Führungstipps
08.02.2019, 09:39 Uhr
Wie Manager auf Kurs bleiben
Jedes Schiff braucht seinen Kapitän. Wer führt, steht auf der Brücke, kommuniziert, leitet und wird beobachtet. Man ist ein Vorbild – im Umgang mit Mitarbeitern und im Dienst des Kunden.
Führungskräfte leben vor, lenken und coachen ihre Teams – stets mit Blick auf die Wünsche der Kunden
(Quelle: iStock/Mbbirdy)
Sie gibt es zuhauf: Leader, die Unsichtbarkeit als Zeichen der Stärke deuten respektive davon überzeugt sind, dass «die anderen es ruhig wissen sollen, dass ich viel zu tun habe». Dabei wird ein Vorgesetzter per se nicht an seiner Arbeitsmenge gemessen oder sollte es zumindest nicht, sondern an den erreichten Zielen. Diese werden aber nur erreicht, wenn die Kultur des Unternehmens ein Mitarbeiter-Engagement fördert, das echt ist, und den Kunden ins Zentrum des Handelns stellt. So steht es zumindest in 80 Prozent aller Leitbilder. Aber wenn dem so ist, müsste es uns als Kunden ja gut gehen, oder nicht?
Hier beginnt die erste Herausforderung für Führungskräfte. Denn eine «Kultur», die den Kunden in den Fokus rückt, kann und soll nicht einfach nur mit einem Workshop eingeführt, sondern allenfalls damit unterstützt werden. Auch ein paar stylish gestaltete Plakate, auf denen «Kundenfokus forever» oder etwas ähnlich Pathetisches steht, bringen nichts. Und der Befehl «Der Kunde gehört ins Zentrum» reicht ebenfalls nicht aus. Was es braucht, ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein Vorbild. Der Leader steht nicht nur sichtbar auf der Brücke, sondern handelt auch ganz persönlich in seinen Kernaufgaben danach.
Kernaufgabe 1: Motivation
Was motiviert Mitarbeiter? Eine exzellente Frage, die sich mit drei Aufforderungen beantworten lässt: Seien Sie selbst motiviert! Hören Sie auf zu demotivieren! Bieten Sie echte Mitbeteiligung! Führungskräfte befinden sich immer auf der Handlungsebene. Sie sind es, die Veränderungen initiieren, diese anstossen. Wer aktiv ist, ist automatisch motiviert und kann seine Motivation auch bei anderen auslösen. Es macht also Sinn, sich selbst zu hinterfragen, ob man selbst wirklich top motiviert ist. Viele Leader gehen davon aus, dass sie Mitarbeiter motivieren müssen, weil es diese nicht sind. Dabei kommen die meisten Mitarbeiter motiviert an den Arbeitsplatz, erfahren dann aber «Demotivation». Und damit geht es auch schon an die eigentliche Führungsaufgabe. Wichtig zu wissen: Die meisten Menschen schätzen Freiraum für die Gestaltung ihrer Arbeit immens. Gemäss den Herzbergschen Motivationsfaktoren ist die Mitbeteiligung über alles hinweg sogar der zentrale Motivator. Überlegen Sie sich als Vorgesetzer, was Sie zwingend haben möchten, dann teilen Sie es so mit. Alles andere, wie beispielsweise der Weg zum Ziel, darf und soll man dem Einzelnen überlassen. Klar, die einen sind froh um Unterstützung, dann geben Sie einen Anschub, aber auch nicht mehr. Denn wer selbst auf die Lösung kommt, wer diese selbst austesten und erfolgreich umsetzen kann, ist stolzer und motivierter.
“Drei von vier Mitarbeitern wünschen sich einen anderen Vorgesetzten„
Stefan Häseli
Kernaufgabe 2: Kommunikation
Laut einer nicht repräsentativen Umfrage des Stellenportals Monster mit über 2400 Teilnehmern hätten 75 Prozent gerne einen anderen Vorgesetzten als den derzeitigen. Der Grossteil ist vor allem mit dem Kommunikationsverhalten der Vorgesetzten nicht zufrieden. Der Klassiker «kommuniziert zu wenig» führt hierbei die Rangliste an. Nicht weit dahinter folgen «kommuniziert nicht offen/nicht ehrlich/nicht verständlich/wenig wertschätzend». Unabhängig von der Menge an Kommunikation, stellt sich also die Frage nach deren Qualität. Wenn man schon spricht, sollte man es doch auch gleich richtig machen – mit einer durchdachten, auf Wirkung zielenden Gesprächsführung. Vor allem sollte jede Art der Kommunikation stets ein Ziel haben. Das ist kein Appell für «weniger reden» – auch oberflächliche Gespräche können Ziele haben, etwa eine Beziehungskomponente und Warmlaufphase. Aber wer sich nicht bewusst ist, welches Ziel er hat, wenn er mit einem Menschen redet, läuft Gefahr, dass etwas schiefläuft. Darum als Führungskraft ruhig einmal kurz (oder auch länger) überlegen: Was will ich mitteilen? Was will ich erreichen? Und dann genau dieses Ziel verfolgen und kein verstecktes. Menschen durchschauen das. Hören Sie also auf, Mitarbeitern Dinge nach alter Methode «zu verkaufen», seien Sie einfach offen, zielorientiert und ehrlich!
Gleiches gilt auch für den Umgang mit Kunden. Der Leader gestaltet Prozesse und Produkte. Beide sollen im ersten Schritt tatsächlich kundenorientiert sein. Dass dies oftmals nicht der Fall ist, zeigen Beispiele zuhauf. Oder was meinen Fluggesellschaften wohl, was Passagiere auf Langstreckenflügen brauchen? Sind das eine neue Herrenuhr, ein Calvin-Klein-Parfüm, eine dünne Synthetikdecke, überteuerte Drinks, Kopfhörer mit schlechtem Ton, vakuumverpacktes Essen? Oder was der Passagier wirklich will: Beinfreiheit! Oder das Unternehmen, das Kundenanliegen ausschliesslich per Ticketsystem und Kontaktformular entgegennimmt und beantwortet. Mit der Begründung, dass so alles besser nachvollziehbar sei. Die Kunden sind unzufrieden damit – und was tut das Unternehmen? Es ändert nicht die Situation, sondern verbessert nur die Formulierung, damit sie geschliffener klingt. Und am Schluss staunt man, weshalb die Kunden immer noch nicht zufrieden sind.
Leitbilder müssen leben
In unaufdringlicher Penetranz strahlen sie von den Websites und Startbildschirmen – die letztlich nichtssagenden Sprüche wie «Wir stehen alle von morgens bis abends im Dienst unserer Kunden». Eine Studie in einer Wirtschaftszeitung bei den 100 grössten Schweizer Unternehmen zeigt, wie austauschbar die häufigsten Begriffe in Leitbildern sind: Auf Rang eins (35 %) Innovation und Kundenfokus, dicht gefolgt von Verantwortung (25 %) und Qualität (23 %). Solche Aussagen füllen auch die PowerPoint-Slides von Führungskräften. Deshalb ist es wichtig, sie zu hinterfragen und zu konkretisieren. Was ist innovativ – für unsere Kunden? Was verstehen wir unter Qualität? Anstatt «Innovation ist wesentlicher Treiber unseres Erfolgs» vielleicht einmal das, was ich in einer Privatschule gelesen habe: «Wir führen unsere Schüler und Schülerinnen dahin, den Herausforderungen ihres künftigen Lebens gewachsen zu sein». Ob das nun ein Wert oder ein Ziel ist, kann eine akademisch-philosophische Diskussion unter Leitbildpuristen auslösen. Klar ist, dass Mitarbeiter dies aber zumindest verstehen und ein Wert nachvollziehbar wird. Genau darum geht es im Grunde, wenn Leader ihrer Rolle gerecht werden.
“Fragen Sie die Mitarbeiter, woran sie arbeiten und wie dies dem Kunden hilft„
Stefan Häseli
Was hat der Kunde davon?
Eine Führungskraft fordert im zweiten Schritt natürlich auch ein. Kundenfokus gehört in die Köpfe. Genau da kommt «Speed-Coaching» zur Anwendung, das im Leader-Alltag «Mal-schnell-zwischendurch-gesagt-und-gefragt» mit Coaching-Elementen verbindet. Als Beispiel: Wenn Sie einen Mitarbeiter etwa im Kaffeeraum antreffen, fragen Sie ihn doch, woran er gerade arbeitet. Und auf seine Antwort stellen Sie die Folgefrage: «Können Sie mir noch konkret sagen, was der Kunde davon hat, wenn Sie Ihre Arbeit gut machen?» Ein Feldtest zeigt, dass über die Hälfte der Befragten Mühe hat, spontan zu antworten. «Ich bin für interne Dienstleistungen zuständig» oder «Ich arbeite in der Personaladministration, da haben wir keinen Kundenkontakt» sind nur zwei Beispiele von Leuten, die es sicher gut meinen, aber noch nicht ganz verstanden haben, dass es immer nur um einen geht: den Kunden. Und das ist ganz demütig und diakonisch auch beim Leader nichts anderes: Er steht im Dienst des Kunden, indem er vorlebt, gestaltet und coacht.
Der Autor
Stefan Häseli
regt als internationaler Speaker dazu an, wirkungsvolle Kommunikation im Alltag mit Spass zu erleben. Der 5-Sterne-Redner ist Autor zahlreicher Bücher und bekannt als Ratgeber in mehreren Radio- und TV-Sendungen.