12.09.2007, 08:20 Uhr

Ein Medienformat der digitalen Generation

Podcasts nehmen längst einen festen Platz in der Reihe internetbasierter Medienformen ein. Weil immer mehr Menschen Kaufentscheide beim Surfen im Internet fällen, eröffnet das Podcasting insbesondere im Marketing-Bereich ganz neue Chancen.
Podcasts spielen in der Kaufentscheidung vermehrt eine Rolle.
Priska Roelli ist Beraterin bei der Schwerzenbacher in Marketing.
Die Podcast-Szene ist in Bewegung. Galt Podcasting noch vor zwei Jahren als reine Plattform für Radioamateure und Audioblogger, nehmen heute immer mehr klassische Medien Podcasts in ihr Angebot auf. Radio- und TV-Stationen bieten Sendungen als Podcast im Internet an und Printmedien bereiten ausgewählte Texte als Audiodatei auf und stellen sie für die I-Pod-Generation ins Netz. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und auch Arnold Schwarzenegger bedienen sich dieses Medienformats, um ihre politischen Botschaften im World Wide Web zu verbreiten und von der reinen Unterhaltung ist die Podcast-Welle seit kurzen auch auf den Weiterbildungsbereich übergeschwappt. Universitäten bieten «Education on demand» an und stellen Hörbeiträge von Lehrveranstaltungen ins Internet. Anstatt Vorlesungen vor Ort zu besuchen, konsumieren Studenten neues Wissen am PC zu Hause oder via MP3-Player in der Badeanstalt. Die Vorteile für Nutzer von Podcasts liegen auf der Hand: Der Hörer bestimmt selbst, welche Sendungen sein Interesse wecken, kann diese nach seinem Gusto zusammenstellen und vor allem erlaubt ihm dieses Medienformat eine zeitautonome Nutzung. Er wird zum Programmdirektor, der seinen eigenen «Sender» kreiert. Von der Unterhaltungssendung über Musik, Nachrichten, Kunst bis hin zu Unternehmensneuigkeiten, politischen Beiträgen und Comedy: Die Auswahl der weltweit mehr als 85000 Podcasts, die zum Download bereit stehen, hält für jeden Geschmack etwas bereit.

Podcasts als Marketing-Tool

Die zunehmende Mobilität, die Veränderung hin zum zeit- und ortsunabhängigen Konsumverhalten, die unaufhaltsame Verbreitung von MP3-Playern und I-Pods sowie die steigende Zahl von Breitbandanschlüssen in Privathaushalten, die es erlauben, grosse Datenvolumen zu transportieren, beflügelt die Erfolgsgeschichte der Podcasts zusätzlich. Dank der Möglichkeit, nahezu jeden Programminhalt unabhängig von Ort und Zeit nutzen zu können, haben Podcasts nicht nur den Medienkonsum der Anwender verändert, sondern auch neue Anbieter aufs Internetparkett gerufen. Neben Radio- und TV-Stationen sowie den Printmedien haben bereits zahlreiche Wirtschaftsunternehmen das neue Medium als Bestandteil in ihre Unternehmenskommunikation (Corporate Podcasting) integriert. Da immer mehr Menschen Kaufentscheide beim Surfen im Internet fällen, eröffnet das Pod-casting insbesondere im Marketing-Bereich neue Chancen. Unternehmen können mit dieser Plattform potenzielle Kunden genau dort erreichen, wo sie nach neuen Informationen suchen: Im Internet auf den zahlreichen Portalen oder auf der eigenen Firmenwebseite. Nutzen in Europa erst wenige Firmen dieses Medium, um ihre Kundenzielgruppe ohne Streuverlust mit lebendigem Inhalt zu begeistern, so haben in den USA zahlreiche Unternehmen den Mehrwert längst erkannt.

Erfolg durch Mehrwert

So unterschiedlich die Anwendungsbereiche von Podcasts auch sind - das Angebot reicht von Produktvorstellungen über Job-Recruiting, Marktinformationen für Investoren bis hin zu Erläuterungen komplexer Sachverhalte - hängt doch der Erfolg im Wesentlichen vom Thema ab. Grundsätzlich eignet sich ein Podcast als Werbeplattform für ein Unternehmen oder auch eine Marke, die nicht nur Trends setzen, sondern auch das moderne Image von «kultig» und «cool» zur Nutzergruppe transportieren will. Einen Podcast als reine Werbebotschaft ins Netz zu stellen, wäre jedoch die falsche Vorgehensweise. Auch eignen sich Podcasts in den seltensten Fällen als Marketing-Einzelaktionen, sondern sollten als fixer und kontinuierlicher Bestandteil der Unternehmenskommunikation genutzt werden, um durch regelmässige Beiträge Hörer zu binden. Das Potenzial von Corporate Podcasting liegt darin, das Informationsbedürfnis einer interessierten Zielgruppe zu befriedigen. Inhalte von Podcasts müssen deshalb unterhaltend, informativ und längerfristig gültig sein. Hörer haben nichts von veralteten Beiträgen. Voraussetzung für den Erfolg ist, dass ein Mehrwert für den Nutzer geschaffen wird. Nur wenn dieser dem Hörer deutlich kommuniziert und auch geboten wird, kann der Corporate Podcast Verbreitung und Akzeptanz finden.

Werbebotschaften im Podcast verpackt

Mit wenigen Ausnahmen werden Podcasts kostenlos angeboten und sind deshalb - noch - keine grosse Geldeinnahmequelle, sondern mit Kosten für den Autor und Betreiber verbunden. Kostenpflichtige Podcasts werden wie viele Paid Contents kritisch beäugt und Nutzer machen oft einen Rückzieher, wenn es darum geht, die Kreditkarte für solche Inhalte zu zücken. Finanziell unterstützen lassen sich Podcasts durch «Podvertising», also Werbung im Podcast. Die Werbung erscheint wie in einem Radio-spot am Anfang und/oder am Ende des Pod-casts oder durch kurze Werbeclips, die in die Audiodatei eingefügt werden. Diese Form der Werbung eignet sich insbesondere für Unternehmen, die keinen eigenen Podcast produzieren, sich aber trotzdem auf dieser Plattform ins Gespräch bringen wollen. Die Vorteile für das Unternehmen liegen darin, dass sich die Zielgruppe der Podcast-Nutzer meist relativ gut eingrenzen lässt und damit die Streuverluste gering sind. Dies gilt für Sendungen, die zu einem spezifischen Thema verfasst werden. Da der Nutzer den Podcast selber auswählt, kann davon ausgegangen werden, dass ein gewisses Grundinteresse des Verbrauchers am Thema besteht. Demzufolge ist eine direkte und unverfälschte One-to-One-Kommunikation möglich. Bei Podcasts mit allgemeinem Inhalt lässt sich die Zielgruppe fast nicht definieren, respektive über die Nutzer und ihr vermutetes Interesse am Inhalt ist zu wenig bekannt ist. Die Anzahl der Downloads ist zwar ermittelbar. Nicht aber, wer den Beitrag schlussendlich hört.
So wie die Wahl einer geeigneten Illustration oder eine Fotografie als visuelles Erlebnis einen Text beeinflusst, so wird die Macht des Tones und der Bilder auch über neue Formate im Internet transportiert. Für Unternehmen, die sich mit dem Thema Pod-cast beschäftigen wollen, ist jetzt der richtige Zeitpunkt. Dafür sprechen einerseits der geringe technische Aufwand für die Produktion und die relativ niedrigen Investitionskosten im Vergleich zu anderen Medien- und Werbeformaten. Auch bestärkt das Marktforschungsunternehmen Forrester den Höhenflug der Podcasts und prognostiziert, dass bis 2010 die Anzahl der weltweiten Podcast-Nutzer um mehr als 1700 Prozent ansteigen wird.

Begriffserklärung

Podcast
Der Begriff Podcast setzt sich setzt sich aus den beiden Wörtern «I-Pod» und «Broadcasting» (engl.: für Rundfunk) zusammen und bezeichnet das Produzieren und Anbieten von Mediendateien (Audio = Podcast, Video = Vodcast). Das Grundprinzip eines Podcasts ist einfach: Der Anbieter - ob ein Verlag, ein Printmedium, ein Unternehmen oder ein Computernutzer zu Hause - erstellt eine akustische oder audiovisuelle -Mediendatei im MP3-Format und bietet diese, genannt Podcast, über das Internet an. Der interessierte Nutzer «abonniert» den gewünschten Podcast mit einer dafür vorgesehenen Software. Der Podcast wird anschliessend automatisch als MP3-Datei auf den Rechner heruntergeladen und kann auf dem Handy, einem MP3-Player oder auch am Computer abgehört werden. Wo und wann, ist dem Hörer überlassen.
Priska Roelli



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