Stimmrechtsberater dagegen
11.10.2019, 06:43 Uhr
UPC-Kauf durch Sunrise auf der Kippe
Die geplante Übernahme von UPC durch Sunrise wird zu einer regelrechten Fahrt auf der Berg- und Talbahn. Nachdem eine Ratingfirma sich für den Merger ausgesprochen hatte, ist nun der Stimmrechtsberater ISS dagegen.
Die 6,3 Milliarden Franken schwere Übernahme des Kabelnetzbetreibers UPC durch den Schweizer Telekomkonzern Sunrise steht auf der Kippe. Neben einigen grossen Aktionären hat sich nun auch der einflussreiche Stimmrechtsberater ISS gegen den Deal ausgesprochen.
ISS empfiehlt den Aktionären, die für den Zukauf geplante milliardenschwere Kapitalerhöhung abzulehnen, wie aus einem Reuters am Donnerstag vorliegenden Dokument hervorgeht. Offiziell will ISS seine Empfehlung erst am Freitag veröffentlichen.
Chancen schwinden
Berenberg-Analyst Usman Ghazi sieht die Chancen für die Übernahme damit schwinden. «Bereits vor der ISS-Empfehlung schienen die Nein-Sager in der Überzahl zu sein. Nun scheint eine Zustimmung zu dem Deal noch unwahrscheinlicher», sagte er.
Auch an der Börse gaben die Anleger dem Deal und der damit verbundenen Kapitalerhöhung offenbar weniger gute Chancen - die Sunrise-Aktie legte am Donnerstag knapp 3 Prozent zu. Eine Sunrise-Sprecherin erklärte, der Konzern prüfe die Einzelheiten der ISS-Empfehlung und werde diese zu gegebener Zeit kommentieren.
Entscheidende Generalversammlung
Mit der Übernahme will Sunrise Boden auf den deutlich grösseren Konkurrenten Swisscom gut machen. Ob es dazu kommt, dürfte spätestens am 23. Oktober feststehen: Dann stimmen die Aktionäre auf einer ausserordentlichen Generalversammlung über die bis zu 2,8 Milliarden Franken schwere Kapitalerhöhung zur Finanzierung der Übernahme ab.
Um diese in Angriff zu nehmen, benötigt Sunrise grünes Licht von mindestens der Hälfte der Aktionäre. Das könnte jedoch knapp werden - zumal bei solchen Aktionärstreffen nie alle Eigentümer anwesend sind. Bei der vergangenen Generalversammlung im April waren nur knapp 62 Prozent des Aktienkapitals vertreten gewesen.
Nach einer Erhebung von Reuters waren zuletzt Investoren mit einem Aktienanteil von über 30 Prozent gegen den Deal. Hinzu kommt nun noch die Ablehnung von ISS, der viele Pensionskassen und Anlageeinrichtungen folgen. Die Experten begründeten ihre negative Empfehlung mit dem Kaufpreis, der aus ihrer Sicht zu hoch ist. Zudem meldeten sie Zweifel an am langfristigen strategischen Wert von UPC.
Der aktivistische Investor AOC, der weniger als drei Prozent der Sunrise-Aktien hält, begrüsste diesen Entscheid. Damit steige die Wahrscheinlichkeit, dass der Deal nicht zustande kommt, sagte ein AOC-Sprecher. Doch Sunrise will einem Insider zufolge nicht klein beigeben. In Gesprächen mit Investoren wolle das Management die Argumente von ISS widerlegen, sagte er.
Verkäufer am Zug?
Berenberg-Analyst Ghazi sieht nun den UPC-Verkäufer Liberty Global am Zug, den Deal zu retten. «Für gewöhnlich ist es nicht Libertys Stil, ihre Verhandlungsposition aufzugeben, aber ich kann mich nicht erinnern, dass sie schon einmal in einer solchen Zwickmühle waren», sagte er. Auch viele andere Investoren hatten den aus ihrer Sicht hohen Kaufpreis kritisiert. Eine mit der Situation vertraute Person schätzte die Wahrscheinlichkeit für Nachverhandlungen allerdings als gering ein. Liberty war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.