Analyse 27.06.2012, 08:27 Uhr

Mutiger Einstieg ins PC-Geschäft

Microsoft hat mit dem Surface einen eigenen Tablet-PC präsentiert und düpiert damit langjährige Hardware-Partner wie Dell, Hewlett-Packard und Lenovo.
Microsoft-Chef Steve Ballmer zeigt in Los Angeles den haus­eigenen Tablet Surface
Der Schritt ist gewagt: Microsoft will mit dem Surface eigene Tablets bauen (Computerworld.ch berichtete). Damit nimmt der Software-Riese von einer jahrzehntealten Strategie Abschied, sich auf die Herstellung von Betriebssystemen samt zugehöriger Software zu konzentrieren und das Hardware-Geschäft PC- und Serverherstellern zu überlassen. Mit diesem Geschäftsmodell, das im Grunde genommen seit 37 Jahren gilt, ist Microsoft in der Vergangenheit gut gefahren, um es bescheiden auszudrücken.

Breitseite gegen Partner

Welcher Teufel reitet nun die Redmonder, von diesem Erfolgsmodell Abstand zu nehmen und sich in die margenarmen Niederungen des Hardware-Geschäfts zu begeben? Einige Erklärungsversuche gibt es für dieses Verhalten. Ein Punkt ist sicherlich, dass Microsoft seinen Partnern nicht die Innovationskraft und Wendigkeit zutraut, die es braucht, um im Tablet-Markt, namentlich aber gegenüber dem iPad von Apple, Bestand zu haben. «Wir lieben unsere Partner», sagte Microsoft-CEO Steve Ballmer zwar während der Surface-Präsentation in Los Angeles. In der Aussage schwang ein unausgesprochenes «aber» mit, dass er nämlich dieses Vorhaben lieber ohne seine bisher treuen Vasallen Asus, Hewlett-Packard (HP), Dell und Lenovo bestreiten will. Eine Erklärung hierfür sind laut David Daoud von der Marktforschungsfirma IDC gerade die geringen Margen im PC-Geschäft. Diese erlaubten es nicht, gross in Neuentwicklungen zu investieren. Abgesehen davon wird den PC-Herstellern mangelnder Einfallsreichtum attestiert. «Die Partner lassen es an Kreativität fehlen», kritisiert Daoud. Und eine gute Portion Kreativität braucht Microsoft beim Surface. Denn der Software-Riese steigt sehr spät ins Tablet-Geschäft ein – wenn man frühere Versuche, bei denen Microsoft zu zeitig war, einmal ausblendet. Wenn Surface auf den Markt kommt, wird Apples iPad bereits seinen dritten Geburtstag feiern. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Xbox oder Zune?

Xbox oder Zune?

Somit lautet die Preisfrage: Hat Surface das Zeug, um dem iPad von Apple die Stirn zu bieten? Zwar wird den gezeigten Prototypen von den Marktbeobachtern eine gewisse Eleganz nicht abgesprochen. Und auch die Integration der Tastatur in die Abdeckung des Geräts wird lobend als innovativ erwähnt. Ein richtig gehendes Killer-Feature, das iPad-Anwender ihre derzeitige Wahl bereuen lassen würde, ist allerdings bislang nicht auszumachen. Bleibt noch der Preis der Geräte, mit dem Microsoft punkten und etwa die User der günstigen Flachrechner auf Android-Basis abwerben könnte. Doch hierüber schweigen sich die Redmonder derzeit noch aus. «Um gegenüber der Tablet-Konkurrenz bestehen zu können, wird Microsoft Surface wesentlich billiger anbieten müssen», schreibt etwa Finanzanalyst  Brian White von Topeka Capital Markets seinen Kunden in einer Notiz. Immerhin: Eine gewisse Chance räumt White dem Surface im Business-Umfeld ein. Zumindest dann, «wenn in Firmen gewisse Windows-Lösungen erforderlich sind». Es wird sich also zeigen, ob Surface wie das Hardware-Abenteuer Zune floppt oder wie die Xbox von Erfolg gekrönt sein wird.



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