Raubkunst
11.07.2023, 19:55 Uhr
Hacker sprechen Klartext zu Werken der Bührle-Sammlung
Die Bührle-Ausstellung ist von einem Kunstkollektiv namens KKKK gehackt worden. Wer in der Bührle-Sammlung im Zürcher Kunsthaus einige der QR-Codes mit Informationen zum jeweiligen Werk aufruft, liest ungewohnt Kritisches, wie SRF Kultur am Dienstag berichtete.
Kunsthaus-Sprecher Björn Quellenberg bestätigt gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, dass «vier Codes» manipuliert worden sind. Die QR-Codes leiten nicht zur Provenienzforschung der Bührle-Stiftung, sondern auf die Homepage von KKKK. Entdeckt worden ist das am letzten Wochenende.
Etwa ist zu dem Cézanne-Gemälde «Der Knabe mit der roten Weste», dem Aushängeschild der Bührle-Sammlung, zu lesen, der Sammler Emil Georg Bührle sei «ein Nazi-Sympathisant» gewesen, «ein autoritärer Militarist, im günstigsten Fall ein Kriegsgewinnler – wahrscheinlich aber ein Kriegsverbrecher». Seine Sammlung habe er «mit Blutgeld» angehäuft, vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg.
Das ist zwar zugespitzt, aber grundsätzlich nicht neu und von Historikern auch nicht bestritten. Demnach hat Bührle doppelt vom NS-Regime profitiert: Mit Waffenverkäufen machte er ein Vermögen und profitierte von der Notlage, in die jüdische Sammlerinnen und Sammler aufgrund ihre NS-Verfolgung geraten waren.
Fünf Gemälde und ihre Geschichten
Neben dem Cézanne-Gemälde listet das Kollektiv KKKK auf seiner Homepage vier weitere Gemälde und deren Geschichten auf: «Das lesende Mädchen» von Camille Corot, «Madame Camus am Piano» und «Vor dem Start» von Edgar Degas sowie «Mohnblumenfeld bei Vétheuil» von Claude Monet.
KKKK zeigt anhand von Quellen auf, wie die Werke in die Bührle-Sammlung gekommen sind und vergleicht diese Recherchen mit der Kommunikation des Kunsthauses über die bisherigen QR-Codes. Dahinter steckt einmal mehr ein Vorwurf, der dem Kunsthaus bereits verschiedentlich gemacht wurde, wonach es nicht ausreichend über die problematische Vergangenheit des Sammlers Bührle wie der Sammlung informiere.
Hinter dem Kollektiv KKKK stehen laut SRF2 Kultur im Übrigen Künstler und Journalistinnen, etwa Giulia Bernardi und Daniel Riniker. Beide haben für die Wochenzeitung «WOZ» bereits zum Thema heikler Provenienzen geschrieben.
KKKK bedeutet wahlweise «Komitee Kunstraub Konfiskation und Kommunikation», «Komitee Kapital Kollaboration Kriegsgewinn» oder «Komitee Kontextualisierung Kommunikative Katastrophe». Auch das ist auf der Homepage zu lesen. Dort schreibt KKKK weiter, dass die Sammlung Bührle am 5. September «endgültig geschlossen» werde.
Sammlung soll neu präsentiert werden
Quellenberg vom Kunsthaus verweist in diesem Zusammenhang auf die ab November geplante neue Ausstellung unter dem Titel «Eine Zukunft für die Vergangenheit. Sammlung Bührle: Kunst, Kontext, Krieg und Konflikt». Vorgesehen ist, dass im Rahmen dieser Ausstellung die unterschiedlichen wissenschaftlichen, auch kritischen Stimmen zur Sammlung zu Wort kommen.
Auch mit KKKK suche das Kunsthaus den Kontakt, so Quellenberg. «Eventuell» gebe es im Rahmen der Ausstellung «die Möglichkeit, die Positionen dieser Aktivisten neben anderen zu diskutieren».
In der Tat wird die Sammlung Bührle im zweiten Stock des Chipperfield-Baus am 5. September geschlossen. Nach einem Umbau soll sie jedoch am 3. November für die neue Ausstellung wieder geöffnet werden.