Top 500 15.09.2010, 06:00 Uhr

Es wird wieder investiert

Der gesamtwirtschaftliche Aufwärtstrend in Schweizer Unternehmen schlägt sich positiv auf die Investitionsbereitschaft in IT nieder. Der von IDC und Computerworld erhobene Swiss IT-Index zeigt eine deutlich aufgehellte Stimmung.
Joachim Benner ist Research Analyst bei IDC Frankfurt
Einmal mehr hat sich gezeigt, wie schnell es gehen kann: Praktisch über Nacht hat die Wirtschaftskrise alle Prognosen obsolet gemacht - auch bei den IT-Investitionen. Langfristige Vorhersagen sind für eine vernünftige Planung unentbehrlich, es lohnt aber immer auch ein korrigierender Blick auf die ganz nahe Zukunft. Computerworld hat deshalb in Zusammenarbeit mit dem internationalen Marktforschungsunternehmen IDC den Swiss IT-Index ins Leben gerufen. Viermal im Jahr befragen wir dazu die Schweizer IT-Entscheider zu ihren Investitionsplänen für das nächste halbe Jahr. Die ersten Ergebnisse liegen mit dieser Ausgabe vor. Aus den Interviews mit mehr als 450 IT-Entscheidern aus allen Bereichen der Schweizer Wirtschaft hat IDC ermittelt, wie es aktuell um die Investitionsbereitschaft der Unternehmen steht: Derzeit zeigt die Stimmungskurve wieder nach oben.

Optimistische Branchen

Der Swiss IT-Index klettert im Sommer 2010 gegenüber dem Indexwert von vor sechs Monaten auf 112,8 (+5,7) Punkte. Das Konjunkturbarometer signalisiert damit, dass sich die Stimmung in den Schweizer IT-Abteilungen deutlich aufgehellt hat; die Unternehmen investieren wieder verstärkt in IT. Dabei ist sowohl die Anzahl der Unternehmen, die heute schon mehr für ihre IT ausgeben, als auch die Anzahl derer, die in den kommenden Monaten höhere IT-Ausgaben planen, gegenüber der Befragung im Winter 2009/2010 gestiegen. Der konjunkturelle Aufschwung der Schweizer Wirtschaft ist auch bei der IT angekommen. Die derzeit vielfach diskutierte Gefahr eines «Double Dips», also eines erneuten Konjunktureinbruchs, fürchten die Schweizer IT-Verantwortlichen demnach nicht.
Besonders optimistisch, was die Investitionsvorhaben in den kommenden sechs Monaten betrifft, sind die IT-Verantwortlichen bei den Energieversorgern, im Gesundheitswesen und in der Fertigungsindustrie. Banken wie Assekuranzen, die in der Schweiz zu den wichtigsten Investoren in IT zählen, und der Handel sind hingegen nicht ganz so investitionsfreudig. Zwar stehen auch hier die Zeichen auf Erholung, doch ist der Anteil der Unternehmen, die steigende IT-Ausgaben erwarten, im Vergleich zu den übrigen Industriezweigen am geringsten.

Warum investiert wird ...

Das wichtigste Motiv zu investieren, ist aktuell der Ersatz bestehender IT-Systeme. So plant ein Drittel der befragten Unternehmen in den kommenden sechs Monaten, bestehende IT zu ersetzen. Hier zeigt sich auch, dass viele Unternehmen während der zurückliegenden Krise aus Kostengründen mit Ersatzinvestitionen sparsam umgegangen sind. Der sich dadurch angesammelte Investitionsstau wird nun verstärkt abgebaut. 28 Prozent der Unternehmen investieren in IT, um die aktuellen Anforderungen des Managements und der Fachabteilungen erfüllen zu können. Kosteneinsparungen und Rationalisierung stehen als Investitionsmotiv dagegen nur bei wenigen Unternehmen im Vordergrund.
In der Industrie sowie bei Unternehmen aus der Verkehrs- und Logistikbranche steht das Motiv «Ersatzinvestition» besonders stark im Vordergrund. Gerade diese sehr exportabhängigen Branchen waren stark von der Krise betroffen und haben zum Teil deutliche Einsparungen in der IT vorgenommen. Nun muss hier bei besonders vielen Unternehmen IT ersetzt werden. Der Anteil der Firmen, die ihre IT-Kapazitäten erweitern wollen, ist wiederum bei den Unternehmensdienstleistern vergleichsweise hoch.

... und warum nicht investiert wird

Der grösste Hemmfaktor, der Investitionen in die IT im Wege steht, ist allerdings die angespannte Budgetsituation. Rund die Hälfte der befragten IT-Entscheider hat mit Finanzierungsengpässen zu kämpfen. Annähernd ein Viertel leidet nach wie vor unter der unsicheren konjunkturellen Entwicklung. Dies zeigt, dass die Auswirkungen der Krise und der rigorose Sparkurs vieler Unternehmen nach wie vor spürbar und die Folgen der Rezession noch nicht vollständig überwunden sind. Besonders deutlich ist dies in der Fertigungsindustrie, aber auch bei den Finanzdienstleistern.
Immerhin 11 Prozent der Unternehmen sehen in den politischen Rahmenbedingungen in der Schweiz einen Hemmfaktor für weitere Investitionen in ihre IT. Besonders hoch ist dieser Anteil bei den Banken. Hier mag die Forderung nach höheren Eigenkapitalquoten, aber auch die Diskussion um Grössenbeschränkungen und um die Abschaffung des Universalbankenprinzips eine Rolle spielen. Ein Mangel an IT-Fachkräften besteht nach Meinung der befragten IT-Entscheidern akut nur in wenigen Unternehmen. Wenn der Aufschwung an Fahrt gewonnen hat, dürfte das Problem aus Sicht von IDC allerdings wieder deutlich an Schärfe gewinnen. Gar keinen Hinderungsgrund für Investitionen sehen immerhin 20 Prozent.

Stimmungswechsel in Sicht

Insgesamt deckt sich das Stimmungsbild der schweizerischen IT-Verantwortlichen mit den Erwartungen von IDC zur Entwicklung des Schweizer IT-Markts. Die deutliche konjunkturelle Belebung hat auch zu einer Steigerung der Investitionsbereitschaft der Unternehmen in IT geführt. Allerdings sind die retardierenden Effekte der Rezession weiterhin spürbar.
IDC erwartet in diesem Jahr einen Anstieg der IT-Ausgaben in der Schweiz von 1,5 Prozent, nach einem Rückgang von ca. 5 Prozent im Vorjahr. Zulegen können dabei alle Bereiche, sowohl Hardware wie auch Software und IT-Services. Im kommenden Jahr werden die Aufschwungkräfte endgültig die Oberhand gewinnen, die Ausgaben der Unternehmen und der privaten Haushalte in IT werden dann um knapp 3Prozent zulegen.
Swiss IT-Index: Das aktuelle Investitionsbarometer

Der Swiss IT-Index erfasst die Investitionsbereitschaft Schweizer Unternehmen in IT. Abgefragt wird unter anderem, wie sich die Investitionen in IT nach Meinung der Befragten in ihrem Unternehmen in den kommenden 6 Monaten entwickeln werden, und wie sich die IT-Investitionen in den vergangenen Monaten entwickelt haben. Hieraus ermittelt IDC den Swiss IT-Index, der Aufschluss über das Investitionsklima der Unternehmen in der Schweiz gibt. Der Index ist auf 100 normiert, dabei signalisieren Werte über 100 steigende Investitionen, während Werte unter 100 auf fallende IT-Ausgaben und eine schlechtere Stimmung bei den IT-Verantwortlichen schliessen lassen. Interviewt wurden in der aktuellen Umfrage über 450 IT-Entscheider aus allen Bereichen der Schweizer Wirtschaft. Die Ersterhebung erfolgte im Winter 2009/2010, die zweite fand im Sommer 2010 statt.

www.idc.de
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Joachim Benner



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