Voip in der Schweiz
16.10.2006, 09:27 Uhr
Ist die Zeit reif?
Seit über zehn Jahren ist Voice over IP (Voip) ein Thema in den Medien und an Kongressen. Eine Studie von Dr. Pascal Sieber & Partners hat untersucht, inwiefern Schweizer Unternehmen für eine Migration auf Voip vorbereitet sind, und welche Potenziale sie darin sehen.
Damit Unternehmen auf Voip umsteigen, müssen einige Voraussetzungen gegeben sein: Die einen sind infrastruktureller Art. Für einen störungsfreien Einsatz von Voip muss die Netzwerkinfrastruktur die notwendigen Voraussetzungen erfüllen. Die gesamte interne wie externe Infrastruktur muss genügend Kapazität aufweisen und möglichst stabil laufen. Zur Berechnung der nötigen Kapazität sollten unbedingt die Spitzenwerte herangezogen werden, damit die Internettelefonie wirklich jederzeit verfügbar ist. Für Gespräche in ISDN-Qualität ist pro Gespräch eine Bandbreite von etwa 100 KBit pro Sekunde zu reservieren.
Im Netzwerk eines Unternehmens verkehren Datenpakete von unterschiedlicher Dringlichkeit. Durch die Einführung einer Ouality of Service werden die Voip-Datenpakete bevorzugt durch das Netzwerk geschleust. Die maximale Kapazität des Netzwerks kann damit geringer ausgelegt werden. Auf der Infrastrukturebene ist die Voraussetzung, dass das Netzwerk auch für die Sprachkommunikation genügend Bandbreite bietet.
Eine weitere Rahmenbedingung sind die finanziellen Mittel. Hat ein Unternehmen erst vor kurzem in eine neue Telefonanlage auf der Basis herkömmlicher Technik investiert, ist es unwahrscheinlich, dass das Unternehmen diese Investition so rasch abschreibt. Dennoch gibt es auch Fälle, in denen sich ein Wechsel bereits vor Abschreibung der bestehenden Anlage finanziell auszahlt. Bei Telefonanlagen geht man heute von durchschnittlichen Abschreibungsdauern von sieben Jahren aus.
Auf der finanziellen Ebene sind die Voraussetzungen, dass die bestehende Telefon-anlage abgeschrieben ist und das Unternehmen über genügend finanzielle Mittel für die Investition in Voip verfügt.
Im Weiteren müssen Unternehmen der Technologie vertrauen. Für einen breiten Durchbruch einer Innovation braucht es stets die Überzeugung, dass die Technologie einen Nutzen stiften kann. Diese Überzeugung ist anfangs nur bei einigen ausgewählten Pionieren vorhanden, erst später bei der breiten Masse. Die Voraussetzungen auf der Ebene des Vertrauens sind, dass die Unternehmen daran glauben, dass es keine Sicherheitsprobleme mit Voip gibt und dass sie überzeugt sind, dass die Sprachqualität hoch ist.
Die Voraussetzungen für Voip sind auf der Infrastrukturebene sowie in finanzieller Hinsicht gut entwickelt. 51 Prozent der befragten Unternehmen verfügen gemäss eigenen Angaben über genügend Bandbreite, um die Sprachkommunikation sicherzustellen. Gerade 13 Prozent beurteilen ihre Bandbreite als ungenügend für Voip. Die Hälfte der Teilnehmer hat die bestehende Telefonanlage schon zu einem grossen Teil abgeschrieben. Viele Unternehmen werden die finanziellen Mittel zur Verfügung haben, um in Voip zu investieren.
Auf der Ebene des Vertrauens zeigen die befragten Unternehmen wenig Angst vor Sicherheitsproblemen. Nur ein Fünftel der Teilnehmer glaubt, dass Voip mit Sicherheitsproblemen verbunden sei. 53 Prozent der Unternehmen sehen aber keinen Grund zur Annahme, dass Voip die Sicherheit negativ beeinflusst.
Etwas kritischer beurteilen die Unternehmen die Sprachqualität. 42 Prozent vertrauen in die Sprachqualität von Voip. Ebenso viele Teilnehmer erwarten keine ernsten Probleme bei der Sicherstellung der Sprachqualität. Auch Unternehmen, die Voip noch nicht einsetzen, beurteilen weder die Sicherheit noch die Sprachqualität kritisch.
Voip stiftet Nutzen
Die Voraussetzungen für Voip in Schweizer Unternehmen sind also geschaffen. Doch welche konkreten Vorteile bietet Voip, damit ein Unternehmen tatsächlich migriert?
Die zunehmende Konvergenz der Telekommunikations- und IT-Netzwerke ist nicht nur Triebfeder für den Einsatz von Voip, sondern dahinter verbergen sich auch konkrete Einsparpotenziale: Durch die gemeinsame Nutzung des Netzwerkes sowohl für die Daten- wie auch die Sprachkommunikation müssen nicht mehr zwei Systeme gewartet werden. Synergieeffekte ergeben sich aber nicht nur durch die gemeinsame Nutzung des Netzwerks, sondern auch durch eine einheitliche Netzwerktechnik. Damit entsteht Einsparungspotenzial im personellen Bereich. Die gesamten Wartungs- und Betriebskosten für das Datennetzwerk und die Telefonanlage lassen sich so reduzieren. Dies ist der wichtigste Grund für die Einführung von Voip. Als etwas weniger wichtig wird die vereinfachte Administration der Telefoninfrastruktur beurteilt. Die Kosten für den Anschluss neuer und gezügelter Arbeitsplätze (Move, Add and Change) können ebenfalls reduziert werden. Erst an dritter Stelle folgen die Gesprächskosten. Aber auch hier erwarten Unternehmen Einsparungen. Firmeninterne Telefonate sind praktisch gratis, sofern alle Standorte über eine Voip-Anlage verfügen. Dies zeigt sich auch darin, dass heute vor allem dezentral organisierte Unternehmen mit mehreren Standorten Voip einsetzen. Für Unternehmen mit Standorten in verschiedenen Nationen stimmt das in verstärktem Masse. Dieser Grund ist weniger wichtig als die Betriebs- und Wartungskosten. Dies erklärt sich durch den Preiszerfall der Kosten für das Telefonieren seit der Liberalisierung des Telefonmarktes. Für die wenigsten Unternehmen stellen die Telefongebühren einen gewichtigen Kostenpunk dar, wie etwa für Call-Center-Betreiber.
Die Unternehmen gehen davon aus, dass sich die Kosten für das gesamte Projekt rechnen. Die Investitionen in die Voip-Technik sowie die Kosten der Implementierung werden über die Nutzungsdauer der Technik mit den reduzierten Betriebs-, Administrations- und Gesprächskosten aufgewogen.
Die Kostenvorteile sind ein gewichtiges Argument für die Voip-Migration. Die Schweizer Unternehmen sind sich aber ebenso über den Nutzen von Mehrwertapplikationen im Klaren.