27.05.2008, 08:30 Uhr
Systeme für messerscharfe Rechner
Der Hardware-Park in mittleren Unternehmen muss leistungsfähig und verfügbar sein, darf gleichzeitig aber nur wenig Verwaltungs- und Ener-gieaufwand verursachen. Am besten gelingt dieser Spagat mit Blade-Systemen.
HP ProLiant Blade-System c3000 Enclosure: Extrem modular aufgebaut, und mit performanten Xeon-Quadcore-CPUs ausgestattet.
Paul Schaffner ist Business Unit Manager Industry Standard Servers bei Hewlett-Packard Schweiz.
Die steigende Zahl von Unternehmensanwendungen verlangt heute auch in KMU nach praktisch jederzeit verfügbaren Servern. Steigende Energiekosten bedingen effiziente Umgebungen, derweil die IT-Abteilung den Spagat zwischen hohen Anforderungen und tiefem Verwaltungsaufwand übt.
Aus Gründen der Kosten und des Energieverbrauchs muss die Hardware optimal ausgelastet sein. Probates Mittel dafür ist es, auf einem physikalischen Server mehrere virtuelle Systeme zu betreiben und statt dedizierter Festplatten virtuelle Speicher zu verwenden. Diese Trennung von Hardware und Betriebssystem sorgt zudem für die nötige Flexibilität, um den steigenden Ressourcenbedarf beim Unternehmenswachstum abzudecken. Auf der Kehrseite der Medaille steht jedoch die ebenfalls gewachsene Komplexität solcher Infrastrukturen, gerade auch im Speicherbereich: Mittlere Unternehmen mit beschränkten Ressourcen für den Systemunterhalt sind oftmals nicht in der Lage, dedizierte Speichernetze (SAN) zu betreiben und damit das Potenzial virtualisierter Systeme auszuschöpfen.
Rechenzentrum in einer Box
Mittlere Unternehmen benötigen also Systeme, die wenig Verwaltungsaufwand und -kosten verursachen, die Rechner- und Speicher-Infrastruktur so einfach wie möglich halten und dazu noch sparsam mit Energie umgehen. Klassische Rack-Server gehören nicht in diese Kategorie. Doch die fortschreitende technische Entwicklung mit Mehrkernprozessoren und hoher Speicherdichte bei kompakt gebauten Festplatten hat ein Konzept ermöglicht, das die Anforderungen mittlerer Unternehmen zu erfüllen vermag: Blade-Systeme kombinieren auf geringem Raum Rechner-, Speicher- und Backup-Einheiten sowie die Vernetzung innerhalb des Chassis. Sie bilden quasi ein komplettes Rechenzentrum in einem einzigen Gehäuse. Die optimierte Bauweise und die im Vergleich zu klassischen Rack-Servern geringere Anzahl an Stromverbrauchern wie Netzteile und Netzwerk-Switches sorgen zudem für einen etwa 30 Prozent tieferen Energieverbrauch und damit auch für tiefere Kosten bei der Klimatisierung.
Blade-Systeme eignen sich für alle gängigen Server-Aufgaben in einem Unternehmen, von der Daten- und Benutzerverwaltung über Netzwerkdienste bis hin zum Betrieb von Unternehmensanwendungen inklusive Middleware und Datenbank. Um die Verfügbarkeit zu erhöhen, können einzelne Blades oder ganze Chassis redundant betrieben werden. In Zukunft werden sich diese kompakten Systeme vermehrt auch für leistungshungrige Applikationen wie etwa Simulationen eignen, da die Prozessordichte weiter zulegt und beispielsweise zwei Rechner mit jeweils zwei Quad-Core-CPUs in ein einzelnes Blade eingebaut werden.
Ein weiterer Vorteil dieser Bauweise zeigt sich bei der Anbindung von Speichersystemen. Diese müssen nicht mehr über eine externe Ethernet- oder Fibre-Channel-Verkabelung angesteuert werden, sondern sind direkt via die integrierte Verbindung übers Chassis ansprechbar. Damit entfällt eine separate Storage-Infrastruktur, die entsprechende Kosten und Betreuungsaufwand verursacht. Das Konzept, Server und Speicher unter einem Dach zu vereinen, liefert einen im wörtlichen Sinne naheliegenden Grund, weshalb sich Blade-Systeme gut für virtualisierte Umgebungen eignen.
Während die ersten Blade-Umgebungen für Grossbetriebe konzipiert waren, sind heute Systeme erhältlich, die sich von der Leistung und vom Preis her an mittlere Unternehmen richten. Werden die Kosten für das Chassis mitgerechnet, lohnen sich Blades ab etwa vier Servern. Darunter fahren Firmen mit konventionellen Rack-Servern günstiger. Die leistungsmässige Obergrenze dürften dagegen die wenigsten mittleren Unternehmen erreichen. Anwendungen und Datenbanken, die mehr als acht Prozessorkerne und entsprechende Speichersysteme verlangen, sind üblicherweise nur in Grossbetrieben anzutreffen.
Blades für den Desktop
Der Einsatz von Blade-Systemen beschränkt sich aber nicht auf Server. Energieeffizienz und einfache Verwaltung sind auch am Arbeitsplatz wichtig, ebenso in vielen Bereichen die Verfügbarkeit. Insbesondere in Grossraumbüros mit einer hohen PC-Dichte spielt das Blade-Konzept seine Stärke aus. Bildschirm, Tastatur und Maus werden an einen Thin-Client angeschlossen, während die eigentliche Workstation als Blade im Rechenzentrum steht. Das vereinfacht die Verwaltung, etwa beim Hardware-Austausch, und hat spürbare Auswirkungen aufs Betriebsklima: Die Abwärme entsteht im Rechenzentrum und nicht in den Büroräumen, deren Klimaanlage beim Betrieb einer grossen Zahl von PCs schnell überfordert ist.
Workstation-Blades eignen sich dort, wo auf dem Desktop hohe Rechenleistung gefragt ist, beispielsweise am Arbeitsplatz eines Börsenhändlers. Damit unterscheidet sich dieser Ansatz vom klassischen Terminal-Server-Konzept, bei dem sich viele Benutzer die Ressourcen eines Servers teilen.
Alles im Griff
Das Blade-Konzept verlangt aber nach angepassten Management-Werkzeugen. Statt einzelne Server zu betreuen, kümmert sich hier der Administrator um das gesamte Ensemble eines Gehäuses. So müssen beispielsweise bei acht Servern nicht mehr 16 redundant ausgelegte Netzteile überwacht werden, sondern nur noch ein Pool von drei bis sechs, die das Chassis mit re-dundantem Strom versorgen. Ein wichtiger Aspekt bei der Evaluation von Blade-Systemen ist deshalb die Tauglichkeit der dazu gehörenden Management-Software. Sie sollte nicht nur einfach in der Bedienung, sondern auch ausbaubar sein. Idealerweise kümmert sich die Management-Software nicht nur um die Blade-Hardware, sondern auch um die - physikalischen wie virtuellen - Server- und Speicherumgebungen.
Dieser Aspekt gewinnt insbesondere bei virtualisierten Systemen an Bedeutung, da hierbei die Zahl der betriebenen Server und damit die Komplexität der Umgebung steigt. Zu einer umfassenden Management-Software gehört auch, Veränderungen an bestehenden Systemen und Neuinstallationen effizient und möglichst automatisiert abzuwickeln. Denn ein geringer Verwaltungs-aufwand hält die Betriebskosten tief, während die einfache Bedienung den Einsatz in mittleren Unternehmen erleichtert, die ohne IT-Spezialisten für jedes denkbare Thema auskommen müssen.
Der richtige Zeitpunkt
Blade-Systeme vermögen die meisten Anforderungen eines mittleren Unternehmens abzudecken und dabei ihre Vorzüge auszuspielen. Doch allein aus diesem Grund wird kein IT-Verantwortlicher eine einwandfrei funktionierende Infrastruktur ersetzen. Der richtige Zeitpunkt für den Umbau der Systemlandschaft richtet sich an deren normalen Lebenszyklen. Diese orientieren sich an technischen und organisatorischen Vorgaben. Wenn die bestehende Infrastruktur nach üblicherweise drei bis fünf Betriebsjahren ohnehin ersetzt werden soll, ist der Moment gekommen, die Architektur neu zu planen.
Zu diesem Schritt kann auch gehören, eine - unter Umständen heterogen zusammengesetzte - Landschaft zu konsolidieren. Dabei bietet es sich an, Server und Storage zu virtualisieren. Blade-Systeme sind aufgrund ihrer Konzeption in mittleren Unternehmen für solche Aufgaben bestens geeignet. Sie danken es mit einem Betrieb, der Spielraum für künftige Erweiterungen lässt und gleichzeitig den heutigen Ansprüchen an einen sparsamen Umgang mit Energie genügt.
Paul Schaffner