10.05.2017, 22:30 Uhr

Microsoft setzt auf IoT ? ohne Windows

An der Entwickler-Konferenz «Build» hat Microsoft dutzende neue Lösungen für das Interent der Dinge – IoT – lanciert. Windows spielte dabei nur eine Nebenrolle.
Microsofts Betriebssystem Windows 10 wird aktuell auf einer halben Milliarde Computern eingesetzt. Diese grosse installierte Basis macht das System attraktiv für Software-Entwickler auf der ganzen Welt. So sieht es zumindest Microsoft-CEO Satya Nadella. Er präsentierte die Zahl zur Eröffnung der Entwickler-Konferenz «Build» am Dienstag in Seattle. Er verschwieg, dass er in der Keynote vor zwei Jahren das Ziel ausgegeben hatte, bis 2018 mindestens eine Milliarde Rechner mit Windows 10 zählen zu wollen. Dieses Ziel dürfte kaum zu erreichen sein.
Grosse Hoffnung setzen Nadella und Microsoft heute auf das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT). Der Software-Konzern will jedoch nicht Windows 10 auf Autos, Kühlschränken und Wetterfühlern installieren, sondern Analytik- und Computing-Technologie. Die Anwendungen sollen nicht neu entwickelt werden müssen, sondern können aus dem Cloud-Dienst Azure heruntergeladen werden. Die Lösung «Azure IoT Edge» verpackt Azure-Applikationen in Docker-Container, so dass sie unabhängig von der Internetverbindung Daten sammeln und verarbeiten können. Der Vorteil sind kürzere Reaktionszeiten bei zum Beispiel einem Defekt, da Azure IoT Edge nicht zuerst mit der Cloud «Rücksprache» halten muss, ob ein Messwert tatsächlich ausserhalb des normalen Betriebsbereichs ist. Laut Nadella sind die Anwendungen insbesondere in der industriellen Fertigung vielfältig, etwa für die prädiktive Wartung.

Künstliche Intelligenz aus der Cloud

Durch die Kombination der Servertechnologie von Microsoft Graph mit diversen Azure-Services können Unternehmen die physikalische Welt «durchsuchbar» machen. In der Eröffnungspräsentation zeigte Microsoft eine Anwendung zur Arbeitssicherheit: Auf einer Baustelle erkennen Azure-Technologien auf den Videobildern der Überwachungskameras potenzielle Gefahren wie etwa eine heissgelaufene Kettensäge oder ein Leck im Ölfass. Personen in der Nähe der Gefahrenstelle werden ebenfalls identifiziert und können per Chat-Nachricht alarmiert werden. Dabei kommen Objekt- und Personenerkennung von Azure zum Einsatz. Sie lässt sich auch mit automatisierten Prozessen verknüpfen, um bei unbefugter Nutzung von Maschinen gleich den Strom abzustellen. Die Objekt- und Personenerkennung sind als Services schon länger für Azure-Kunden nutzbar. Demnächst neu hinzu kommen soll ein Video Indexer für das Analysieren von Filmmaterial und der Experimentalkanal «Cognitive Services Lab». Hier will Microsoft den Kunden einen Zugang zu Services geben, der noch in der Entwicklung ist, zum Beispiel einer Handgestenerkennung. Weiterhin nutzen auch zwölf neue Chatbot-Kanäle für unter anderem die Suchmaschine Bing, den Facebook Messenger und die Kommunikationslösung Skype für Business die künstliche Intelligenz in der Azure-Cloud. Das kommende Translator-Add-in für PowerPoint soll mithilfe von Azure Text in 60 Sprachen und das gesprochene Wort des Vortragenden in 9 Sprachen hin und zurück übersetzen können – in Echtzeit. Nächste Seite: global skalierbare Datenbank Ebenfalls seit einigen Tagen ist der SQL Server 2017 auf dem Markt. Die neuen Funktionen des Datenbankservers will Microsoft auch in der Azure SQL Database abgebildet. So soll die Migration von Inhalten in die Cloud erleichtert werden. Neu hat Microsoft eine Preview von Migrationsdienste für Datenbanken von Oracle lanciert.  Neu entwickelt hat die Azure Cosmos DB, eine über alle Azure-Regionen hinweg skalierbare Datenbank. Sie unterstützt jede Art von Daten, einschliesslich Graphen. Microsoft-Managerin Rimma Nehme bewarb Azure Cosmos DB mit dem Versprechen von hohem Datendurchsatz, einer garantierten Verfügbarkeit, konfigurierbarer Konsistenz und unter 10 Millisekunden Latenz für über 99 Prozent der Anfragen. Sie äusserte die Hoffnung, dass Unternehmen selbst Anwendungen für Azure Cosmos DB programmieren, die die Leistung voll ausschöpfen.
Microsofts Cloud-Chef Scott Guthrie kündigte an der «Build» ausserdem zwei neue Tools für Administratoren an: das Kommandozeilen-Werkzeug Azure Cloud Shell und die App Azure Mobile Portal. Letztere Smartphone-Anwendung für Android und iOS bereitgestellt werden – und nicht für Windows Phone. Der Misserfolg bei den Telefonen dürften ein Grund sein, warum Microsoft das Ziel der Milliarden Windows-Installationen voraussichtlich klar verfehlt.



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