«Cloud leitet neue Ära der Software-Entwicklung ein»
KI kein Universalwerkzeug
CW: Wo Sie die Mundart ansprechen – Adnovum ist ein Partner von Spitch. Steckt die künstliche Intelligenz bei der Spracherkennung noch in den Kinderschuhen oder ist die Technik reif für den Markt?
Zangerl: Bis anhin setzen wir die Technik bei verschiedenen Strassenverkehrsämtern erfolgreich ein. Der Case im Kanton Aargau hat jüngst für Furore gesorgt. Der Kunde ist sehr zufrieden mit der Lösung.
Andere Anwender der Technologie sind Sozialversicherungsanstalten sowie Versicherungen insgesamt, die häufig Routineanfragen haben. Sie können mit der Spracherkennung und -verarbeitung sehr effizient und schnell beantwortet werden. Ich rechne damit, dass sich die Technologie noch weiter durchsetzen wird – auch über die genannten Branchen hinaus.
CW: Welche Bedeutung hat künstliche Intelligenz – Stichwort: ChatGPT – für Adnovum und Ihre Kunden?
Zangerl: Weder für unsere Kunden noch für uns ist die KI eine brandneue Entwicklung. Sie und auch wir beobachten die Entwicklung schon sehr lange. Bis anhin fand die Entwicklung in einem sehr engen, kontrollierten und meist wissenschaftlichen Umfeld statt. Die Fortschritte sind teilweise bemerkenswert, was aber nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass KI kein Universalwerkzeug ist. Sie eignet sich für spezifische Anforderungen – siehe zum Beispiel der Voice Bot für die Strassenverkehrsämter und die Versicherungsunternehmen.
Da Sie ChatGPT erwähnen: Die Technologie würde ich nicht in einem Bereich einsetzen, in dem sie immer und unter allen Umständen funktionieren muss. Dafür ist die Technologie noch zu unberechenbar.
CW: Beraten Sie die Kunden zu möglichen Anwendungsfällen von KI?
Zangerl: Nicht direkt. Wir haben ein internes «Innovation Lab», das den möglichen Nutzen verschiedener Technologien auslotet. Zwei Schwerpunkte sind Machine Learning und Blockchain. In den ersten Bereich fallen Lösungen zum Überprüfen von Rechtsansprüchen für Versicherungen. Nehmen wir den Fall von Autoreparaturen: Heute ist die gängige Praxis, dass Versicherungen die Schadensansprüche nur ab einem gewissen Schwellenwert prüfen. Denn alles andere ist zu aufwendig und lohnt sich deshalb nicht. Allerdings ist damit zu rechnen, dass unterhalb dieses Schwellenwerts überproportional viele betrügerische Rechnungen gestellt werden. Hier kann zum Beispiel Machine Learning die Schadensfotos analysieren und einen tatsächlichen Anspruch ermitteln.
CW: Der Anwendungsfall für Blockchain dürfte das Cardossier sein. Gibt es hier Neuigkeiten?
Zangerl: Durchaus! Mit Cardossier wurde eine digitale Allmend geschaffen. Auf der Plattform sind nun Informationen über Fahrzeuge gespeichert, auf die alle beteiligten Parteien Zugriff haben. Nach einer längeren Diskussion im vergangenen Jahr wurde ein neuer Anwendungsfall identifiziert, der nun mit Cardossier umgesetzt werden soll: die elektronische vorläufige Inverkehrssetzung.
Sie kommt dann zur Anwendung, wenn zum Beispiel ein Autobesitzer bei einem Händler ein neues Fahrzeug kauft und er wegen seines bisherigen Autos noch eine Versicherungsdeckung besitzt. Der Händler kann dann per Knopfdruck eine provisorische Versicherungsdeckung bestellen und das neue Auto beim Strassenverkehrsamt vorläufig einlösen. Er hat weniger Arbeit, die Versicherung ebenfalls, das Amt auch. Der Kunde ist zufrieden, weil er das Auto sofort nutzen kann.