Konferenz Build
30.04.2015, 02:10 Uhr
Microsoft öffnet sich für iOS- und Android-Apps
An der Entwicklerkonferenz «Build» positionierte sich Microsoft einmal mehr als Plattform-Unternehmen. Künftig sollen sich Apps für Android und iOS auf Windows portieren lassen.
Microsofts Satya Nadella wünscht sich eine Milliarde Geräte mit Windows 10
(Quelle: computerworld.ch)
Microsofts Entwickler-Gemeinde versammelt sich aktuell an der Konferenz «Build» in San Francisco. Während der Eröffnungsrede kündigte CEO Satya Nadella an, das künftige Windows 10 zur universellen und verbreitetsten Computing-Plattform machen zu wollen. Mit der quantitativen Zielvorgabe, «eine Milliarden Geräte sollen in zwei bis drei Jahren mit Windows 10 arbeiten», blieb er aber vage.
Für grosse Verbreitung dürfte das vorübergehend kostenfreie Upgrade auf Windows 10 sorgen. Microsoft spricht heute von über 1,5 Milliarden Windows-Installationen weltweit. Für die Mehrheit der Privatanwender könnte die neue Version attraktiv sein. Zusätzlich werden Anwendungen wie das Internet der Dinge mit Millionen Sensoren und zum Beispiel der Kleinstcomputer Raspberry Pi die installierte Basis erhöhen. Wenig präsent ist Windows bis anhin auf der Mobil-Plattform. Das will Microsoft mit neuen Entwicklerwerkzeugen ändern.
Android und iOS für Windows
Terry Myerson kündigte an der Konferenz neue Migrationspfade für die Windows-Plattform an. So erklärte der Verantwortliche für die Betriebssystem-Gruppe bei Microsoft, dass sich der Programmcode von Android-Apps grösstenteils für Windows wiederverwenden lässt. Für Apps, die in C++ oder Java geschrieben sind, soll damit eine einfache Migration möglich sein. Entwickler werden diese Programme ausserdem mit typischen Windows-Funktionen wie Live-Kacheln und die Einbindung in Microsoft-Services (OneDrive, Xbox) erweitern können.
Für Jubel unter den circa 5000 Teilnehmern der «Build» sorgte Myersons Ankündigung eines Toolkits zum Neukompilieren von iOS-App für die Windows-Plattform. Der Manager versprach, dass die Software-Werkzeuge auch die «ganze Verwirrtheit» der Apple-Programmiersprache Objective C verstünden und übersetzen könnten, was von den Entwicklern mit einem Raunen quittiert wurde. Microsoft will bereits das Entwicklerstudio King von dem iOS-Toolkit überzeugt haben: Das populäre Spiel «Candy Crush Saga» sei erfolgreich auf Windows portiert worden, sagte Myerson. Nun würden weitere King-Apps folgen.
Windows-Anwendungen als App
Den Zuspruch für Windows 10 will der Konzern ausserdem mit Migrationspfaden für bestehende Windows-Anwendungen erhöhen. Nach den Worten Myersons könnten etwa Web-Applikationen in einem App-Container bereitgestellt werden. Programme in .Net und mit Win32-API sollen sich mithilfe der Virtualisierungstechnologie App-V via Windows Store bereitstellen lassen. In Kooperation mit Adobe will Microsoft zum Beispiel Photoshop Elements und Premiere Elements für Windows 10 lancieren.
Business-Store und Microsoft Edge
Mit den Migrations-Tools will Microsoft auch Unternehmen helfen, ihre Fachanwendungen nach einem Betriebssystem-Upgrade weiter zu nutzen. Ausschliesslich an professionelle Nutzer wendet sich der künftige Windows Store for Business. Wie Myerson sagte, können Unternehmensverantwortliche in dem geschützten Store individuell entwickelte Apps und Business-Anwendungen gezielt in Fachabteilungen platzieren. Mit dem Bezahlmodell für unternehmensinterne Beschaffungen soll die Nutzung von Apps transparent werden.
Handy genügt auf Geschäftsreise
Die Microsoft-Sprecher vermieden während der Eröffnungspräsentation bewusst, einen Unterschied zwischen Apps für den Desktop, das Smartphone und etwa das Tablet zu machen. Künftige Windows-Anwendungen sollen im Idealfall «Universal»-Apps sein, die auf allen Plattformen laufen. Für die Programmoberfläche hat Microsoft das «Continuum»-Konzept definiert: Eine App präsentiert und verhält sich so, wie es für die jeweilige Anzeige optimal ist. Auf dem Smartphone-Display wird das Menü zum Symbol reduziert, auf dem Widescreen-Monitor über die ganze Breite verteilt, führte Joe Belfiore von Microsoft aus.
Ausschliesslich als «Universal»-App werden die Office-Anwendungen Excel, PowerPoint, Outlook und Word in Zukunft zu haben sein. Damit genügt für den Geschäftsreisenden, der heute noch den Laptop mitschleppt, in Zukunft das Smartphone. Wenn er das Windows-Handy an einen Monitor oder Projektor anschliesst, skaliert das Display-Bild automatisch auf die grössere Darstellung. Die Präsentation beim Kunden kann dann via Maus und Tastatur korrigiert sowie per Fingergeste gesteuert werden. Die einheitliche App-Lösung hat nach den Worten von Rob Lefferts aus Microsofts Office-Division den Vorteil, dass Erweiterungen nur einmal geschrieben werden müssen. Die nächste Version der Produktivitätsanwendungen besässen ein einheitliches Add-On-Modell, das in allen Office-Programmen und auf allen Plattformen arbeitet. Lefferts zeigte an der Konferenz eine Erweiterung für Excel, die Daten aus dem SAP-System bezieht und für die Weiterverarbeitung bereitstellt. Dieses Add-On könne sowohl lokal als auch im Browser und auch auf dem Mac verwendet werden. Der «Uber Ride Reminder» für Outlook erinnert einen Reisenden an eine Buchung mit dem alternativen Taxi-Dienst – im Büro auf dem Desktop oder unterwegs auf dem Smartphone.
Microsoft Edge
Für alle Plattformen lancieren will Microsoft den Nachfolger des Internet Explorers. Der unter dem Namen «Spartan» entwickelte Browsers wird «Edge» heissen, sagte Manager Belfiore. Mit dem Namen solle angedeutet werden, dass sich Surfer heute «an der Grenze zwischen Konsum und Kreation» bewegten, wenn sie im Web unterwegs seien («being on the edge of consuming and creating»). Neben der Offenheit für alle Plattformen soll Edge auch offen sein für Erweiterungen. Chrome-Extensions liessen sich mit wenigen Modifikationen für Edge bereitstellen, so Belfiore.
Windows-Programmierung unter Linux
Den rund 5000 Entwicklern an der «Build» versprach Microsofts Scott Guthrie mehr Möglichkeiten für ihre Programmierprojekte. Der neue Editor «Visual Studio Code» soll das Debugging und Optimieren von Anwendungscode unter Linux und Mac erlauben. Die Entwicklungsumgebung ist per sofort verfügbar und steht kostenlos zum Download bereit.
Selbst entwickelte Anwendungen stellen Programmierer vermehrt auch auf der Cloud-Plattform Azure bereit, sagte Guthrie, der Microsofts Cloud and Enterprise Group leitet. Microsoft investiere jährlich hunderte Millionen US-Dollar in Azure. Alleine im abgelaufenen Jahr seien 500 neue Services für Azure lanciert worden, unter anderem die Unterstützung für die Virtualisierungstechnologie Docker. Docker-CEO Ben Golub äusserte sich auf der Microsoft-Bühne beeindruckt, dass der Software-Gigant mit der Unterstützung nicht gezögert habe und die Technologie schnell adaptiert worden sei.