«Ein Chief Digital Officer ist keine Alibiübung»

So viel Digitalisierung ist machbar

CW: Wie viel Digitalisierung verträgt eine Verwaltung?
Zech: Im Vergleich mit der Privatwirtschaft, in der ganze Geschäftsfelder von digitalen Playern bereits heute an­gegriffen werden, ist die Verwaltung momentan noch weniger direkt davon betroffen. Trotzdem bin ich überzeugt, dass auch in der Verwaltung alles digitalisiert werden wird, was digitalisiert werden kann. Deshalb ist es wichtig, dass sich Verwaltungen intensiv mit der Digitalisierung auseinandersetzen und entsprechend handeln.
Christoph Zech im Gespräch mit Computerworld-Redaktor Mark Schröder
Quelle: Samuel Trümpy
CW: Wird die Verwaltung allein durch das Abschaffen von Medienbrüchen schon digitaler?
Zech: Die digitale Transformation steht für eine konti­nuierliche, tiefgreifende Veränderung der Interaktion mit den Bürgern sowie eine Veränderung der Verwaltungs­prozesse. Aber auch für neue Services und Dienstleistungen auf Basis neuer digitaler Technologien.
Sie ist nicht zu verwechseln mit der Digitalisierung, wie sie bereits seit über 40 Jahren betrieben wird. Lange ging es nur darum, Prozesse zu digitalisieren. Man muss aufpassen, dass man nun nicht einfach bestehende Prozesse digitalisiert. Ansonsten läuft man Gefahr, dass man aus «schlechten Prozessen» lediglich «schlechte digitalisierte Prozesse» macht.
CW: Wie ist die Informatik der Stadt Winterthur auf­gestellt? Können Sie bitte einige Eckdaten nennen?
Zech: Die Informatikdienste sind ein zentraler Full Service Provider der Stadtverwaltung. Der Bereich hat zwei Hüte auf: erstens die Steuerung der ICT durch Vorgabe der Strategie, der Richtlinien und Standards. Zweitens haben sie einen Leistungsauftrag, den sie erfüllen durch den Betrieb der IT-Infrastruktur, das Realisieren von Projekten und den Bezug von Dienstleistungen.
Die Leistungsbezüger sind alle sieben Departemente mit über 60 Ämtern und Bereichen. Die Kunden sind quasi 60 KMU mit vollkommen unterschiedlichen Bedürfnissen: von den Blaulichtorganisationen über kulturelle und so­ziale Einrichtungen bis hin zu den Schulen.
Bei den Informatikdiensten sind rund 60 Mitarbeiter angestellt. Sie betreiben unter anderem zwei Rechenzentren mit 410 Servern, auf denen rund 700 Informatikanwendungen laufen. Die Client-Landschaft in den 300 erschlossenen Gebäuden besteht aus 4200 Netzwerkdosen mit 4000 Arbeitsstationen – sowohl Notebooks als auch PCs. Daneben sind 1700 Drucker aufgestellt. Die gut 5300 Benutzer kommunizieren über 3300 Festnetz- und 2300 Mobiltelefone. Für diese Infrastruktur haben die Informatikdienste ein Budget von jährlich rund 22 Millionen Franken.
“Die 60 Informatiker in der Stadtverwaltung betreiben rund 700 Fachanwendungen„
Christoph Zech, Stadt Winterthur
CW: Welches Projekt haben die Informatikdienste zuletzt abgeschlossen?
Zech: Hier können stellvertretend für viele realisierte Projekte folgende zwei genannt werden: 2017 wurde die
gesamte Stadtverwaltung von analoger auf IP-Telefonie umgestellt. Mit dem Projekt «ICT-Primar» wurden gemeinsam mit dem Bereich Bildung alle Primarschulen mit neuer IT-Technologie ausgerüstet. Aktuell arbeitet ein Teil der Informatiker in der Stadtverwaltung an der Migration der Clients von Windows 7 auf Windows 10. Dieses Grossprojekt soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.
Daneben läuft zurzeit der Relaunch des Intranets. Dieses Projekt ist wie alle Vorhaben der Informatik den Submissionsgesetzen unterworfen und verursacht neben dem hohen organisatorischen und technischen Aufwand auch einen erheblichen administrativen Aufwand.
CW: Gab es allenfalls von den Informatikdiensten getriebene Projekte, um die Verwaltung zu digitalisieren?
Zech: Das Thema E-Government wurde wesentlich durch die Informatikdienste lanciert. Schon sehr früh hatte die Stadt Winterthur ein umfassendes Internet-Portal mit diversen E-Services. Winterthur galt im Bereich E-Government lange Zeit als Pionierstadt und erhielt dafür auch eine Auszeichnung im Rahmen von «Best of Swiss Web». Winterthur verfügte auch als erste Grossstadt über eine mobile App. Immer wieder treiben die Informatikdienste im Sinne der modernen Verwaltung die Digitalisierung voran. Das ist schlechthin gesagt allerdings auch «ihr Job».



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