deutschland ist die Netzabdeckung mit der neuesten Mobilfunkgeneration allerdings noch ein riesiger Flickenteppich. 5G kommt gerade erst in Fahrt, die ersten Geräte im Internet of Things (IoT) nutzen dessen Potenziale und die ersten Unternehmen bauen ihre eigenen 5G-Campus-Netze auf.
Doch denkt die Forschung schon weiter. Sie überlegt, wie die Nachfolgetechnologie von 5G aussehen und welche Möglichkeiten diese bieten könnte. Zahlreiche Unternehmen und Forschungseinrichtungen tüfteln bereits an 6G.
Auch wenn 5G derzeit noch das Nonplusultra ist und - zumindest unter Idealbedingungen - irgendwann einmal Geschwindigkeiten von bis zu 20 GBit/s ermöglichen soll: Was heute schnell ist, ist es in ein paar Jahren schon nicht mehr. Der weltweite Datenhunger ist schier unstillbar, sodass sich Mobilfunknetze stetig weiterentwickeln müssen, um leistungsfähig zu bleiben. «Denn durch neuartige Anwendungen werden auch die Anforderungen an Datenrate, Zuverlässigkeit, Latenz und Verbindungsdichte weiter steigen», erklärt Bernhard Niemann. Er ist Abteilungsleiter Breitband und Rundfunk beim Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS), das schon am 6G-Funk arbeitet. «Die Forschung muss bereits jetzt beginnen, an den grundlegenden Technologien zu arbeiten, um in zehn Jahren eine neue Mobilfunkgeneration einführen zu können.» Und hier ist die Fraunhofer-Gesellschaft ganz vorne mit dabei: Im Projekt «6G SENTINEL» bündeln fünf Fraunhofer-Institute ihre Kompetenzen, um gemeinsam Schlüsseltechnologien für den kommenden Mobilfunkstandard 6G zu entwickeln.
“Die Forschung muss bereits jetzt beginnen, an den grundlegenden Technologien zu arbeiten, um in zehn Jahren eine neue Mobilfunkgeneration einführen zu können.„
Bernhard Niemann, Abteilungsleiter Breitband und Rundfunk beim Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS)

Immer schneller …

Ähnlich wie beim Übergang von LTE/4G auf 5G geht es laut Bernhard Niemann auch bei 6G um eine konsequente Weiterentwicklung der bis­herigen Mobilfunktechnologien - «sprich: höhere Spitzendatenraten, höhere Datenraten pro Nutzer, niedrigere Latenz und mehr Endgeräte pro Flächeneinheit.» Es sei darüber hinaus zu erwarten, dass 6G auch neue Möglichkeiten bietet und zum Beispiel neben der Genauigkeit bei der Positionsbestimmung (Lokalisierung) sowie der Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der Datenübertragung auch die Energieeffizienz stärker in den Vordergrund rücken wird.
Nach Angaben des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM), das ebenfalls bereits an 6G arbeitet, haben die Forscher beim neuen Mobilfunkstandard ambitionierte Ziele: eine Datenrate von einem Terabit pro Sekunde und eine Latenz von rund 100 Mikrosekunden - also das Fünfzigfache der Datenrate und ein Zehntel der Latenz von 5G. Damit soll 6G die Erwartungen erfüllen, die 5G geweckt hat.
Ein Beispiel ist das autonom fahrende Auto: Es teilt anderen Verkehrsteilnehmern seine Position in Echtzeit mit, es misst Abstände und schaut sich mit einem 360-Grad-Blick um. Dafür braucht es Sensoren, die enorm viele Daten sammeln, die gleichzeitig geteilt werden. Hinzu kommt, dass das autonome Fahrzeug die Strassen sehr gut kennen muss - was etwa den Download hochauflösender Stadtpläne erfordert. Die mit 5G im besten Fall möglichen 20 Gigabit pro Sekunde sollen hierfür und die zahlreichen Up- und Downloads der Sensordaten in Echtzeit laut dem Fraunhofer IZM schlicht nicht ausreichen: Die Spezifikationen von 5G ermöglichten es nicht, Infrastrukturen und Netze aufzubauen, die gleichzeitig Hunderte von Gigabit pro Sekunde und eine extrem niedrige Latenz gewährleisten: Mit 5G sei wahrscheinlich echtes autonomes Fahren überhaupt nicht möglich - deshalb brauche man 6G.
Ein weiteres Beispiel ist die Telemedizin, genauer gesagt der Bereich der Tele-Chirurgie: Hier muss beispielsweise der operierende Arzt nicht mehr vor Ort sein. Roboter führen die Operationen durch, während der Arzt sich irgendwo anders befindet und bestimmte Geräte steuert. Hierfür benutzt er einen ultrahochauflösenden Bildschirm oder ein Mixed-Reality-Headset, um mithilfe von 3D-Hologrammen genau zu sehen, was im Inneren des Körpers passiert. Er muss feinste Details erkennen können. So etwas realisiere man zwar schon mit 5G, doch gebe es – so das Fraunhofer IZM - viele Einschränkungen durch die maximale Datenrate und die Latenz, die mit 5G einhergehen. Man brauche für dieses Einsatzgebiet Daten in Echtzeit und unkomprimiert mit einer Übertragungsrate von mehreren Hundert Gigabit/Sekunde bis über 1 Terabit/Sekunde sowie eine Latenz von weniger als 1 Milli­sekunde - das schaffe 5G auf keinen Fall.



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