«Autonome Datenbanken sind so weit wie autonome Autos»
Die ideale Datenbank
Computerworld: Wie würden Sie die ideale Datenbank definieren?
Mendelsohn: Mit der autonomen Datenbank kommen wir der idealen Datenbank schon sehr nahe. Einerseits befreien wir die IT von den lästigen Arbeiten bei der Pflege und der Wartung der Software. Andererseits geben wir den Analysten und Datenwissenschaftlern eine einfach managebare Plattform, auf der sie ohne viel Programmieraufwand diejenigen Applikationen bauen können, die den Fachbereichen im Geschäft helfen.
Computerworld: Im Geschäft mit SAP kündigt sich ein Wandel an: Die Kunden sollen weg von Oracle und hin zu SAP-Datenbanken. Wie sehen Sie die Entwicklung, welche Massnahmen ergreifen Sie allenfalls?
Mendelsohn: Die traditionellen R/3-Applikationen von SAP waren offen für alle Datenbank-Anbieter, darunter Oracle, Microsoft und Open Source. Somit ist Stand heute SAP einer der grössten Wiederverkäufer von Oracle-Datenbanken. Aber natürlich entscheidet alleine SAP, auf welchen Plattformen ihre zukünftige Software laufen soll.
Bis anhin tönte SAPs Ankündigung so, als wenn 2025 der Support für R/3 beendet werden soll. Allerdings bin ich sehr sicher, dass wenn der Stichtag näher rückt, der Support bis 2030 verlängert wird. Und so weiter.
Angesichts dieser Situation sind die Kunden nicht besonders eifrig, die Datenbank-Plattform oder das ERP zu wechseln. Denn die Migration auf die S/4Hana-Lösung ist kein Upgrade, für das der Kunde nur einen Knopf drücken muss. Es ist eine grosse Umstellung mit vielen Hindernissen und Hürden. Und die Migration ist für Oracle eine grosse Chance, selbst im Applikations-Geschäft zu wachsen. Denn wir können gute Alternativen zu SAP bieten, bei denen die Kunden nicht so viel Aufwand haben.
Computerworld: Neu ist auch Oracle ein Hyperscaler. Welche Erfolge konnten Sie bereits erzielen?
Mendelsohn: In den vergangenen zwölf Monaten hat Oracle viel in die Infrastruktur investiert. Wir haben überall auf der Welt eigene Rechenzentren eröffnet, auch beispielsweise in Zürich. An der Hausmesse «OpenWorld» im vergangenen September stellte Larry Ellison in Aussicht, dass wir zum gleichen Zeitpunkt des neuen Jahres an mehr Standorten präsent sein werden als der globale Marktführer Amazon. Dann wird niemand mehr behaupten können, Oracle hätte die Cloud verschlafen.
Ausserdem bieten wir unseren Kunden mit «Cloud at Customer» die Wahl des Standorts der Daten. Mit «Dedicated Regions» können Grosskunden die Vorteile der Public Cloud nutzen, ohne dass ihre Daten eine bestimmte Geografie verlassen.
Computerworld: Was können Kunden in der Oracle Cloud Infrastructure tun, das anderswo nicht möglich ist?
Mendelsohn: Sie haben den Vorteil einer soliden Datenbank. In der Public Cloud geht es weniger um die besten virtuellen Maschinen, den schnellsten Speicher oder das beste Netzwerk. Diese Komponenten sind austauschbar. In einem Monat mag Amazon die schnellsten Server haben, im nächsten Monat ist es Microsoft, im dritten sind es wir. Die einzige Frage lautet hier, wer die Hardware am schnellsten installieren oder austauschen kann. Allerdings haben die Kunden nur bei uns den Zugriff auf eine autonome Datenbank mit industrieweit führenden Analysemöglichkeiten.
Zur Firma
Oracle
wurde im Juni 1977 von Larry Ellison, Bob Miner und Ed Oates als Software Development Laboratories (SDL) im kalifornischen Santa Clara gegründet. Die selbstentwickelte relationalen Datenbank trug den Namen Oracle. Auftraggeber war der US-amerikanische Auslandsgeheimdienst CIA. Zwei Jahre später folgte die Umfirmierung in Relational Software, 1982 gab sich die Firma ihren heutigen Namen. Bereits 1987 erreichte Oracle die Marktführerschaft im Datenbank-Segment mit 4500 Kunden aus 55 Ländern und einem Umsatz von 100 Millionen US-Dollar. 2004 startete der Konzern eine Reihe von grossen Übernahmen: PeopleSoft und Siebel (2005), Hyperion und Bea (2007), Sun (2010) sowie 2014 dann zuletzt Micros Systems. Im gleichen Jahr zog sich Mitgründer Ellison vom CEO-Posten zurück und übergab an Safra Catz sowie den kürzlich verstorbenen Mark Hurd.