«Cloud leitet neue Ära der Software-Entwicklung ein»
Software-Entwicklung und die Cloud
CW: Ein drittes «Forschungsobjekt» dürfte die Cloud sein. Software wird heute nicht gekauft, sondern gemietet. Ist die Software-Entwicklung für die Cloud für Sie Business as usual oder ein Wachstumsmarkt?
Zangerl: Unser IAM-Offering, basierend auf dem Produkt Nevis, läuft schon heute in der Microsoft-Cloud. Azure ist allerdings erst der Anfang, unter anderem auch, weil zum Beispiel die Government-Cloud in Singapur auf AWS basiert. Wir haben dort einige Projekte mit der Regierung, sodass wir auch die Entwicklung für AWS beherrschen.
Das Portieren bestehender Lösungen in die Cloud ist aber nur eine Option. Denn es gibt genügend fixfertige Produkte, die bereits nativ in der Cloud laufen. Wir nutzen diese Tools einerseits für unsere eigenen Entwicklungen. Andererseits kombinieren wir diese Produkte mit unseren Angeboten. Ich sehe darin eine nächste (R)Evolution der Software-Entwicklung.
CW: Das sind grosse Worte. Bitte erklären Sie.
Zangerl: Es gibt eine Parallele in der Java-Entwicklung: Zunächst wurde programmiert, dann kam das Open-Source-Ökosystem hinzu. Damit entfiel die Notwendigkeit, Standardfunktionen wie einen Datenbankzugriff jedes Mal neu zu entwickeln. Denn für die gängigsten Datenbanken gab es schon fixfertige Schnittstellen.
Ähnlich ist es schon heute bei den Hyperscalern: Azure und insbesondere AWS sind keine reinen Hosting-Plattformen, sondern sie bringen eine Vielzahl von Funktionen schon mit. Diese Mechanismen müssen die Programmierer dann natürlich nicht mehr eigens entwickeln, sondern können sie einfach nutzen. Wir von Adnovum haben diese Entwicklung eine gewisse Zeit lang unterschätzt. Mittlerweile haben wir aber realisiert, welche Vorteile uns die Plattformen mit ihren Features bieten und wie riesig das Marktpotenzial ist.
Ein weiterer Aspekt der Cloud-Entwicklung ist die Effizienzsteigerung für unsere Software-Fabrik. Dort arbeiten wir mit Standardpaketen zum Beispiel von Atlassian, die wir heute in unserem eigenen Rechenzentrum betreiben. Allerdings ist es eine Frage der Zeit, bis Atlassian seine Lösung nur noch aus der Cloud anbietet. Während der Hersteller bis anhin noch diverse Versionen seiner Software für multiple Betriebssysteme und verschiedenste Umgebungen pflegen muss, kann er künftig nur noch eine Version anbieten, die dann zentral gepflegt und gewartet wird. Das würde uns auch von der Pflicht befreien, unsere Systeme auf dem neusten Stand zu halten. Wir sparen damit Ressourcen, die eh schon knapp sind, und die wir anderweitig besser einsetzen können. So wird unsere Software-Fabrik in den nächsten zwei bis drei Jahren ebenfalls in die Cloud ausgelagert.
CW: Gibt es auch bei Adnovum Pläne, die Kunden-Software in die Cloud auszulagern?
Zangerl: Im Bereich Identity and Access Management sind wir daran, Cloud-basierte Offerings bereitzustellen. Diese werden wir 2023 auf den Markt bringen. Das Angebot deckt sich mit den Vorhaben der Kunden, die nicht mehr eigene Infrastrukturen betreiben wollen.