Leadership: «Command and Control hat es jetzt schwerer»
Es stellen sich neue Fragen für Leader
Es verwundert wohl nicht, wenn Schüz auch das Home Office begrüsst. Was vor 20 Jahren «bei IBM als Pionierleistung galt, dürfte nach Covid-19 selbstverständlich werden, zu gross sind die Vorteile sowohl für die Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmerseite», aber auch aufgrund der geringeren Zahl der Pendler für die natürliche Umwelt. Die Zürich Versicherung Schweiz plant daher, auch nach der Corona-Pandemie die Heimarbeitsplätze zu mindestens 50 Prozent beizubehalten. Diese Art der Arbeitsplatzgestaltung fördere mit dem sogenannten «Unbossing» auch die noch konsequentere Umsetzung der alten Idee des Empowering, fügt er an: «Jeder ist sich selbst sein eigener Boss, der wie ein Unternehmer seine Ideen zur Vermarktung bringt.» Die Schattenseiten dürften allerdings dabei nicht übersehen werden. Das Konzept, das auf einer hohen Eigenverantwortung basiert, «funktioniert bei einigen, aber nicht bei allen».
“Vertrauen ist tatsächlich ein Geheimtrank, wenn es um den Umgang mit Unsicherheit geht„
Antoinette Weibel, Universität St. Gallen
Klar ist angesichts von Corona jedoch, dass Führungskräfte aller Stufen Antworten auf Fragen zu finden haben, die sich bisher nicht stellten. In einer Arbeitswelt, die so massiv auf Remote Work und Home Office zum Beispiel via Zoom-Konferenzen, Videocalls oder virtuelle Townhalls setzen muss, scheinen zumindest auf den ersten Blick erprobte Leadership-Modelle an ihre Grenzen zu kommen.
Allerdings ist das nichts Neues, sagt Volkmar Völzke von der Schweizer New Pace Consulting und stellt fest, dass sich mit Corona an den Leadership-Grundprinzipien «rein gar nichts verändert» hat. Wie in allen Krisen sei auch diese ein Verstärker und eine Chance. So würden bisherige Defizite durch die neue Situation verstärkt wie etwa mangelndes Vertrauen oder unklare Erwartungen. Umso wichtiger sei es, in schwierigen Zeiten auf die Chancen von Leadership zu fokussieren anstatt auf die Probleme. Jetzt werde in den meisten Branchen ein «Leader-Leader»-Modell mit hoher Eigenverantwortung gebraucht: «Nur damit können wir die hohe Produktivität bei anspruchsvoller Arbeit als Wettbewerbsvorteil halten», erklärt der Unternehmensberater und Management-Coach. Allenfalls in «einigen Nischen wird sich das alte Modell (Leader-Follower) noch halten».
Insgesamt seien die meisten Ansprüche an Führungskompetenz wie Klarheit, Fokus, Ambition oder Empowerment aber genau gleich geblieben. «Wer schon bisher stark auf Empowerment gesetzt hat, kann in jeder neuen Umgebung davon profitieren. Command and Control als Leadership hat es jetzt schwieriger.» Daran ändere sich auch dann nichts, wenn man sich nur begrenzt physisch treffen kann und Remote-Werkzeuge nicht mehr wegzudenken sind. Wichtig sei dabei, dass man als «Führungsperson einen Hebeleffekt hat: Mein eigenes Denken und Verhalten wird durch die Mannschaft verstärkt.» Da das meist sehr unbewusst geschieht, sei eben das Demonstrieren von Zuversicht und Vertrauen in die Zukunft extrem wichtig. «Übrigens hat das nichts mit Krisen zu tun, man sollte es sowieso immer machen», schiebt er nach.