04.09.2017, 14:22 Uhr
So bleiben Sie (ein bisschen) anonym
Das neue Nachrichtendienstgesetz (NDG) tritt in Kraft. Wer ab heute im Internet surft, kann vom Staat überwacht werden. Dagegen gibt es ein paar Hilfsmittel.
Verschiedene Instanzen auf der ganzen Welt sind an den Webaktivitäten von Herrn und Frau Schweizer interessiert, sei dies nun aus kommerziellen oder sonstigen Gründen. Es wird zunehmend schwieriger, sich unerkannt im Netz zu bewegen, zu zahlreich sind die Wege, nicht nur Ihre Identität, sondern auch Ihre Surfgewohnheiten festzustellen. Dies ist aber kein Grund, mit seinen Daten allzu freigiebig zu sein. So machen Sie es den Datensammlern schwerer.
Surfen im Internet
Alle aktuellen Browser haben einen Modus an Bord, der verhindert, dass beim Surfen Spuren auf Ihrer Festplatte landen. Das bringt zwei Vorteile: Andere Nutzer an Ihrem PC können nicht nachschauen, welche Seiten Sie besucht haben. Da im privaten Modus keine Cookies abgelegt werden, ist es ausserdem für Webseitenbetreiber schwieriger, Sie zu identifizieren. Dadurch können diese nicht mehr so einfach ein Profil von Ihnen erstellen. Es lohnt sich, diesen Schutz mit weiteren der folgenden Tipps zu kombinieren.
Im Firefox-Menü klicken Sie dazu auf Einstellungen und wählen Sie den Abschnitt Datenschutz. Wenn Sie die Chronik-Einstellung auf «Firefox wird eine Chronik: niemals anlegen» ändern, verwenden Sie von nun an den Privaten Modus. Ein Neustart des Browsers wird erforderlich.
Wichtig bei Chrome: Sind Sie mit Ihrem Google-Konto eingeloggt, werden Aktivitäten protokolliert. Ein Logout ist daher wärmstens empfohlen. Gleiches gilt beim Nutzen von Suchmaschinen. Privates Suchen geht sehr gut mit der Suchmaschine DuckDuckGo.
Herkunft verschleiern
Wer nur gelegentlich eine Webseite anonym aufrufen will, benutzt am besten einen der kostenlosen Anonymizer-Dienste. Dadurch kann die Zielwebseite Ihre IP-Adresse und damit Ihren Standort nicht ermitteln, sondern erkennt stattdessen nur die Position des genutzten Dienstes.
Hide my Ass und Proxify. Sie funktionieren alle sehr einfach: Öffnen Sie eine der drei Webseiten und geben Sie dort die gewünschte Internetadresse ein – schon werden Sie über einen Server auf die Webseite umgeleitet.
Allerdings haben die Anonymisierungsdienste auch Nachteile. Zum einen sind sie oft langsam, zum anderen werden Webseiten nicht immer korrekt dargestellt. Um sich zu finanzieren, blenden die Dienste zudem Werbung ein. Benutzen die Webseitenbetreiber Techniken wie JavaScript, können sie ausserdem verschiedene Informationen über Ihr System auslesen und so ein Nutzerprofil erstellen.
Und: Die Dienste passen zwar weiterführende Links automatisch an, damit diese ebenfalls über die Anonymisierungsfunktion laufen, in einigen Fällen klappt dies aber nicht korrekt, sodass teilweise doch Ihre tatsächliche Herkunft verraten wird.
Computerworld empfiehlt: Wenn Sie regelmässig solche Dienste in Anspruch nehmen möchten, empfiehlt sich der Einsatz der neusten Opera-Version. Diese bietet einen VPN-Service im Browser an, ohne zwischengeschaltete Website oder Browser-Extension. Es gibt sogar mehrere Standorte, die simuliert werden. Zudem ist die Handhabung sehr einfach (siehe Screenshot). Für Chrome und Firefox gibt es starke Browser-Extensions wie Hola für Chrome oder FoxyProxy für Firefox.
Hinweis: Dieser Tipp hilft zwar gegen kommerzielles Spionieren, wahrt aber nicht zwangsweise Ihre Anonymität. Anbieter wie Hide my Ass deklarieren sogar ausdrücklich, dass sie z.B. mit Sicherheitsbehörden kooperieren.
So setzen Sie Hola ein
Nach der Installation ist die Handhabung einfach. Oben rechts wird das Hola-Icon (ein oranges Smiley) eingeblendet. Klicken Sie darauf und wählen Sie das Herkunftsland, das der Dienst simulieren soll. Danach kann losgesurft werden. Es werden zwar quasi alle Länder der Erde angeboten, jedoch funktionieren nicht alle gleich gut. Tipp: Surfen Sie auf Seiten international verfügbarer Webdienste wie etwa Netflix. Preist die Startseite den Content in der Landessprache des ausgewählten Landes an und surft der Browser die länderspezifische URL an, hat es funktioniert.
So setzen Sie FoxyProxy ein
Nach der Installation wird eine neue Schaltfläche eingeblendet. Klicken Sie in Chrome auf den FoxyProxy-Knopf. Hier können Sie den Proxy aktivieren oder deaktivieren. Wählen Sie zum Aktivieren die Option «Use proxy Default for all URLs» respektive «verwende proxy Default für alle URLs».
Per Klick auf Neuer Proxy geht es weiter. Anschliessend werden Sie gefragt, ob der Proxy aktiviert werden soll, was Sie bestätigen. Eventuell müssen Sie noch bestätigen, dass der «proxy Default» auf die manuelle Konfiguration umgestellt werden muss.
Bei einer schnellen Websuche ergeben sich Hunderte kostenloser Proxy-IPs, die sofort einsatzbereit sind. Auf solchen Seiten finden Sie auch die Port-Nummer und das zugehörige Land. Speichern Sie sich die Adresse in der Zwischenablage und notieren Sie sich die Port-Nummer. Wählen Sie dann «Neue Proxy hinzufügen» und fügen die IP-Adresse und Port-Namen in den Eingabefeldern hinzu.
Testen Sie die Einstellung: Können Sie Webseiten aufrufen, funktioniert der Proxy, ansonsten deaktivieren Sie FoxyProxy und testen einen anderen Proxy-Server.
Tipps und Warnungen: Alle Informationen, die Sie über einen Proxy senden, können vom Besitzer des Proxys theoretisch gesehen werden. Wenn Sie keine zuverlässigen Proxys finden, kaufen Sie besser gleich einen Dienst wie ProtonVPN, der zuverlässig mit Ihrer Bandbreite funktioniert.
Der Tor-Browser
Noch sicherer als die erwähnten Anonymisierungsdienste und Proxy-Umleitungen sind Programme, die auf das TorProject setzen. Bei dieser Anonymisierungstechnik läuft die Verbindung nicht nur über einen einzigen Proxy-Server, sondern gleich über mehrere. Es gibt diverse Programme, die dieses Netzwerk nutzen. Zu den komfortabelsten gehört das Tor Browser Bundle.
Die Download-Datei muss nicht installiert werden, sondern lässt sich per Doppelklick direkt ausführen. Dadurch kann sie auch auf einem USB-Stick genutzt werden. Das Tor Browser Bundle umfasst eine modifizierte Firefox-Version, sodass Sie keinen installierten Browser verwenden müssen. Surfspuren werden keine abgelegt.
Sehr gut: Nicht nur die Verbindung über das Tor-Netzwerk hilft bei der Anonymisierung. Der Browser ist so optimiert, dass Webseiten viele Informationen wie installierte Plug-Ins oder Schriftarten gar nicht auslesen können. So lässt sich Ihr PC anhand dieser Daten nicht mehr identifizieren. Die Nutzung des Tor Browser Bundles ist komplett kostenlos.
Einziger Wermutstropfen: Die Verbindung ist durch die Umleitungen über mehrere Proxy-Server häufig etwas langsam.
E-Mails sicher versenden
E-Mails hin und her zu senden ist zumeist genauso sicher wie die Briefchen, die man sich unter der Schulbank hindurch zukommen liess. Zwischen Sender und Empfänger kann jede Zwischenstation mal einen Blick reinwerfen. Zumindest bei gängigen E-Mail-Providern, die keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung anbieten wie zum Beispiel der Schweizer Anbieter ProtonMail.
Wer – nachvollziehbarerweise – seine bisherige E-Mail-Adresse behalten möchte, verschlüsselt seine elektronische Post mit einem Verschlüsselungsprogramm wie Pretty Easy Privacy oder Pretty Good Privacy. Dies ist allerdings keine einfache Angelegenheit.
Nie vollkommen anonym
Mit den erwähnten Diensten lässt sich zwar verhindern, dass Webseitenbetreiber Sie identifizieren und Statistiken anlegen oder Benutzer am selben Computer wissen, welche Webseiten Sie besucht haben. Eine vollkommene Anonymität bieten diese Dienste jedoch nicht. Mit speziellen Mitteln und mithilfe des Internetproviders können einzelne Anwender dennoch zurückverfolgt werden. Dieser grosse Aufwand lohnt sich für Behörden jedoch nur, wenn die Anonymisierungsdienste zum Beispiel für illegale Zwecke missbraucht werden.