SharePoint
23.06.2010, 06:00 Uhr
Neues für Business und Entwickler
Mit SharePoint Foundation 2010 erweitert Microsoft die kostenlose Plattform deutlich - entsprechend viele Neuerungen gibt es für Entwickler.
Urs Bertschy ist Inhaber der auf Web- und Share-Point-Beratung sowie Entwicklung spezialisierten Bertschy Informatik in Zug
Bislang waren die Windows SharePoint Services ein stark abgespeckter SharePoint Server. Dies ändert sich mit SharePoint Foundation 2010 nicht: Die Plattform bleibt ein kostenloses Add-On für Windows Server. Immerhin bekommt sie einige Funktionen, die zuvor dem kommerziellen SharePoint Server vorbehalten waren.
Eine wichtige Neuerung in SharePoint Foundation sind die «Business Connectivity Services» (BCS), über die sich Daten von externen Systemen wie CRM, Datenbank-Server oder ERP einbinden lassen. Den Vorgänger BDC (Business Data Catalog) gab es nur beim Server. Zudem können Daten via BCS nun in die angedockten Datenquellen zurückgeschrieben und sogar im Offline-Betrieb genutzt werden. Angebundene Daten (External Lists) verhalten sich damit weitgehend wie native SharePoint-Listen, sodass Benutzer kaum mehr merken, ob die Daten intern oder extern gespeichert sind.
Mehr Flexibilität für Entwickler
Mit dem «Application Service Model» besitzt SharePoint Foundation eine weitere Funktion, für die früher SharePoint Server erforderlich war. Dabei handelt es sich um ein neu konzipiertes Servicemodell, über das Webanwendungen innerhalb einer SharePoint-Farm und teilweise sogar Farm-übergreifend mit Diensten wie Suche, Usage Tracking oder die BCS versorgt werden können. Anders als beim Vorgänger, dem «Shared Service Provider», können die Applicationservi-ces den Webanwendungen einzeln zugewiesen werden. Damit lassen sich Dienste je nach Last auch auf unterschiedliche Anwendungs-Server aufteilen, was zu mehr Flexibilität und höherer Skalierbarkeit führt. Auch für den Entwickler ist das neue Servicemodell interessant. So kann er mithilfe des «Service Application Framework» eigene Anwendungen programmieren, die sich in die Serviceinfrastruktur einklinken lassen.
Microsoft selbst nutzt das Servicemodell bereits konsequent - beim SharePoint Server 2010. Die Vollversion kommt mit mehr als 30 Diensten, darunter «Office Web Apps», «Visio Services» oder «Managed Metadata Service».
Daneben gibt SharePoint Foundation dem Entwickler eine ganze Reihe von neuen Ansatzpunkten an die Hand, um die Benutzeroberfläche nach seinem Gusto oder den Corporate-Vorgaben zu erweitern. Die aus Office 2007 bekannte Multifunktionsleiste, die auch in SharePoint selbst an vielen Stellen zum Einsatz kommt, lässt sich über das «Feature Framework» mit eigenen Schaltflächen und Funktionen ausbauen. Direkt unterhalb der Multifunktionsleiste gibt es eine einheitliche Statuszeile, die der Entwickler für Hinweise, Fehlermeldungen oder Warnungen an den Anwender nutzen kann.
Eine weitere interessante Neuerung ist das «Dialog Framework», mit dem sich Interaktionen mit dem Endbenutzer in Form von Ajax-gestützten Pop-up-Fenstern abwickeln lassen. Die SharePoint-Listen-ansichten basieren neu auf XSLT (Extensible Stylesheet Language Transformations) statt auf CAML (Collaboration Markup Language) und sind damit einfacher anzupassen.
Sandkastenspiele
Mit den «Sandboxed Solutions» führt Microsoft ein neues Deployment-Modell ein. Die Technik erlaubt es SharePoint-Entwicklern, eigenen Code mit einem höheren Isolationsgrad und Limitierungsmöglichkeiten beim Zugriff auf Funktionen und Ressourcen (CPU-Rechenzeiten, Speichernutzung, SQL-Abfragen etc.) auszuführen. Bislang mussten SharePoint-Solutions immer auf der Ebene einer ganzen Farm installiert und ausgeführt werden. Dies hatte einerseits den Nachteil, dass sich schlechter Programmcode auf die Stabilität der gesamten Farm auswirken konnte. Andererseits lag es jeweils in der Verantwortung des Farm-Administrators, Erweiterungen zu testen und zu installieren. Durch das Sandboxing können Administratoren diese Verantwortung delegieren, zum Beispiel an den Administrator einer einzelnen Site-Collection, ohne dabei die Stabilität und Performance des Gesamtsystems zu gefährden.
Sandboxed Solutions sind letztlich normale SharePoint-Solutions, die aber nur auf der Ebene einer Site-Collection bereitgestellt werden können. Zudem lässt sich lediglich ein Teil des Site-Collection-Objektmodells nutzen. Ausserdem kann der Datenzugriff auf ausschliesslich diejenigen Inhalte beschränkt werden, die innerhalb der Site-Collection zur Verfügung stehen.
Das Sandboxing ist nicht nur in firmeninternen SharePoint-Farmen, sondern vor allem auch in gehosteten und Cloud-Computing-Umgebungen sinnvoll. Die «Sandboxed Solutions» sind daher auch ein wichtiges Schlüsselkonzept beim kommenden Release von Microsofts SharePoint Online. Dank Sandboxing wird sich dieses im Gegensatz zum heutigen Cloud-Angebot von SharePoint mit selbst programmierten Lösungen erweitern lassen.
Logiken und Workflows
Die SharePoint-Listen verfügen in Version 2010 über verbesserte Funktionen, um relationale Abhängig-keiten zwischen Listen effektiver durchsetzen zu können. So kann zum Beispiel das Löschen von Datensätzen verhindert werden, wenn sich in einer verknüpften Liste abhängige Einträge befinden. Alternativ beherrscht SharePoint das «Cascading Delete», bei dem das Löschen eines einzelnen Listeneintrags zwangsläufig alle abhängigen Items in verknüpften Listen auslöst.
Neuerungen gibt es auch beim «Event»-Modell, bei dem in SharePoint 2010 auf das Hinzufügen und Löschen von Listen sowie das Erzeugen von Sites reagiert werden kann. Zudem lassen sich «Event Handler» jetzt auch auf der Site-Collection-Ebene registrieren und Workflows einer Site statt bloss einer Liste zuweisen. Das ermöglicht die Umsetzung von generischen Workflow-Funktionalitäten ohne Umwege über Dummy-Listen. Zudem hat Microsoft die SharePoint Foundation mit dem Sync-Framework ausgestattet, über das der Entwickler seine eigenen Anwendungen einfacher mit SharePoint-Inhalten abgleichen kann.
Fazit: viel Neues fürs Business
Microsoft ergänzt SharePoint Foundation mit zahlreichen sinnvollen Erweiterungen. Spannende Neuerungen sind die «Business Connectivity Services» zum Einbinden von Geschäftsdaten, das neue «Application Service Modell» für skalierbare Dienste wie die Suche und die Testumgebung «Sandboxed Solutions». Alles in allem wächst SharePoint zu einer immer mächtigeren Entwicklungsplattform für Webanwendungen heran, mit der sich im Vergleich zu traditionelleren Webtechnologien und Frameworks wie ASP.NET eine Menge Zeit sparen lässt.
Urs Bertschy