Langsam wachsen
27.10.2008, 13:53 Uhr
IT für Versicherungen
Viele Banken schmeissen ihre alten Legacy-Anwendungen über Bord und satteln auf neue Standard-Software wie Avaloq, Finnova oder RTC um. Sollten sich die Versicherungen daran ein Beispiel nehmen?
Der Markt für Insurance Software ist attraktiv, aber auch stark fragmentiert und daher schwierig. Aus diesem Grund fehlen europäische, auf breiter Basis tätige Anbieter. Es gibt sie allenfalls in Querschnittbereichen wie im Customer-Relationship- oder Claims-Management. Einheitlich strukturiert sind einzig lokale Märkte, etwa der Markt der deutschsprachigen Länder (D-A-CH). Besonders stark segmentiert ist dabei der Health-Insurance-Bereich, für den Life-Bereich trifft das weniger zu. Sach-, MFZ- und Haftpflichtversicherungen liegen in der Mitte.
Auf Anbieterseite präsentiert sich aber auch der D-A-CH-Markt stark zersplittert. Etwa 30 bis 40 Anbieter von Kernanwendungen, von denen keiner einen grossen Marktanteil für sich reklamieren kann, kämpfen um Kunden. Dagegen wird das Bankenwesen, obwohl der Markt viel grösser ist, von deutlich weniger Anbietern mit hohen Marktanteilen beherrscht. Die von den Versicherern selbst entwickelten Anwendungen sind dabei noch nicht berücksichtigt.
Auf Anbieterseite präsentiert sich aber auch der D-A-CH-Markt stark zersplittert. Etwa 30 bis 40 Anbieter von Kernanwendungen, von denen keiner einen grossen Marktanteil für sich reklamieren kann, kämpfen um Kunden. Dagegen wird das Bankenwesen, obwohl der Markt viel grösser ist, von deutlich weniger Anbietern mit hohen Marktanteilen beherrscht. Die von den Versicherern selbst entwickelten Anwendungen sind dabei noch nicht berücksichtigt.
Safety-First-Strategie
Versicherer handeln in der Regel konservativ und vorsichtig. Es braucht schon sehr viel, bis ein Versicherer seine Kernanwendung ablöst. Dafür gibt es zwei mögliche Gründe. Erstens: Die alten Anwendungen funktionieren gut genug und zweitens: Die Business-Anforderungen verändern sich nur langsam. Kaum ein Unternehmen ist erpicht darauf, ohne gewichtige Gründe das Risiko eines grossen Migrationsprojekts einzugehen.
Anders als im Bankenwesen heisst es bei Versicherern: Safety first. Deshalb werden zentrale Geschäftsprozesse oder Teile davon nur äusserst selten an externe Dienstleister (BPO) delegiert. Versicherer neigen im Zweifelsfall zum Selbermachen. Die Idee einer Insurance Factory, welche standardisierbare Prozesse wie die Verwaltung von MFZ-Policen übernimmt und Skalenvorteile realisiert, gibt es zwar schon lange. Grossen Erfolg hatte sie im D-A-CH-Markt allerdings bis heute noch nicht. Selten arbeiten Versicherer über einzelne Teile der Wertschöpfungskette zusammen, wie es im Bankenbereich seit langem üblich ist. So spräche eigentlich nichts dagegen, beispielsweise im Claims Management einzelne Schadenskategorien nicht selbst zu bearbeiten, sondern gemeinsam mit anderen Versicherern oder über einen dritten Dienstleister durchzuführen.
Anders als im Bankenwesen heisst es bei Versicherern: Safety first. Deshalb werden zentrale Geschäftsprozesse oder Teile davon nur äusserst selten an externe Dienstleister (BPO) delegiert. Versicherer neigen im Zweifelsfall zum Selbermachen. Die Idee einer Insurance Factory, welche standardisierbare Prozesse wie die Verwaltung von MFZ-Policen übernimmt und Skalenvorteile realisiert, gibt es zwar schon lange. Grossen Erfolg hatte sie im D-A-CH-Markt allerdings bis heute noch nicht. Selten arbeiten Versicherer über einzelne Teile der Wertschöpfungskette zusammen, wie es im Bankenbereich seit langem üblich ist. So spräche eigentlich nichts dagegen, beispielsweise im Claims Management einzelne Schadenskategorien nicht selbst zu bearbeiten, sondern gemeinsam mit anderen Versicherern oder über einen dritten Dienstleister durchzuführen.
Angst vor dem Umstieg
Wo liegen die Gründe für die grosse Vorsicht und Zurückhaltung? Erst einmal ist Insurance ein sehr lokales Geschäft, das stark von lokalen Marktstrukturen und Gesetzen beeinflusst wird. Das Bankenwesen, das in Teilbereichen wie dem Zahlungsverkehr mittlerweile standardisiert ist, funktioniert nach anderen Regeln. In der Versicherungsbranche ist es dagegen schwierig, Anwendungen europäisch oder gar global einzuführen.
Dazu trägt auch bei, dass europäische Länder ganz unterschiedliche Marktmodelle verfolgen. So haben in Grossbritannien Broker eine ganz andere Bedeutung als in der Schweiz oder Deutschland. In Spanien werden Lebensversicherungen weitgehend durch Banken verkauft, in der Schweiz oder in Deutschland kaum. Im Bankenbereich fallen die Unterschiede im Marktmodell kleiner aus. Diese Differenzen
erschweren die Einführung global einsetzbarer Software-Lösungen und begünstigen eine auf lokale Märkte und Anwendungsbereiche fokussierte Anwendungsentwicklung.
Erschwerend kommt hinzu, dass unter Versicherern keine langjährige und erfolgreiche Tradition der Zusammenarbeit existiert. Versicherer üben sich eher in Zurückhaltung und Isolationismus. Die Ablösung einer funktionierenden Kernanwendung ist, wie im Bankenwesen auch, in der Regel ein mit sehr hohen Kosten verbundenes Hochrisikoprojekt. Platzende Budgets und Projektabbrüche sind eher die Regel als die Ausnahme. Zudem ist der Business-Nutzen anfangs oft gering, da in einem ersten Schritt oft nur bestehende Funktionalitäten auf eine neue Plattform migriert werden. Viele Versicherer verzichten vor diesem Hintergrund lieber ganz auf eine Migration.
erschweren die Einführung global einsetzbarer Software-Lösungen und begünstigen eine auf lokale Märkte und Anwendungsbereiche fokussierte Anwendungsentwicklung.
Erschwerend kommt hinzu, dass unter Versicherern keine langjährige und erfolgreiche Tradition der Zusammenarbeit existiert. Versicherer üben sich eher in Zurückhaltung und Isolationismus. Die Ablösung einer funktionierenden Kernanwendung ist, wie im Bankenwesen auch, in der Regel ein mit sehr hohen Kosten verbundenes Hochrisikoprojekt. Platzende Budgets und Projektabbrüche sind eher die Regel als die Ausnahme. Zudem ist der Business-Nutzen anfangs oft gering, da in einem ersten Schritt oft nur bestehende Funktionalitäten auf eine neue Plattform migriert werden. Viele Versicherer verzichten vor diesem Hintergrund lieber ganz auf eine Migration.
Strategie-Empfehlungen
Trotzdem verändern sich in vielen Bereichen die Business-Anforderungen rasant, und die Anwendungsentwicklung muss, ob sie will oder nicht, nachziehen. Eine auf Erfolg ausgerichtete Strategie der Software-Beschaffung beherzigt daher folgende Maximen:
Versicherungshäuser sollten langjährig bewährte Kernanwendungen weiter betreiben, so lange das mit vernünftigen Kosten und abwägbaren Risiken möglich ist. Die hohen Kosten und Risiken von Migrationsprojekten werden dadurch erst einmal vermieden.
Versicherer müssen aber die bestehenden Kernanwendungen so anpassen, dass sie sich auch auf modernen Plattformen betreiben lassen. Stichwort Re-Engineering. Dadurch lassen sich neue Teilmodule leichter andocken und alte Anwendungen werden mit übernommen.
Sehr wichtig ist auch, diejenigen Bereiche zu identifizieren, die eine hohe Dynamik aufweisen. Dort sollte die IT-Abteilung rasch reagieren können. Dazu gehören der ganze Vertrieb (Multichannel Management), der Bereich Product Management, der sich mit der Einführung neuer Angebote befasst und das Claims Management. Dort kommt es darauf an, flexible Applikationen und Architekturen voranzutreiben, welche die spezifischen Business-Bedürfnisse rasch und mit überschaubaren Kosten und Risiken adressieren können
Versicherungshäuser sollten langjährig bewährte Kernanwendungen weiter betreiben, so lange das mit vernünftigen Kosten und abwägbaren Risiken möglich ist. Die hohen Kosten und Risiken von Migrationsprojekten werden dadurch erst einmal vermieden.
Versicherer müssen aber die bestehenden Kernanwendungen so anpassen, dass sie sich auch auf modernen Plattformen betreiben lassen. Stichwort Re-Engineering. Dadurch lassen sich neue Teilmodule leichter andocken und alte Anwendungen werden mit übernommen.
Sehr wichtig ist auch, diejenigen Bereiche zu identifizieren, die eine hohe Dynamik aufweisen. Dort sollte die IT-Abteilung rasch reagieren können. Dazu gehören der ganze Vertrieb (Multichannel Management), der Bereich Product Management, der sich mit der Einführung neuer Angebote befasst und das Claims Management. Dort kommt es darauf an, flexible Applikationen und Architekturen voranzutreiben, welche die spezifischen Business-Bedürfnisse rasch und mit überschaubaren Kosten und Risiken adressieren können
Zum Autor: Richard Schwab ist Perner bei anteo Partners. Das Zürcher Unternehmen unterstützt IT-Firmen im Bereich Merger & Acquisition sowie Corporate Finance