30.06.2009, 15:23 Uhr
Bauplan für ein zukunftssicheres Rechenzentrum
Heute schon an morgen denken. Planungsgrössen wie Fläche, Leistung, Verfügbarkeitsklasse und der Standort entscheiden darüber, ob ein Rechenzentrum den Anforderungen seiner Kunden gewachsen ist.
Im Prinzip so einfach wie Lego: Steigen die Anforderungen, erweitern transportable Module die Kapazität des Rechenzentrums
Jörg Schanze ist Site & Facilities Leader bei IBM Schweiz AG
Rechenzentren sind das Rück rat der heutigen Wirtschaft. Sie sorgen dafür, dass unsere Google-Suche auch zu Ergebnissen führt, dass unsere Bankkonten zuverlässig geführt werden oder dass unser neues Auto dank einer Crashtest-Simulation so sicher wie möglich ist. Ob Telefonbuch oder SBB-Fahrplan, nahezu jede Information oder Anwendung ist heute online verfügbar - und damit in einem Rechenzentrum hinterlegt. Egal ob CIOs eine eigene Anlage betreiben oder - was immer öfter der Fall ist - die Dienste eines externen Rechenzentrums in Anspruch nehmen, für die meisten Firmen sind solche Projekte grosse bis sehr grosse Investitionen.
Vor Projektbeginn lohnt sich deswegen so oder so ein Blick in die Zukunft: Wie muss ein Rechenzentrum aussehen, damit es auch in Zukunft den Anforderungen seiner Kunden entspricht? Vor allem vier relevante Planungsgrössen helfen bei der Antwort. Das sind: die benötigte Fläche, die angestrebte elektrische Leistung, die Verfügbarkeitsklasse und im Falle eines Neubaus der Standort. Ein zukunftssicheres Rechenzentrum balanciert diese Punkte möglichst kosteneffektiv aus und bleibt gleichzeitig möglichst flexibel, um auf die wechselnden Geschäftsanforderungen der Kunden und Betreiber reagieren zu können.
Flexibilität: Modular ausbaufähig
Für ein flexibles und dynamisches Wachstum ist es nötig, die Fläche im Rechenzentrum
optimal auszunutzen und gleichzeitig flexibel zu halten. Es hat sich gezeigt, dass es dabei sinnvoll ist, wie bei einem Steckkasten-Prinzip mit Modulen zwischen 300 und 500 m2 Nutzfläche zu planen. Diese Module enthalten alle nötigen Komponenten eines Rechenzentrums (Kühlung, Stromversorgung, Sicherheit) und können nahezu beliebig miteinander kombiniert werden. Benötigt ein Unternehmen aufgrund starken Wachstums unerwartet mehr Kapazität, fügt es ein weiteres Modul zum Rechenzentrum hinzu. Die Lieferzeit und Installation eines neuen Moduls beträgt etwa drei Monate. Ebenso kann aber auch Fläche flexibel verringert werden, zum Beispiel um die IT-Fixkosten zu senken.
optimal auszunutzen und gleichzeitig flexibel zu halten. Es hat sich gezeigt, dass es dabei sinnvoll ist, wie bei einem Steckkasten-Prinzip mit Modulen zwischen 300 und 500 m2 Nutzfläche zu planen. Diese Module enthalten alle nötigen Komponenten eines Rechenzentrums (Kühlung, Stromversorgung, Sicherheit) und können nahezu beliebig miteinander kombiniert werden. Benötigt ein Unternehmen aufgrund starken Wachstums unerwartet mehr Kapazität, fügt es ein weiteres Modul zum Rechenzentrum hinzu. Die Lieferzeit und Installation eines neuen Moduls beträgt etwa drei Monate. Ebenso kann aber auch Fläche flexibel verringert werden, zum Beispiel um die IT-Fixkosten zu senken.
Transparenz: Kosten im Griff
Nicht zuletzt wird das Thema Kostentransparenz für die Betreiber eines Rechenzentrums (meist den CIO) aufgrund von intern steigendem Kostendruck immer wichtiger. Die IT-Abteilung hat sich in den letzten Jahren immer mehr zum Dienstleister für verschiedene Unternehmensbereiche entwickelt - und entsprechend sollten die Kosten für diese Dienstleistungen transparent verrechnet werden können. Diesen Punkt sollte man schon bei der Planung des Rechenzentrums berücksichtigen, um später entsprechende Asset- und Kostenmanagement-Anwendungen einfacher implementieren zu können.
Bei der Projektplanung und Gewichtung der genannten Faktoren ist aber vor allem wichtig, den Zweck des Rechenzentrums nicht aus dem Auge zu verlieren. Sowohl IT-Spezialisten als auch die späteren Kunden des Rechenzentrums sollten zu Wort kommen. Denn ein Rechenzentrum, welches zwar auf dem neusten Stand der Technik ist, aber die nötigen Geschäftsanwendungen nicht zuverlässig zur Verfügung stellen kann, ist im Endeffekt nur eine zu teure Warmluftheizung.
Eckpunkte eines zukunftssicheren RZ
- Nachhaltig: minimaler Energieverbrauch, effizientes Kühlsystem, Verwertung aller möglichen Reststoffe, IAQ performances, ETS control
- Skalierbar: Leistungsanpassungen nach oben oder unten sind möglich (z.B. von 3kW auf 10kW pro Rack)
- Modular: Rechenzentrumsfläche ist modular aufgebaut und kann erweitert oder verkleinert werden (z.B. in 250m²-Schritten)
- Hochverfügbar: Redundantes System nach dem n+1 Konzept
- Umweltverträglich: Es erfüllt die aktuellen Anforderungen an IT Hardware (z.B. Betrieb bei 18-27 °C)
- Angebunden an:
- landesweite Glasfasernetze
- wirtschaftliche Ballungsgebiete
- einen sicheren Zugang zu Energie auf Mittelspannungsebene
- Nachhaltig: minimaler Energieverbrauch, effizientes Kühlsystem, Verwertung aller möglichen Reststoffe, IAQ performances, ETS control
- Skalierbar: Leistungsanpassungen nach oben oder unten sind möglich (z.B. von 3kW auf 10kW pro Rack)
- Modular: Rechenzentrumsfläche ist modular aufgebaut und kann erweitert oder verkleinert werden (z.B. in 250m²-Schritten)
- Hochverfügbar: Redundantes System nach dem n+1 Konzept
- Umweltverträglich: Es erfüllt die aktuellen Anforderungen an IT Hardware (z.B. Betrieb bei 18-27 °C)
- Angebunden an:
- landesweite Glasfasernetze
- wirtschaftliche Ballungsgebiete
- einen sicheren Zugang zu Energie auf Mittelspannungsebene
Effizienz: Die Leistung zählt
Bei der Planung der Leistung spielt vor allem eine Rolle, wie viel Strom für das Rechenzentrum verfügbar ist und wie viel es aufnehmen soll. Im Durchschnitt hat sich ein Startwert von 750 W/m2 als praxistauglich erwiesen, möglich sind bislang bis zu 3000 W/m2. In diesem extremen Bereich ist aber nicht sicher, ob die entsprechende Energiemenge überhaupt zur Verfügung steht - immerhin würde ein RZ dieser Leistungsklasse schon bei nur vier Quadratmetern Fläche genauso viel Strom benötigen, wie ein komplettes Einfamilienhaus (ca. 12 kW).
Bei langfristig steigenden Energiepreisen kann ein Rechenzentrum dieser Dimension schnell unrentabel werden. Bremsen kann man den steigenden Leistungshunger nur mit dem konsequenten Einsatz hocheffizienter Technologie bei Servern und Kühlung, einer möglichst hohen Auslastung im Betrieb sowie einer Weiternutzung der produzierten Abwärmeenergie.
Einen guten Richtwert für die Energieeffizienz eines Rechenzentrums liefert der sogenannte PUE-Wert (Power Usage Effectiveness). Er stellt die gesamte Leistungsaufnahme des Rechenzentrums zur Leistungsaufnahme der IT ins Verhältnis. Das Ziel für ein zukunftssicheres Rechenzentrum sollten Werte zwischen eins (theoretischer Optimalwert) und 1,8 sein. Ein PUE-Wert von zwei sagt aus, dass das Rechenzentrum zwei Watt Leistung benötigt, um für ein Watt Rechenleistung zu produzieren. Bei einem PUE Wert über zwei sollte man umgehend mit dem Energiesparen anfangen. Die Optimierung oder besser Stabilisierung wirkt sich in diesem Bereich sofort auf Kosten und Stabilität des Rechenzentrums aus. Moderne Rechenzentren verfügen unter anderem deshalb über ein ständiges und vollautomatisches Monitoring des PUE Werts.
Ausfallsicherheit durch Redundanz
Die Verfügbarkeitsklasse gibt an, wie ausfallsicher ein Rechenzentrum ist. Eine sehr hohe Verfügbarkeitsklasse benötigen Anlagen, die auf keinen Fall ausfallen dürfen - egal was passiert. Diese Aufgabe lässt sich durch mehrfache Redundanzen lösen: Jede wichtige Komponente ist doppelt oder sogar mehrfach verfügbar (Rechenzentrum, Stromversorgung, Umschalter etc).
Versicherungen und Banken mit sehr hohen Sicherheitsanforderungen treiben die Redundanz ziemlich weit. Beim Ausfall der Hauptanlage übernimmt automatisch die zweite Anlage (auch «Weg» oder «Pfad» genannt). So laufen alle Anwendungen in jedem Fall ohne Unterbruch weiter, und keine Daten gehen
verloren. Um bei Wartungsarbeiten an einzelnen Komponenten nicht auf den kompletten zweiten Pfad umschalten zu müssen, fügt man der Anlage zusätzlich einen flexiblen Versorgungsblock hinzu. Er kann je nach Bedarf an den aktiven Pfad gekoppelt werden und übernimmt dann die Funktionen der Komponenten in der Wartung.
verloren. Um bei Wartungsarbeiten an einzelnen Komponenten nicht auf den kompletten zweiten Pfad umschalten zu müssen, fügt man der Anlage zusätzlich einen flexiblen Versorgungsblock hinzu. Er kann je nach Bedarf an den aktiven Pfad gekoppelt werden und übernimmt dann die Funktionen der Komponenten in der Wartung.
Dieses Konzept heisst 2n+1 (zwei redundante Wege plus ein flexibler Block). Je nach Einsatzzweck gibt es weitere Konzepte, für die Mehrheit der Rechenzentren hat sich n+1 bzw. n+x (eine Hauptanlage mit einem kleineren Block für Systemausfälle) als ausreichend erwiesen.
Raum für Erweiterungen lassen
Der Standort spielt eine zentrale Rolle für die Zukunftssicherheit eines Rechenzentrums. Der potenzielle Bauplatz sollte Raum für mögliche Erweiterungsbauten bieten und gut erreichbar sein, damit Techniker bei unerwarteten Ausfällen schnell vor Ort sein können. Ein naher Anschluss an die Glasfasernetze bedeutet eine bessere Servicequalität durch die freie Wahl der Netzwerkanbieter. Da die meisten Glasfaserkabel in Leerkanälen unter Autobahnen verlaufen, entstehen viele neue Rechenzentren in der Nähe von Autobahnkreuzen - wo die Schaltzentralen für Glasfaserverbindungen liegen.
Das Rechenzentrum sollte natürlich auch vor extremen äusseren Einflüssen wie Erdbeben oder Felsstürzen geschützt liegen. Die Standortwahl kann sich auch positiv auf die Energiebilanz des Rechenzentrums auswirken. Eine konstant niedrige Aussentemperatur ermöglicht das direkte Kühlen mit Aussenluft (Free Cooling, mehr dazu S. 20). Noch besser ist ein naher Fluss, der das Rechenzentrum mit Kühlwasser versorgt. Ehemalige Aluminium- oder Papierfabriken sind unter anderem deswegen interessante Standorte für Rechenzentren: Sie verfügen oft über ein eigenes Kraftwerk und einen Zugang zu ausreichend (Kühl-)Wasser.
Jörg Schanze