IT-Investitionen nach Branchen
03.05.2018, 06:17 Uhr
Technologie für die smarte Schweiz
Die Digitalisierung hat mittlerweile alle Branchen der Wirtschaft erfasst. Für moderne Technologie geben Schweizer Unternehmen in diesem Jahr erstmals mehr als 20 Milliarden Franken aus.
Mehr als 20 Milliarden Franken fliessen heuer in IT-Projekte. Wir zeigen, was die Schweizer Branchen mit dem Geld machen.
(Quelle: Cosmix / Pixabay)
Die Investitionen in Informations- und Kommunikationstechnologie in der Schweiz übertreffen im laufenden Jahr erstmals die Marke von 20 Milliarden Franken. Das sagen die Marktforscher von IDC voraus. Während sich das Wachstum im nächsten Jahr noch einmal leicht abschwächen soll (2,3 %), erwarten die Analysten für den Beginn des nächsten Jahrzehnts ein kräftigeres Plus (2,7 %). Für 2021 werden dann IT-Investitionen in Höhe von über 23 Milliarden Franken prognostiziert, wie die Grafik auf Seite 11 aufzeigt.
Das Wachstum der Informatik-Investitionen in den nächsten Jahren zieht sich durch alle Branchen. Das meiste Geld nimmt die Industrie für Computertechnologie in die Hand, gefolgt vom Finanzdienstleistungssektor. Diese beiden Sparten allein zeichnen für mehr als die Hälfte der IT-Ausgaben verantwortlich.
Mit Investitionen knapp unter 2 Milliarden Franken pro Jahr zählen die IT-Branche, der Dienstleistungssektor und der Handel ebenfalls zu den grossen Investoren in Informatik. Mit Abstand folgen die öffentlichen Verwaltungen und der Bildungssektor. Die Betriebe aus dem Transport- und Verkehrswesen, der Gesundheitssparte sowie dem Energiesektor bleiben jeweils unter der Schwelle von 1 Milliarde Franken pro Jahr für IT. Mit Informatikausgaben von weniger als 500 Millionen Franken müssen alle IT-Verantwortlichen in Betrieben des Baugewerbes und der Landwirtschaft auskommen.
Das smarte Zuhause
Viele der Unternehmen im Bausektor investieren zwar in Computertechnologie, sie ist aber heute keine klassische IT mehr. Zum Beispiel wurde das Zürcher Stadtquartier Greencity von Beginn an mit smarter Technologie ausgerüstet. Dafür hat der Bauherr Losinger Marazzi mit dem Basler Lieferanten Allthings zusammengearbeitet. Die rund 3000 Mieter können nun den Energieverbrauch mit einer Smartphone-App kontrollieren und teilweise auch die Wohnungseinrichtung steuern. Credit Suisse Asset Management setzt für seine 217 Liegenschaften in der ganzen Schweiz ebenfalls auf Allthings. In der App buchen die Mieter eine Wohnungsreinigung, einen Wäscheservice oder eine Ferienbetreuung. Ausserdem haben die rund 3500 Nutzer der App einen direkten Draht zur Bewirtschaftung und Zugang zu Informationen über die Wohnung. Hinter vielen der Smart-Home-Anwendungen steht natürlich Computertechnik, die Investitionssummen sind aber gering.
Einen Prototyp einer Anwendung für virtuelle Wohnungsbesichtigungen hat das Zürcher Ingenieurshaus Zühlke entwickelt. Gemeinsam mit dem Berner Büro Gauer Itten Messerli Architekten wurden anhand von CAD-Plänen Wohnungsmodelle generiert. Die Möglichkeit einer virtuellen Begehung von Immobilien soll das Kaufinteresse fördern. Bei der Anwendung handelt es sich indes erst um ein Konzept ohne konkreten Business Case beim Architekturbüro.
Mehr als Energie
Einige Schweizer Energieversorger wollen mit der Informatik ein Zusatzgeschäft aufbauen. Dafür setzen einige Anbieter auf Glasfaser wie z. B. die St. Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke (SAK) gemeinsam mit dem Provider iWay. Das Stromunternehmen Energie des Kantons Thurgau (EKT) baut seit Herbst 2017 am ersten Rechenzentrum im Kanton. Dafür werden in Frauenfeld rund 10 Millionen Franken investiert. Ab Sommer will EKT sein Portfolio um Housing- und Colocation-Dienstleistungen ergänzen.
Eine ganze Palette neuer Dienstleistungen auf der Basis von Computertechnologie haben die Industriellen Werke Basel (IWB) lanciert: Zusammen mit Informatec und Trivadis wurde eine Monitoring-Plattform für die firmeneigenen Kraftwerke entwickelt. Sie wird auf der IoT-Suite von Microsoft Azure betrieben. Unter Einbezug von Wetterprognosen kann IWB Unterhaltsarbeiten im Voraus planen. «Wir optimieren Betrieb und Unterhalt unserer Kraftwerke – datenbasiert und vorausschauend. So können wir auch teure Ausfälle verhindern», sagt Giuseppe Madia, Leiter Beschaffungsportfolio von IWB. Er und seine Kollegen kooperieren für eine weitere IT-Plattform mit fünf Schweizer Stadtwerken: Die Energieversorger in Aarau, Basel, Bern, Genf, Lausanne und St. Gallen setzen für das Energiemanagement auf Blockchain. Sie entwickeln Anwendungen auf der Basis von Smart Contracts. So soll sich die zeitgleiche Produktion und Nutzung von Strom aus einer Energiequelle abbilden lassen. Die Unternehmen versprechen sich vom Projekt erheblich tiefere Transaktionskosten und die Möglichkeit, mehr Marktteilnehmer einbinden zu können.
Digitales Patientendossier
Seit fast einem Jahr ist das Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier in Kraft. In diesem Zeitraum haben diverse Kantone, Leistungserbringer und Organisationen ihre IT-Systeme aufgerüstet. Der Pionierkanton Genf verlängerte die Partnerschaft mit der Post. Neu ebenfalls auf das bewährte System setzen 60 Spitäler sowie Leistungserbringer in den Kantonen Glarus und Graubünden, die Stammgemeinschaft eHealth Aargau und das Spital Thurgau. Der Kanton Bern schloss sich der Betriebsgesellschaft Axsana an, die für den Kanton Zürich sowie die Zürcher Leistungserbringer eine eigene Plattform für das elektronische Patientendossier aufbaut. Allein Bern kalkuliert mit Kosten von 1,8 Millionen Franken.
Abseits der Patientendossiers modernisieren die Spitäler ihre IT. In einer bemerkenswerten Kooperation testet die Klinik Barmelweid ein Wearable von Huawei. Der Sensor «Huawei fit» wird am Handgelenk getragen und misst die Schlafstadien. Die Ärzte sollen im Auftrag des Herstellers prüfen, mit welcher Genauigkeit das Gerät arbeitet. Ziel ist, mit dem Wearable künftig auch die Schlafqualität messen zu können.
Ein weiteres Leuchtturmprojekt im Schweizer Gesundheitswesen läuft am Kinderspital Zürich. Das Spital betreibt eines der führenden Kinder-Herzzentren Europas. Für die Auswertung des medizinischen Datenmaterials haben die IT-Abteilung, die Fachbereiche Herzchirurgie und Kardiologie sowie der Dienstleister IT-Logix eine neue Plattform gebaut. Das neue Data Warehouse auf Basis von Microsoft-Software gibt den Ärzten die Möglichkeit, datenbasiert zu arbeiten und Therapien gemeinsam mit den internationalen Kollegen weiterzuentwickeln. «Moderne Technologie und der schnelle Zugriff auf medizinisches Datenmaterial sind wichtige Voraussetzungen, um die Kinder optimal zu behandeln», sagt Professor Michael Hübler, Chefarzt Herzchirurgie am Kinderspital Zürich.
Roboter im Verkehr
Auf Schweizer Strassen verkehrte vor einem Jahr ein autonomes Fahrzeug. Mittlerweile sind es Dutzende. Dem Pilotprojekt von PostAuto in Sion schlossen sich in den vergangenen zwölf Monaten Versuche der Verkehrsbetriebe Schaffhausen, Zürich und Zug an. Seit Ende März ist in Neuhausen am Rheinfall der selbstfahrende Bus «Trapizio» in den Linienverkehr eingebunden. Das baugleiche Shuttle «Self-e» testeten die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) auf einem betriebseigenen Areal in Altstetten. Über eine Integration in den regulären Linienbetrieb ist noch nicht entschieden. Das gilt auch für «MyShuttle», das seit März zwischen dem Bahnhof Zug und dem Technologiecluster Zug in der Industriestrasse verkehrt. Es befindet sich im Testbetrieb, erklären die Projektteilnehmer Stadt Zug, SBB, Mobility und Zugerland Verkehrsbetriebe.
Die SBB waren im vergangenen Jahr ausserdem in ein Pilotprojekt mit einem Automatenroboter beteiligt. Das Vehikel «Mario» verkehrte im September in der Bahnhofshalle, der Halle Löwenstrasse und in der Passage Löwenstrasse in Zürich. Die Passanten konnten bei «Mario» Produkte kaufen, ihm Fragen stellen oder mit ihm spielen. Der Roboter war Teil des Vorhabens der SBB, bis 2019 ihre Bahnhöfe zu digitalisieren. Jenseits dieses Projekts nahm das Unternehmen Geld in die Hand unter anderem für eine neue Website, die Mobile-App, neue Smartphones für das Zugpersonal, eine Auswertungs-Software für Überwachungskameras und die Erneuerung der Druckerflotte durch Ricoh.
Beim Mobile-Ticketing im ÖV mussten die SBB der Bahngesellschaft BLS (Bern-Lötschberg-Simplon) den Vortritt lassen. Das Unternehmen lancierte Anfang Jahr die Ticket-App «Lezzgo» schweizweit. Die App zeichnet eine Reise automatisch auf. Nach der Tour wird dem Fahrgast der günstigste Preis verrechnet. Neben der BLS bietet neu auch die VBZ die App an. Die Schweiz ist dank der Lösung das erste Land, das ein nationales automatisches Ticketsystem besitzt.
Informatik für die Bildung
Die Schweiz ist ein weltweit führender Forschungsstandort. Die hiesigen Hochschulen rangieren in den globalen Vergleichen regelmässig auf vorderen Plätzen. Damit das so bleibt, investieren die Institutionen Millionen in moderne Technologie. Das CERN, die beiden ETHs und das Paul Scherrer Institut PSI in Villigen haben im abgelaufenen Jahr viel Hardware eingekauft. Dem Genfer Kernforschungszentrum haben die Anbieter E4 und Quanta Cloud Technology insgesamt 3400 Computersysteme und 10 Petabyte Speicher geliefert. Für die Aufrüstung des Hochleistungsrechenzentrum der ETH Zürich und das Neuroinformatikprojekt Blue Brain der EPFL fliessen Millionen an Bundesmitteln in die Informatik. Das PSI rüstete seine Forschungsanlagen mit neuen Speichersystemen auf: Für über 650 000 Franken lieferte ABC Systems einen Petabyte-Storage-Cluster.
Weltweit ausserdem führend ist das Schweizer Bildungssystem. Der reformierte «Lehrplan 21» befindet sich in der Einführung. Mit ihm wird die Ausbildung in Medien und Informatik gestärkt. Dafür rüsten auch die Schulen ihre IT auf. Bei der WLAN-Infrastruktur für die kantonalen Gymnasien und Berufsfachschulen in Luzern konnte unverhofft gespart werden: Der Kredit von 4,7 Millionen Franken musste nicht ausgeschöpft werden. Denn die Access Points, Router und anderen Netzwerkkomponenten liessen sich für 1 Million Franken weniger beschaffen, erklärte der Kantonsrat. In den Kantonen Bern, St. Gallen, Thun und Zürich steht die Beschaffung der Schulinformatik noch an.
Website statt Behördengang
Keineswegs weltspitze ist das Schweizer E-Government. Die Ämter von Bund, Kantonen und Gemeinden haben allerdings die Chancen der Digitalisierung ihrer Geschäfte realisiert. Neu investieren sie grossflächig in IT – teilweise sogar in Zukunftstechnologie. Allen voran die Stadt Zug: Seit Sommer 2016 akzeptiert die Verwaltung die Kryptowährung Bitcoin als Zahlungsmittel für Behördendienstleistungen. Seit dem vergangenen Jahr können die Einwohner einen elektronischen Identitätsnachweis beantragen, der auf einer Blockchain hinterlegt wird. Und die Blockchain-Technologie findet weitere Unterstützer: So akzeptiert seit November 2017 das Zuger Handelsregisteramt Kryptowährungen, genau wie das Steueramt der Stadt Chiasso.
Ein anderes Zukunftsprojekt ist SwissID, das allerdings bis anhin noch keinen Rückhalt der Behörden besitzt. Die Lösung unter anderem von Credit Suisse, Mobiliar, Post, SBB, Swisscom und UBS wurde im Herbst letzten Jahres zwar vorgestellt, aber nur auf der Post-Website eingeführt. Für die breitere Akzeptanz fehlt die gesetzliche Grundlage. Das hat das Amt für Informatik und Organisation des Kantons Bern aber nicht davon abgehalten, der Trägerfirma SwissSign einen Millionenauftrag für digitale Signaturen und eine elektronische ID zu erteilen.
Grosse Bedenken hegen die Bürger bezüglich der Sicherheit von E-Voting-Lösungen. Mit Tests wollen die Betreiber demonstrieren, dass die Zweifel grundlos sind. Am Urnengang im September vergangenen Jahres konnten Stimmbürger der Kantone Aargau, Basel-Stadt, Bern, Freiburg, Genf, Luzern, Neuenburg und St. Gallen elektronisch teilnehmen. Für das System in Bern erhielt Bedag einen Auftrag in Höhe von insgesamt 1,8 Millionen Franken.
Mit viel grösseren Beträgen handelt naturgemäss die Bundesinformatik. Dort war von 393 Millionen Franken für die Digitalisierung des Zollbereichs zu hören. Mit der «QuickZoll»-App für Smartphones lancierten die Behörden jüngst ein Resultat ihrer Bemühungen. Seit April können Reisende Waren nun selbstständig, ortsunabhängig und vollelektronisch verzollen.
Das Grossprojekt «Fiscal-IT» mit einem Volumen von letztlich über 110 Millionen Franken ist auf die Zielgrade eingebogen. Das neue System «Difas» ersetzt mehrere, teils 30-jährige Altsysteme. Die Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV bezeichnet die Aufschaltung der neuen Anwendungen als grössten Schritt zur Gesamterneuerung ihrer Informatik.
Am Ziel ist das Bundesamt für Informatik BIT mit dem Grossprojekt «UCC». Die Einführung erfolgte zwischen 2014 und 2017 in rund 120 Migrationsprojekten bei über 43 000 Arbeitsplätzen. Ende vergangenen Jahres konnte das Programm nun innerhalb des Budgets und bis auf eine Verzögerung im VBS von einem Jahr auch termingetreu abgeschlossen werden.
Digitaler Handel kostet Jobs
Angesichts von Millioneninvestitionen des Schweizer Handels in digitale Plattformen könnte man meinen, das Geschäft brummt. Redesign bei microspot.ch, brack.ch lanciert neuen Online-Shop, Siroop lanciert eigenes Shop-System – das waren zuletzt die Schlagzeilen. Zu ihnen gesellte sich die Nachricht: Ex Libris muss Filialgeschäft restrukturieren. Was zuerst nach einem moderaten Umbau tönt, entpuppte sich als massiver Stellenabbau: 114 Mitarbeiter verloren ihren Arbeitsplatz. Immerhin: 215 Jobs konnten gerettet werden. Zur Begründung hiess es, dass auch Ex Libris den Preiszerfall durch die Frankenstärke und den aggressiven Preiskampf der internationalen Online-Konkurrenz spürt.
Den Wettbewerb unter den Autohändlern gehörig aufmischen könnte das Blockchain-basierte «Car Dossier», das unter anderem von AMAG und AdNovum entwickelt wird. Mit weiteren Partnern wollen die Unternehmen in dem Dossier alle relevanten Daten über den gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeugs nachvollziehbar und sicher abspeichern. Als ersten Use Case fokussiert das Projekt auf den Eigentümerwechsel im schweizerischen Gebrauchtwagenmarkt.
Bereits in Betrieb bei der Migros Zürich ist eine «bahnbrechende Neuheit» für die Qualitätsüberwachung gekühlter Produkte: Vom Start-up Axino entwickelte Sensoren im Kühlmobiliar kontrollieren und justieren permanent die Temperatur. Dabei beziehen sie die Vorgaben der verschiedenen Waren, die Wetterdaten und die Kundenfrequenz mit ein. Migros Zürich spricht von signifikant verbesserter Kontrollqualität und einem deutlich reduzierten Aufwand für die Mitarbeiter im Verkauf.
Zu Lande und in der Luft
Die Schweizerische Post ist einer der Profiteure des boomenden Online-Handels. Denn die Päckli müssen schliesslich irgendwie die Kunden erreichen. Dafür testet das Unternehmen neu Drohnen und Lieferroboter. Zwischen dem Ospedale Italiano in Viganello und dem Ospedale Civico in Lugano fanden seit gut einem Jahr rund 100 Drohnentestflüge für den Transport von Laborproben oder Medikamenten statt. Ziel der Versuche ist es, ab Sommer dieses Jahres den regulären Drohnentransport für die beiden Tessiner Spitäler zu betreiben.
Daneben testet die Post auch andere autonome Systeme wie Lieferroboter. Im Rahmen eines Pilots mit dem Kaufhaus Jelmoli waren die Vehikel im Herbst vergangenen Jahres in der Zürcher Innenstadt unterwegs. Während sechs Wochen haben die drei Lieferroboter fast 170 Zustelltouren absolviert und dabei rund 375 Kilometer zurückgelegt. Bei weiteren Tests mit dem Online-Shop discountlens.ch konnte der Roboter 200 Fahrten ohne Zwischenfälle absolvieren. Dabei stand er allerdings immer unter Aufsicht, da die gesetzliche Grundlage für vollkommen autonome Fahrten noch fehlt.
Rechenzentren und Netzwerke
Aufgrund hoher regulatorischer Hürden bleibt es Unternehmen aus diversen Branchen verwehrt, ihre IT-Ressourcen in die Cloud auszulagern. Dieser Herausforderung nimmt sich die Schweizer Informatikbranche an, indem sie kräftig in neue Rechenzentrumskapazitäten investiert. Der Provider Equinix liess sich die Erweiterung seines Standorts ZH5 rund 18 Millionen US-Dollar kosten. In Oberengstringen entstanden zusätzliche 900 Quadratmeter Rechenzentrumsfläche. ZH5 ist mit insgesamt 6670 Quadratmetern das im Endausbau grösste Rechenzentrum von Equinix im Raum Zürich. Die Anlage besitzt eine direkte Anbindung an internationale Cloud-Provider wie Amazon, Google, IBM und Microsoft.
Microsoft will im nächsten Jahr selbst Cloud-Services aus Rechenzentren in der Schweiz anbieten. In den neuen Data Centern in den Kantonen Genf und Zürich soll die Datenspeicherung in der Schweiz garantiert werden. «Wir wollen der erste globale Anbieter von Cloud-Services aus Schweizer Data Centern sein», sagt Marianne Janik, CEO von Microsoft Schweiz. Microsoft plant, den Schweizer Kunden sein komplettes Cloud-Produktportfolio anzubieten.
Beim Ausbau des Mobilfunks prescht die Swisscom mit der Ankündigung vor, noch in diesem Jahr mit der nächsten Technologiegeneration 5G starten zu wollen. Dafür ist der Konzern eine Kooperation mit Ericsson eingegangen. Der Lieferant hatte Anfang Jahr in Aussicht gestellt, Netzwerkteile und Software früher als geplant liefern zu können. Aber auch hier bremst der Staat: Der Bund hat die nötigen Frequenzen für das 5G-Mobilfunknetz noch nicht vergeben.
Banken investieren in Kunden
Eine von der Regulation stark betroffene Branche ist die Finanzwirtschaft. Sie ist gleichzeitig der zweigrösste Einkäufer von Informatik. Nicht wenige der Computer und Programme sind zwingend notwendig, um die gesetzlichen Vorschriften in maschinenlesbaren Code zu übertragen. Früher war dies der grösste Kostenblock bei den Investitionen der Banken und Versicherungen in der Schweiz. Heute sind die neuen digitalen Kundenkanäle ein weiterer Kostenblock. Mehr als die Hälfte der IT-Projekte im Finanzwesen drehen sich um neue Apps, Chatbots, E-Banking, Online-Onboarding und Technologie für Konsumenten oder Firmenkunden. Beispielsweise bietet die Versicherung Axa zusammen mit dem Start-up Advanon die Plattform «FlexCash» an. Über das Portal können kleine und mittelständische Unternehmen offene Debitorenrechnungen durch Investoren vorfinanzieren lassen. Die Graubündner Kantonalbank hat neben einem neuen E-Banking einen Robo-Advisor für institutionelle Kunden lanciert.
Um in Zukunft fit zu sein für neue Anforderungen der Bankkunden, erneuern unter anderem die Bank Julius Bär, PostFinance und Raiffeisen ihre IT-Systeme. Die Grossprojekte verschlingen Hunderte Millionen Franken. Die Umstellung des Zahlungsverkehrs auf den internationalen Standard ISO 20022 kostet weitere Hunderte Millionen. Um das Kostenkarussell zumindest teilweise zu entschleunigen, traut sich die UBS in die Cloud. Dort betreibt die Grossbank unterdessen bereits die Risikomanagementplattform – und konnte die Infrastrukturkosten um 40 Prozent senken. Nun sollen Möglichkeiten geprüft werden, noch weitere Geschäftsanwendungen in die Azure-Cloud zu verlagern.
Von Excel bis zur KI
Ebenso gross wie die Vielfalt der Betriebe des Sektors ist die Heterogenität der IT-Landschaften in der Schweizer Industrie. Der Lohnfertiger Jüstrich Cosmetics im St. Gallischen Berneck hat erst jüngst seine Excel-Tabellen für die Produktionsplanung durch das Abacus-ERP abgelöst. Etwa zum gleichen Zeitpunkt eröffnete der Basler Pharmakonzern Roche in Kaiseraugst ein IT-Innovationszentrum. An dem für rund 290 Millionen Franken neu errichteten Standort sind seit November letzten Jahres rund 3000 Personen beschäftigt, darunter ca. 1300 aus der IT. Eines der erklärten Ziele von CIO Alan Hippe war es, alle Informatikfunktionen des Unternehmens an einem einzigen Ort zusammenzuführen.
Der zweite Basler Pharmakonzern Novartis holt sich neben der Computertechnologie auch noch Hilfe bei künstlicher Intelligenz (KI). Das Unternehmen kündigte im letzten Jahr eine Kooperation mit IBM an. Die KI «Watson Health» soll den Forschern bei Novartis auf der Suche nach neuen Behandlungsmethoden für fortgeschrittenen Brustkrebs zur Seite stehen.
Der Industriekonzern ABB arbeitet ebenfalls neu mit IBMs Watson-Technologie. Die KI soll zukünftig etwa Maschineninspektionen automatisieren. In einer zweiten Anwendung wird die Technologie für Energieversorger adaptiert, sodass sie Stromnetze effizienter betreiben und warten können, indem Angebot und Nachfrage vorausberechnet werden könnten.