Neue Business-Chancen durch 5G
Probleme der Umsetzung
Die Entwicklung der 5G-Technik stellt sich als langwierig heraus. Bürokratische Hürden und technische Schwierigkeiten verzögern die Verbreitung. «Die Hersteller tun sich bis jetzt schwer, reine 5G-Standalone-Netze zu liefern. Bisher sind in der Regel Non-Standalone-Netze in Betrieb, die 4G und 5G kombinieren», so Sebastian Solbach von NTT DATA. «5G beruht jedoch auf einer völlig anderen Technik als 4G und hat eine kleinere Reichweite. Um das volle Potenzial des neuen Standards auszunutzen, bräuchte man daher deutlich mehr Antennen.»
Zur Verzögerung trägt auch bei, dass die Spezifikation der Technologie noch nicht abgeschlossen ist. «Um einen ausreichenden Funktionsumfang bereitstellen zu können, wird mindestens noch das kommende Release 16 benötigt. Erschwert wird dies nicht zuletzt durch komplizierte und langwierige Genehmigungsverfahren und teils grosse Bedenken in der Bevölkerung, was sich besonders auf die Standortsuche der Sender negativ auswirkt.» Zudem ist das Angebot an 5G-Endgeräten noch sehr begrenzt. Und neben dem reinen Netzausbau gibt es noch etliche andere Projekte, die die Anbieter auf Trab halten, etwa das Network Slicing.
Red-Hat-Manager Jens Kühner stellt den Kostenfaktor in den Vordergrund. «Alleine die Ersteigerung der Frequenzen hat die vier Anbieter in Deutschland fast 6,6 Milliarden Euro gekostet. Hinzu kommen die erheblichen Kosten für den erforderlichen Ausbau der Infrastruktur. So nutzt die 5G-Technologie höhere Frequenzen als die bisherigen Mobilfunkstandards. Dadurch verkürzt sich auch die Reichweite der Antennen, sodass in einem ersten Schritt massenhaft neue Funkmasten aufgestellt werden müssen.» Auf der anderen Seite sei kaum zu erwarten, dass die Mobilfunknetzbetreiber gegenüber den Kunden deutlich höhere Preise durchsetzen können. «Folglich müssen die Kommunikationsanbieter ihre Betriebskosten reduzieren. Eine Lösung dafür ist die Network Function Virtualization (NFV). Damit lassen sich Netzfunktionen, die bisher fest an Hardware gebunden waren, auf Netzwerk-Cloud-Infrastrukturen ausführen.» Das Einsparpotenzial liege bei geschätzten 40 bis 60 Prozent.
“Campus-Netze bieten Unternehmen erstmals die Möglichkeit, mit relativ geringem Aufwand und überschaubaren Kosten ein eigenes, privates Netzwerk aufzubauen.„
Sebastian Solbach, Head of Industry Telecommunication DACH bei NTT DATA
«Eine andere Möglichkeit wäre die Entwicklung neuer Betreibermodelle, bei denen sich mehrere Unternehmen Infrastrukturen teilen. Wichtig ist dabei, dass die virtuellen Netzfunktionen, die auch in Linux-Containern (Container Network Functions – CNF) zur Verfügung stehen werden, weitestgehend unabhängig von der jeweiligen Implementierungsvariante der darunterliegenden Netzwerk-Cloud-Plattform sind. Red Hat nennt diesen Ansatz Multi-Hybrid-Cloud.» Entscheidend für den Erfolg dieses Modells sei die konsequente Automatisierung der Infrastruktur. Sie umfasse nicht nur den Betrieb, sondern den gesamten Lebenszyklus der virtualisierten oder containerisierten Netzfunktionen und der Cloud-Plattform.
Lukas Baur von Teamviewer sieht ein Problem in der unterschiedlichen Abdeckung von 5G und 4G. «Es geht um die Frage einer hohen Dichte über kleinere Gebiete und die damit verbundenen Anwendungsfälle sowie die Nutzungsmöglichkeiten bei geringer Dichte über grössere Gebiete.» Zum Beispiel brauche es für den Einsatz in der intelligenten Stadt, etwa für smarte Sicherheitstechnik, eine sehr hohe Bandbreite, was für 5G spreche. Die Einführung der Technologie für ortsbezogene Dienste in ländlichen Gegenden sei dagegen wohl schwerer zu begründen.
«Vorhandene Technologien und Systeme werden ausserdem bei ereignisgesteuerten Anwendungsfällen, die vor allem im Bereich Konnektivität/IoT zu finden sind, nicht komplett ausgelastet. Der Bedarf an hohem Datenverbrauch und niedriger Latenz ist noch nicht so gross, um ihn durch die Einführung von 5G zu decken.» Um den Einsatz von 5G wirtschaftlich effizient zu machen, müsse er leicht skalierbar sein. Dazu müssten die Telekommunikations- und Infrastrukturunternehmen umfangreiche Vorarbeiten durchführen. «Jetzt gilt es zu investieren.»
Autor(in)
Andreas
Dumont