Apple-Chef Tim Cook
10.08.2016, 12:23 Uhr
«Apple wird es noch in 1000 Jahren geben»
Apples Innovationsmaschine stottert. Aber die Firma scheint das nicht zu kratzen. Apple-Chef Tim Cook macht auf Optimismus.
Das schafft auch nur Apple: Tim Cook präsentiert den grössten Einbruch in der Geschäftsentwicklung seit 2003 - und die Aktie steigt. Die Erlöse sanken im letzten Quartal um 15 Prozent, der Nettogewinn ging sogar um 27 Prozent zurück. Besonders die Abverkäufe im Riesenmarkt China brachen um 33 Prozent weg, und besonders das mit Abstand wichtigste Produkt - das iPhone - schwächelt. Konkurrenten wie Amazon, Facebook, Google und Microsoft protzen dagegen mit Erfolgsmeldungen. Trotzdem schoss das Apple-Papier an der Börse um sieben Prozent nach oben. Apple scheint das alles nicht zu kratzen. Oder doch? Apple soll es noch in tausend Jahren geben, meinte Apple-Chef Jim Cook im grossen Sommer-Interview. Den Zuschlag bekam der bei uns nur Insidern bekannte Reporter Rick Tetzeli von 'Fast Company', der das Gespräch führte. Computerworld präsentiert die interessantesten Passagen des gut 20 Seiten langen Interviews. Natürlich will Cook damit den Weg bereiten für den Markt-Launch des iPhone 7 in einigen Wochen. Der Apple-Boss spricht aber auch erstaunlich kritisch über sich, über die Firma, spricht von Fehlschlägen, und wie man damit umgeht.
Unter Cooks Ägide scheint Apple verletzlicher und angreifbarer geworden zu sein. Die letzten Produkte waren nicht so perfekt und innovativ wie gewohnt. An die Mega-Erfolgsserie von 2001 bis 2010: iPod - iPhone - iPad, daran konnte Cook bislang nicht anknüpfen. "Apple ist dem Untergang geweiht (Apple is doomed)", schrieb Forbes. Natürlich nicht, halten andere dagegen.
Riesenflop Apple Maps: Komplexität unterschätzt
Aber: Die Einführung von Apple Maps 2012 unter Cook war ein Riesenflop - die Fehler waren Legion. Brücken endeten in Flüssen, Spitäler waren dort, wo eigentlich Einkaufszentren standen, Start- und Landebahnen für Flugzeuge wurden mit Hauptverkehrsstrassen verwechselt. "Wir haben die Komplexität des Produktes total unterschätzt, und es war uns natürlich wahnsinnig peinlich", gibt Cook zu.
Allerdings gab es auch unter Steve Jobs Fehlschläge, zum Beispiel: Die nahezu unbrauchbare Maus des ersten iMacs 1997, der PowerMac G4 "Cube", schön anzusehen, aber wenig verkauft, das Musik-Smartphone Rokr, das Apple zusammen mit Motorola 2005 auf den Markt brachte. Apple-Kenner glauben, dass sich bereits unter Jobs Erfolge und Fehlschläge in etwa die Waage hielten. Entscheidend sei zuzugeben, dass man etwas verbockt habe, und sich dann zu ändern, meint Cook. «Diesen Mut muss ein CEO aufbringen, das ist das Wichtigste». Apple soll es noch in 1000 Jahren geben, aber «wir haben nie gesagt, dass wir perfekt sind. Wir streben Perfektion immer an, liegen aber manchmal daneben». Nächste Seite: Steve Jobs' Erfolgsrezept - Apples Zukunft
Steve Jobs: Fokus aufs Wesentliche
Verzettelt sich Apple unter Cook, kämpft an zu vielen Fronten? Apple Watch, Apple Pay, Apple Maps, das selbstfahrende Auto, iPads und iPhones in allen möglichen Grössen. Die Stärke von Jobs bestand auch darin, mindestens ebenso häufig 'Nein' wie Ja' zusagen, Features, Produkte und Geschäftsideen, die ihm nicht passten, einfach zur Seite zu fegen, um sich dann auf eine Handvoll Mega-Topics zu konzentrieren. Das muss man können. Aber kann das auch Tim Cook? Schon in den 90er-Jahren ähnelte Apples Portfolio einem Gemischtwaren-Laden, und der Umsatz dümpelte so vor sich hin. Bis im neuen Jahrtausend dann die Mega-Erfolgsgeschichte begann. Die Sorge davor ist noch immer lebendig.
Zumal der Blockbuster, mit dem Apple mehr als 60 Prozent seines Umsatzes einfährt, anfängt zu schwächeln: das iPhone. Es ist sehr gut möglich, dass Apple nie wieder ein Produkt auf den Markt bringen wird, dass sich so gut verkauft wie das iPhone. «Das iPhone hat den grössten Markt auf Erden für elektronische Geräte erobert», sagt Cook. Jeder will ein iPhone, und es gibt «nicht viele Dinge auf der Welt, von denen man das sagen kann».
Gesundheit - das 9-Billionen-Geschäft
In Sachen verkaufter Einheiten mag das zutreffen, aber in Sachen Umsatz sehe die Dinge ein wenig anders aus, glaubt Cook-Interviewer Tetzeli. Der Entertainment-Markt sei weltweit 550 Milliarden Dollar schwer, der Automarkt sei ein 3,5-Billionen-Geschäft, für Gesundheit würden weltweit mehr als 9 Billionen pro Jahr ausgegeben. Riesenchancen, wer sie zu nutzen versteht. Das Mobile-Geschäft erscheint klein dagegen. Sicher, Apple dominiere zurzeit keinen dieser Märkte, gibt Tetzeli zu. Er erinnert aber gleichzeitig daran, dass Analysten damals der Job-Company im Smartphone-Markt einen Anteil von einem Prozent vorausgesagt haben. Und es kam doch ganz anders.