Sind IT-Projekte noch zeitgemäss?

Kein Projekt ohne Business

Die aufgeführten Erfolgsfaktoren sind nicht neu und in der einen oder anderen Form auch bereits propagiert. Deshalb stellt sich die provokative Frage: Ist das klassische IT-Projekt überhaupt noch zeitgemäss oder vielmehr ein Auslaufmodell? Agile Strukturen haben sich inzwischen in vielen Unternehmen durchgesetzt. Es sollte eigentlich keine klassischen IT-Projekte mehr geben, da der Nutzen für das Business integraler Bestandteil des Vorhabens sein muss. Denn letztendlich wird jede IT-Lösung für das Business gebaut. Eine Organisation, die ein agiles Betriebsmodell wie SAFe nutzt (vgl. Kasten unten), entwickelt notwendige IT-Services als Teil der agilen Struktur weiter. Damit ist das Projekt de facto der Kern der aus IT und Business bestehenden Betriebs­organisation. Klassische IT-Projekte und die damit verbundenen Schwierigkeiten existieren damit gar nicht mehr.
Bis dieses Zielbild komplett umgesetzt ist, sind hybride Formate gefragt, mit denen die klassische Projektmethodik um agile Elemente erweitert werden kann. Dies sind beispielsweise agile Sprints in der Entwicklung innerhalb eines klassischen Rahmens oder die Nutzung der Lean-Startup-Methode, um beginnend mit einem Minimal Viable Product in kleineren Schritten eine Lösung zu bauen, die nah am Markt entsteht und schrittweise weiterentwickelt wird. Hierzu braucht es Mitarbeitende mit den richtigen Skills, die vorhandene Potenziale erkennen und umsetzen können. Ideal sind Fachkräfte mit T-Shaped- oder Pi-Shaped-Profilen, die Technologie- mit Business-Know-how kombinieren.
SAFe kennt keine Projekte mehr
Die dominante Struktur in agilen Organisationen ist die Ablauforganisation, die sich an den Value Streams ausrichtet, also an den Kunden und den Produkten respektive Dienstleistungen.
Dies steigert die Kundenfokussierung aller Arbeiten innerhalb der Organisation. Für die Strukturierung und Steuerung hat sich in den letzten Jahren in grösseren Organisationen das Framework SAFe etabliert, das eine Skalierung von agilen Teams in sogenannte Agile Release Trains bzw. Solution Trains vorsieht. Die Train-Struktur erlaubt die Skalierung der Agilität und ermöglicht, komplexe Systeme mit vielen verteilten Teams (weiter) zu entwickeln. Die strategische Steuerung erfolgt über ein Lean Portfolio Management. Die Zusammenarbeit verläuft in interdisziplinären Teams mit durchgängiger Verantwortung, vom Markt über die Entwicklung bis zum Betrieb (Biz­DevOps). Innerhalb der Teams und Trains gilt es, den Arbeitsfluss durch kontinuierliche iterative Planung und Umsetzung zu optimieren. Dies wird über Backlogs, Sprints beziehungsweise Iterationen und über regelmässige Lean-Agile-Zeremonien (Planung, Demos, Retrospektiven) erreicht. Für den Erfolg ist konti­nuierliches Lernen und Verbessern zentral. Dazu braucht es eine offene Feedback-Kultur. 50 bis 100 Personen haben sich als gute Grösse für einen Value Stream herauskristallisiert. Wichtig für den Aufbau sind die Ende-zu-Ende-Verantwortung und die transparent nachvollzieh­bare Sicht auf das Kundenerlebnis.
Agilität erfordert neue Steuerungsansätze
Um die Agilität auf Unternehmens­ebene zu skalieren, ist es von entscheidender Bedeutung, neben den Strukturen in den Value Streams auch die strategischen Führungsprozesse sowie -werkzeuge an den Lean- und Agile-Prinzipien auszurichten. Als Schlüssel zum Erfolg haben sich insbesondere die folgenden drei Faktoren herauskristallisiert:
  • Konkretisieren der Unternehmensziele mittels Strategic Themes und OKR (Objectives & Key Results).
  • Lean Budgeting zur Finanzierung von stabilen Teams beziehungsweise  Value Streams anstelle von einzelnen Projekten.
  • Implementierung eines Lean-Portfolio-Managements (LPM), das die Verbindung zwischen der Stra­tegie und deren Umsetzung in den Value Streams steuert.


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