16.04.2010, 06:00 Uhr

Bloss nicht zu viel abspecken

Auch am Schweizer Markt für IT-Dienstleistungen ist die Krise nicht spurlos vorbei­gegangen. Die Branche hat allerdings weniger gelitten als das Gesamtgeschäft.
Wohlgenährt in die Abspeckkur: So könnte man die Ergebnisse unserer «Swiss IT»-Studie für das Marktsegment IT-Services interpretieren. Dieses macht 2009 mit gut 7,5 Milliarden Franken den grössten Anteil bei sämtlichen Ausgaben in der Informations- und Kommunikationstechnik (ICT) der Schweiz aus. Zum Vergleich: Die Bereiche Hardware samt Storage und die Software sind mit 4,3 bzw. 4,2 Milliarden Franken relativ bescheiden dotiert.
Aber auch im erfolgsverwöhnten IT-Services-Markt mit seinen hohen Margen hat die Krise zugeschlagen. Um 4,2 Prozent schrumpften zwischen 2008 und 2009 die Ausgaben in diesem Segment. Damit ging es der Dienstleistungsbranche aber noch vergleichsweise gut. Während der gesamte ICT-Markt um 5,9 Prozent zurückging, brach das Hardware-Business mit einem Minus von 11,4 Prozent dramatisch ein. Allerdings: Während der Gesamtmarkt sich 2010 wieder um 0,6 Prozent erholt, wächst der IT-Services-Markt nach Schätzungen von IDC lediglich um 0,4 Prozent. Auch in den folgenden Jahren hinkt das Wachstum bei den Ausgaben für Dienstleistungen dem Aufwärtstrend des gesamten ICT-Geschäfts hinterher.

Leichter Abwärtstrend

Für die relative Krisenresistenz des Dienstleistungsmarkts haben die Schweizer IT-Services-Anbieter eine einfache Antwort: «Der Gesamtmarkt beinhaltet auch Investitionen für Hard- und Software, die typischerweise sensitiver sind als der IT-Services-Markt. Da Investitionen vertagt wurden, ist die Differenz nachvollziehbar», urteilt etwa Marc Römer, Head Business Development bei Swisscom IT Services. Ins gleiche Horn bläst auch René Mulder, Director Corporate Customers beim Konkurrenten T-Systems Schweiz: «IT-Services leiden weniger unter der Krisenstimmung im Markt, da sich die Unternehmen hier nach wie vor Kostenvorteile versprechen - und auch erhalten.»

Bescheidener Aufschwung

So wie der Abschwung fällt allerdings auch der Aufschwung eher bescheiden aus. Peter Ronchetti, Country Manager Enterprise Services bei HP Schweiz, hat dafür zwei Erklärungen: Erstens seien insbesondere im Hardware-Bereich Investitionen aufgeschoben worden, die nun getätigt werden müssten. Das führe dazu, dass das Services-Business im Vergleich dazu schwächer aussieht. «Zweitens ist das Dienstleistungs-geschäft ein nachhinkender Indikator. Das heisst: Die Konjunkturschwäche schlägt in gewissen Bereichen mit einer Verzögerung durch», meint Ronchetti.
IDC-Analyst Joachim Benner sieht noch einen weiteren Grund für die langsame Erholung: «Wir beobachten einen Preisverfall für IT-Services aufgrund des harten Wettbewerbdrucks.» Das bescheidene Wachstum für 2010 rührt laut IDC auch daher, dass sich der Abwärtstrend von 2009 in der ersten Hälfte des laufenden Jahres fortsetzen wird. Erst im zweiten Halbjahr ist mit einer merklichen Erholung zu rechnen. «Unter-nehmen werden dann wieder stärker in Services investieren, um IT-Kosten weiter zu redu-zieren und Geschäftsprozesse der Fachabteilungen zu optimieren», ist Benner überzeugt.

Krisenverlierer Ausbildung

Der Kostenspardruck ist auch für das rigorose Sparen in verschiedenen Sparten verantwortlich. So sind sich die Branchenvertreter einig, dass einer der einfachsten Posten zum Geldsparen der Ausbildungsbereich ist. Entsprechend übel erging es laut «Swiss IT»-Studie dem Segment «Training». Im Jahr 2009 implodierten die Ausgaben geradezu um 16,4 Prozent. Und sie sollen auch 2010 nochmals um fast 1 Prozent schrumpfen, bevor sich auch hier - allerdings auf bescheidenem Niveau - wieder ein Wachstum einstellt. Laut HP-Manager Ronchetti werden in Krisen dort Kosten gesenkt, wo gespart werden kann, ohne dass kurzfristige Nachteile daraus entstehen. «Das ist bei Trainings naturgemäss eher möglich als bei der Wartung unterneh-menskritischer Systeme», meint er.
Trotz des desolaten Ergebnisses ist für den Ausbildungsbereich noch nicht Hopfen und Malz verloren. Viele IT-Abteilungen befänden sich im Wandel und würden Cloud Computing erwägen, meint der bei T-Systems für die Business-Kunden verantwortliche René Mulder: «Das bedingt ein Abrücken von herkömmlichen IT-Instrumenten und somit entsteht neuer Schulungsbedarf.»

Krisengewinner Betrieb

Vom Kostendruck, unter dem die Ausbildung leidet, profitiert andererseits der «Betrieb». Dieses Segment musste 2009 mit minus 0,2 Prozent kaum Federn lassen und darf sich bereits im laufenden Jahr mit 1,2 Prozent über hübsche Zuwachsraten freuen. «Betriebsleistungen sind im IT-Services-Markt mehrheitlich durch langfristige Verträge abgesichert und damit in Krisenzeiten weniger sensitiv», interpretiert Marc Römer von Swisscom IT Services die Situation. Ihm zufolge nimmt die OutsourcingBereitschaft noch zu: «Wir rechnen mit einem deutlichen Anstieg bei den Abschlüssen, sowohl bei der Erweiterung bestehender Verträge als auch durch neue Outsourcing-Verträge.»
Diese Erholung spürt auch IBM Schweiz. «Unternehmen werden in diesem Jahr wieder vermehrt in IT-Dienstleistungen investieren, die ihren Kunden einen direkten Mehrwert bringen», kommentiert Pressesprecher Sebastian Drews. Ihm zufolge erwartet IBM vor allem in den Sektoren Gesundheitswesen, Verwaltung und Utilities wieder Wachstum.

Fazit: überwiegend sonnig

Der Services-Markt arbeitet sich derzeit die Nahrungskette hoch. Infrastruktur-Services werden zu Commodities. An Bedeutung gewonnen haben applikationsbezogene Dienstleistungen. «Wir kommen der Vision von der IT aus der Steckdose immer näher», resümiert T-Systems-Schweiz-Manager Mulder. Peter Ronchetti erkennt diesen Trend ebenfalls. Der Country-Manager für HPs Enterprise Services macht folgende Trends für 2010 aus: «Outsourcing, Utility Services, Rechenzentrums-Dienstleistungen und Care Packs sind die wichtigen Themen.»



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