14.04.2008, 08:28 Uhr
Optimale Leistung im Firmennetz
Eine dauerhafte Anwendungsperformance im WAN wird nur durch eines garantiert: applikationsfokussiertes Management.
Rüdiger Sellin ist Senior Product Manager Data Connectivity bei der Swisscom.
Heute läuft praktisch die gesamte Unternehmenskommunikation auf TCP/IP-Protokollen ab (Transmission Control Protocol/Internet Protocol). Die Vorteile sind Kosteneinsparungen und eine grosse Flexibilität, etwa bei Reorganisationen oder Firmenzukäufen. Aber mindestens ein grösserer Nachteil beunruhigt IT-Manager zunehmend: Die wachsende Zahl von Applikationen führt zu einem Kampf um die erforderliche Bandbreite. Verzögerungsempfindliche Anwendungen wie Voice over IP (VoIP) oder zeitkritische Terminalapplikationen wie beispielsweise Citrix erfordern ein wasserdichtes Netzdesign sowie einen Netzbetrieb und Netzwerkunterhalt (Operations and Maintenance, OAM) auf hohem Niveau. Letzteres wird immer komplexer. Oft besteht ein Mangel an einfachen Tools, um neue IT-Managementprozesse direkt zu repräsentieren und zu implementieren.
Herausforderung Netzwerkleistung
Die Globalisierung sowie Büros und Produktionsstätten auf der ganzen Welt machen ein WAN (Wide Area Network) für eine Firma lebenswichtig. Abhängig von der Industriebranche und der Grösse einer Firma sind zwischen 40 und 60 Prozent aller Mitarbeiter in örtlichen Niederlassungen beschäftigt. Um dort die Performance zu verbessern, gibt es lokale Server, etwa zur Datenspeicherung oder als Printserver.
Dennoch laufen die meisten Applikationen wie E-Learning und Bestell- oder Kundenmanagement immer noch auf zentralen Servern. Dies generiert LAN-zu-LAN-Verkehr über das WAN. Um eine unkritische Anwendungsperformance zu erreichen, müssen der WAN-Betrieb und die Dienste der Endbenutzer effizient verwaltet werden. Laut einer IDC-Marktstudie gibt es jedoch so gut wie keine anwendungsbezogenenen Performance-Tools. Zudem stehen IT-Manager unter hohem Druck, die Kosten zu senken und gleichzeitig Sicherheit sowie Performance zu erhöhen. Daher setzen sie in aller Regel bevorzugt auf zentralisierte Server-Applikationen als auf verteilte Lösungen. Diese erhöhen aus ihrer Sicht nur die Kosten und schmälern die Sicherheit.
Deshalb greift die Mehrheit der Mitarbeiter zunehmend über das WAN auf firmenkritische Anwendungen wie CRM-bezogene Prozesse zu. Die WAN-Leistung ist ein unverzichtbares Element der gesamten Applikationsperformance geworden. Es kann aber nicht die einzige Lösung sein, bei jedem Auftreten eines Engpasses die Bandbreite zu erhöhen. Für die IT-Abteilung besteht die Herausforderung darin, einen besseren Service bei wachsender Anzahl von Anwendungen zu tieferen Kosten anzubieten.
Engpässe und Optimierungstechniken
Bei der Analyse des Verkehrsflusses sowie dessen Engpässen fällt auf, dass viele Anwendungen für den Betrieb auf einem LAN und nicht auf einem WAN geschrieben werden. Der exzessive Gebrauch von Bandbreite ist ein chronisches WAN-Problem geworden. Zudem boomt der TCP/IP-Verkehr weiter. Er wird vor allem durch geschäftsunkritische Applikationen wie Websurfing verursacht (inklusive extensiver Downloads). Dabei beseitigt eine simple Erhöhung der Bandbreite auf Dauer kaum applikationsbezogene Engpässe und ressourcenhungrige Protokolle. Letztere haben ihre Wurzeln in der Anwendung selbst oder der TCP/IP-Protokolloptimierungstechnik. TCP-Beschleunigungstechniken führen daher nicht immer zu besserer Anwendungsperformance.
Optimale Leistung im Firmennetz
Wenn es um übermässig Verkehr erzeugende und verbreitete Protokolle wie das Common Internet File System (CIFS) oder Exchange geht, arbeiten applikationsabhängige Protokolloptimierungstechniken recht gut. Sie haben aber einen gewichtigen Nachteil: Sie sind anwendungsabhängig - sogar von der Software-Version und der Konfiguration. In einer sich rasant verändernden IT-Welt bedeuten sie eigentlich eine Einschränkung.
Um firmenkritische Anwendungen zu schützen, muss deren Datenfluss durchs Netz priorisiert werden. Dazu hat die Internet Engineering Task Force (IETF) sogenannte Classes of Service (CoS) kreiert. Dabei wird das Verhalten von Infrastrukturen an Flusstypen (Flow Types) angepasst; basierend auf dem DiffServ-Modell (ebenfalls vom IETF). CoS bedingt die Implementierung lokaler Prioritätsregeln in den Routern.
Grundsätzlich erfordert es keine langwierige und kostspielige Überholung der existierenden Netzinfrastruktur. Andererseits konzentriert es sich mit seinem Best-effort-approach auf das Verhalten der Infrastruktur und nicht auf die Bedürfnisse der Endnutzer. Deshalb kann CoS die Performance individueller, kritischer Anwendungsflüsse nicht garantieren. Der Verkehr wird in Applikationsgruppen klassifiziert, wobei kein Unterschied in Benutzersitzungen gemacht wird. Zudem hängt die Implementierung von CoS von Engineering-Regeln ab, die für jeden Operator einzigartig sind. Daher sind heterogene Architekturen eine Herausforderung für CoS-Implementationen.
Applikationsfokussiertes Management
Weil die klassische WAN-Optimierung und der CoS-Ansatz keine Wundermittel gegen Engpässe bei der Netz- oder Anwendungsperformance sind, muss ein neuer Weg gegangen werden. Die Ziele sind:
- In die Firmen-WANs muss mehr Transparenz gebracht werden.
- Das Unternehmensnetz und dessen Anwendungen müssen optimiert werden.
- Die Anwendungen müssen auf einem klar definierten Servicelevel laufen, basierend auf einem zuverlässigen Netzwerk mit richtiger Dimensionierung.
- Der Service muss die Firmenmitarbeiter und deren Kunden gleichermassen zufriedenstellen und zu klar definierten Kosten bereitgestellt werden.
Eine Möglichkeit besteht darin, zunächst den Datenverkehr im Kunden-WAN und die Anwendungsperformance pro Standort zu analysieren und Engpässe sichtbar zu machen. Danach legt der Kunde mit Unterstützung des Service Providers die Priorität der Firmenanwendungen fest - abhängig davon, wie geschäftskritisch sie sind. Der Provider erarbeitet danach konkrete Vorschläge, wie das Unternehmensnetz und die darauf laufenden Anwendungen optimiert werden können. Dies könnte z.B. mit einer dynamischen Bandbreitenreservierung, einer fortschrittliche Kompression und adaptiven TCP/IP-Beschleunigern geschehen.
Um die Performanceziele zu erreichen, berechnet der Provider präzise die erforderliche Bandbreite. Danach werden die Netzverbindungen pro Standort dimensioniert. Nach der Optimierung können die Anwendungen schliesslich als Managed Service verwaltet werden; geleitet von klaren Performancezielen, die der Kunde selbst festgelegt hat. Daher kann nur ein applikationsfokussiertes Management zum Ziel führen.
Weitere Informationen
Begriffe und Abkürzungen
CIFS Common Internet File System
CoS Classes of Service
IETF Internet Engineering Task Force
IP Internet Protocol
IT Information Technology
LAN Local Area Network
OAM Operations and Maintenance
TCP Transmission Control Protocol
VoIP Voice over IP
WAN Wide Area Network
CoS Classes of Service
IETF Internet Engineering Task Force
IP Internet Protocol
IT Information Technology
LAN Local Area Network
OAM Operations and Maintenance
TCP Transmission Control Protocol
VoIP Voice over IP
WAN Wide Area Network
Rüdiger Sellin