08.10.2007, 09:15 Uhr
Die schnelle Drahtlos-Zukunft
Der kommende WLAN-Standard 802.11n ist zwar noch nicht offiziell abgesegnet, doch bereits jetzt ist klar: Er wird der Verbreitung von Drahtlosnetzwerken in Unternehmen Vorschub leisten. Denn er verspricht nicht nur höhere Übertragungsraten und Reich-weiten, sondern auch QoS-Unterstützung (Quality-of-Service).
Mike Lange ist Manager Business Development und Product Marketing bei D-Link.
Derzeit nutzen weltweit erst 20 Prozent aller Unternehmen Drahtlosnetzwerke für ihre Datenkommunikation. Experten sind sich aber einig, dass der künftige WLAN-Standard (Wireless Local Area Network) 802.11n, der voraussichtlich Mitte 2008 offiziell verabschiedet wird, die Drahtlostechnik beflügeln kann. Denn mit Wireless N gehören Probleme wie fehlende Reichweite oder mangelnde Performance bei der Übertragung grösserer Datenmengen der Vergangenheit an. Damit sinkt die Hemmschwelle für die Implementierung eines kabellosen Netzwerkes im professionellen Umfeld markant. Mit dem neuen WLAN-Standard steht somit ein einschneidender Technologiewandel bevor - und zwar nicht nur im Consumer-, sondern vor allem im Geschäftskunden-Umfeld.
Neuer Schwung mit 802.11n
Stehen heute, mit den bisherigen WLAN-Standards 802.11a bis 802.11g+, erst -Datenübertragungsraten von 11 MBit pro Sekunde (802.11b), 54 MBit pro Sekunde (802.11a und 802.11g) und 108 MBit pro Sekunde (802.11g+) zur Verfügung, sollen diese mit 802.11n künftig auf bis zu 300 MBit pro Sekunde anschwellen.
Die grossen Fortschritte werden dabei vor allem durch die «Mimo»-Technologie (Multiple Input, Multiple Output) möglich. Sie erlaubt es, Daten auf bis zu vier Kanälen, so genannten «Spatial Streams», gleichzeitig zu senden, was einen enormen Sprung bei den Datendurchsatzraten bewirkt. Jüngste Tests zeigen, dass Produkte nach dem derzeit aktuellen Draft 2.0 des 802.11n-Standards bereits Netto-Datendurchsätze von bis zu 100 MBit pro Sekunde erreichen.
Zudem erhalten die Anwender mit Wireless N eine wesentlich höhere Reichweite. Sie lässt sich mit 802.11n sowohl im Innen- als auch im Aussenbereich gegenüber herkömmlichen 802.11g-Funknetzen um den Faktor zwei bis fünf nach oben schrauben. Ein gewichtiges Argument für den neuen Standard, der zudem mit einer umfassenden Implementierung von Quality of Service (QoS) punkten kann.
Private Anwender als Erstnutzer
Im privaten Umfeld hat sich die Wireless-N-Technologie längst einen Namen gemacht. Bandbreiten-intensive Applikationen wie Video Streaming, Online Gaming oder das schnelle Übermitteln von Foto- oder Musikdateien stellen dank der höheren Datenübertragungsraten kein Problem mehr dar.
Zudem kann die höhere Bandbreite auf mehrere Nutzer verteilt oder für den Gebrauch mehrerer Sessions eines Anwenders ausgenutzt werden. Zum Erreichen einer optimalen Reichweite und Abdeckung sind die meisten 802.11n-Router mit mehreren Antennen ausgestattet und gewährleisten somit durch die Ausnutzung von Reflektionen einen bestmöglichen Empfang des Funksignals.
Firmen ziehen langsam nach
Derzeit schwappt die Begeisterung aus dem Consumer-Umfeld auf die Firmen über. Immer mehr Unternehmen ziehen bei Wireless N nach. Laut einesReports der Burton Group könnte mit der WLAN-Version 802.11n innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre sogar dem verkabelten Ethernet mächtig Konkurrenz erwachsen. Zwar werden Kabelnetze auch künftig ihre Berechtigung haben - insbesondere für Netzwerke mit grösserem Verkehrsaufkommen. Doch trotz der momentan noch bestehenden Vorbehalte hinsichtlich Sicherheit und Strahlenbelastung wird sich Wireless N zu einer Erfolgsgeschichte ent-wickeln, sind die Burton-Analysten überzeugt. Unternehmen sollten sich daher frühzeitig über einen Einsatz der Draht-los-Technologie Gedanken machen. Vor allem dann, wenn Voice over IP (VoIP) zum Einsatz kommt und das Netzwerk häufigen Veränderungen unterliegt.
Der grösste Vorteil von Funknetzen ist die Mobilität. Über Wireless-Technologien kann man sich von jedem Ort und zu jeder Zeit ins Internet und - via VPN-Verbindung - ins Firmennetzwerk einklinken. Aus der so möglichen, gesteigerten Mobilität der Mitarbeiter erwachsen dem Unternehmen wirtschaftlich lohnende, neue Chancen.
Wireless-LAN kommt daher derzeit vor allem im Logistik-Bereich und in Werkshallen zum Einsatz. Dabei bieten 802.11n-Produkte wichtige Vorteile: Über nur einen Access Point wird eine grössere flächenmässige Abdeckung erreicht - wodurch sich die Kosten für Hardware-Anschaffung, Installation und Administration klar reduzieren.
Zunehmend interessant für den Einsatz in Unternehmen ist überdies die Möglichkeit, Geräte zu lokalisieren. Dazu werden diese mit einem WLAN-Tag versehen und die Access Points so angeordnet, dass eine Triangulation des Signals ermöglicht wird. Mit Hilfe einer entsprechenden Software können Geräte dann schnell und einfach lokalisiert werden.
Sicherheit nach innen
Das Thema Security spielt in drahtlosen Netzwerken eine noch grössere Rolle als in drahtgebundenen Netzwerken. Vor allem der Übergang vom WLAN ins LAN muss zuverlässig abgesichert werden, damit das WLAN nicht zur offenen Hintertür in das Unternehmensnetzwerk wird. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf zwei Aspekten: Dem Schutz des Netzwerkes gegen den unbefugten Zugriff durch externe Dritte und dem zuverlässigen Abhör-Schutz.
Die Verschlüsselung des Übertragungssignals mittels WPA (Wi-Fi Protected Access) und WPA2 ist in modernen 802.11g- und 802.11n-Access-Points eine Selbstverständlichkeit. Darüber hinaus bietet Wireless Switching eine effiziente Lösung zum sicheren Betrieb komplexer WLAN im professionellen Umfeld. Dahinter verbirgt sich die Verlagerung der Managementfunktionalität von den einzelnen Access Points in eine einzige Komponente, den Wireless Switch. Diese zentrale Verwaltung aller WLAN-Komponenten gestattet eine gebündelte Umsetzung von Sicherheitsrichtlinien. Ausserdem übernimmt der Wireless Switch auch noch die gesamte Verwaltung der Funkkanäle und Sendeleistungen für die Access Points, so dass in einer vermaschten WLAN-Umgebung die Funkkanäle automatisch optimal verteilt werden.
Fazit: Wireless N bringt echte Mobilität
Modernen drahtlosen Netzen nach dem künftigen Wireless-N-Standard gehört die Zukunft. Dabei profitieren private Anwender besonders im Hinblick auf Hochgeschwindigkeits-Anwendungen wie der Heimvernetzung von HDTV-Haushalten. Für Unternehmen liegt der grösste Vorteil von Wireless N in der zunehmenden Mobilität der Mitarbeiter, weil ein Wireless-N-Netz eine höhere Reichweite und eine bessere Abdeckung bietet als bisherige Funknetze. Zudem erlauben die erheblich grösseren Datentransferraten auch die Übertragung Bandbreiten-intensiver Unternehmensapplikationen. Insbesondere die Kombination von Wireless N mit Wireless Switching und VoWLAN (Voice over WLAN) erlaubt künftig einen effektiven und nutzbringenden Einsatz von WLAN in Unternehmen.
Rechtsstreit
Bremse für 802.11n?
Derzeit werkelt die zuständige IEEE-Arbeitsgruppe (Institute of Electrical and Electronics Engineers) am Entwurf 3.0 des WLAN-Standards 802.11n. Die endgültige Version, die eigentlich spätestens Ende 2008 vorliegen soll, könnte sich nun allerdings verzögern. Das australische Forschungsinstitut CSIRO (Commonwealth Scientific and Industrial Research Oganization) macht ein US-Patent geltend, das die Nutzung bestimmter WLAN-Techniken abdeckt. Betroffen davon sind essenzielle Bestandteile des Standards wie etwa die Mehrträgertechnik ODFM und die Vorwärtsfehlerkorrektur FEC.
Bislang hat die CSIRO den von der Arbeitsgruppe geforderten Letter of Assurance, der Rechtssicherheit schaffen soll, nicht eingereicht. Nun hat der IEEE-Aufsichtsrat die 802.11n-Arbeitsgruppe vorgewarnt, dass bei weiterer rechtlicher Unklarheit der Standard allenfalls nicht ratifiziert werden und damit den Entwurfstatus nicht verlassen könne. bac
Mike Lange