07.07.2009, 06:00 Uhr

Wissen, wie alles zusammenhängt

Am Anfang von IT-Infrastrukturprojekten wird oft geklebt. Meterlange Prints sollen die Entscheidung erleichtern, erreichen aber das Gegenteil. Mit einer datenbankgestützten Dokumentationslösung gehts einfacher.
Dirk Decher ist Senior Developer der Inserto AG
Was an einer Informatik-Infrastruktur optimiert und weiterentwickelt wird, hängt von vielen individuellen Parametern ab: Geschäftsmodell, Wettbewerbsfähigkeit und Unternehmensziele, wirtschaftliche Entwicklung, vorhandene Ressourcen und eingesetzte Technologie sind nur einige davon.
Den Erfolg bei der Planung und Realisierung solcher Projekte kann man hingegen mit wenigen Massnahmen entscheidend beeinflussen. Dazu gehören bereits in der ersten Analysephase die Schaffung einer transparenten und übersichtlichen Datengrundlage und der Aufbau einer lückenlosen Dokumentation.

Fragen in brenzligen Situationen

Heutige IT-Infrastrukturen sind dermassen komplex aufgebaut, dass es oftmals schwierig ist, in brenzligen Situationen den Überblick zu bewahren. Davon wissen nicht nur System- und IT-Architekten von grossen Unternehmen ein Lied zu singen. Auch IT-Verantwortliche in Klein- und Mittelbetrieben sind davon betroffen. Die grundsätzlichen Fragen, die sich aufdrängen, sind immer die gleichen:
- Wie sieht das Metadirectory aus?
- Wie gelangen die Daten von A nach B?
- Wie verändern sich die Daten dabei?
- Welches System steht mit welchem in Beziehung?
- Woher kommen die Daten in den unterschiedlichen Benutzertypen?
- Wer ist mein Ansprechpartner, wenn ich Daten von anderen Systemen beziehen muss?
- Was passiert, wenn an der Komponente X der Stecker gezogen wird?

Von Praktikern für Praktiker

Die Zuger Systemintegratorin Inserto AG befasste sich vor einigen Jahren mit einem IT-Infrastrukturprojekt für ein grosses Versicherungsunternehmen und stellte bereits in der Analysephase fest, dass die für eine erfolgreiche Projektumsetzung notwendige Datengrundlage nur bruchstückhaft vorhanden war. Eine Übersicht, die zunächst einmal die Ist-Situation der vorhandenen IT-Systeme und Abhängigkeiten aufzeigt, fehlte. Thomas Seiz, Geschäftsleiter der Inserto AG, erinnert sich: «Einzelne Systeme waren zwar in Excel-Files dokumentiert, aber lange nicht alle. Mit den Prints tapezierten wir ein Sitzungszimmer und versuchten, die Abhängigkeiten festzulegen. Eine seriöse Evaluation war so natürlich nicht möglich.» Kurzerhand entschied man sich, eine Software zu entwickeln, die es erlaubt, Abhängigkeiten zwischen IT-Systemen in einer Datenbank zu erfassen, grafisch darzustellen und auf Knopfdruck auszuwerten.
Ein solches Hilfsmittel zur Dokumentation von IT-Systemen und -Abhängigkeiten bietet für den professionellen Betrieb und die Optimierung von IT-Infrastrukturen viele Vorteile. Der Hauptnutzen liegt darin, dass sich alle involvierten Parteien umgehend Klarheit über die Ist-Situation verschaffen und die Auswirkungen im Bezug auf eine geplante Soll-Situation aufzeigen können. Aber auch Worst-Case-Szenarien, zum Beispiel Abgänge von Know-how-Trägern in IT-Abteilungen, müssen den IT-
Verantwortlichen nicht mehr zwangsläufig Kopfzerbrechen bereiten. Denn lückenlos dokumentiert zu sein, bedeutet auch, dass das im Laufe der Zeit angehäufte systemrelevante Wissen der IT-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter sukzessive aus den Köpfen in die Datenbank wandert und so dem Unternehmen jederzeit zur Verfügung steht.
Der strukturierte Überblick über eine Systemlandschaft erleichtert erwiesenermassen das Lokalisieren von Fehlerquellen. Ein Administrator wird durch eine datenbankbasierte Dokumentationslösung unterstützt, indem alle Fragestellungen, die er zu den Abhängigkeiten der Systemlandschaft hat, rasch und zuverlässig beantwortet werden. Systemarchitekten fällt das Verwalten von Unternehmensdatenmodellen, Metadirectory-Projekten und Prozessdaten wesentlich leichter.

Praxis: 80 Prozent weniger Aufwand

Eine Dokumentationslösung kann aber auch dazu dienen, Analyseprozesse im Rahmen
eines Infrastrukturprojekts zu unterstützen. Ein aktuelles Beispiel zeigt, wie das im Praxisalltag vonstatten geht: Für ein national tätiges Unternehmen analysiert Inserto momentan die Directory-Infrastruktur. Die Projektpartner wollen herausfinden, wie sie zukünftige Anforderungen mit firmenübergreifenden elektronischen Abläufen konzipieren müssen.
Verschiedene Benutzer sollen auf unterschiedlichen IT-Systemen arbeiten können. Bestimmte Anforderungen, von der Webshop-anmeldung durch externe Benutzer bis zur Eröffnung von Accounts auf internen Applikationen, müssen automatisiert werden. Zu diesem Zweck werden die unterschiedlichen Datenquellen mit ihren Attributen den Zielsystemen gegenübergestellt. Hier kommt die Dokumentationslösung Polaris zum Tragen. Sie basiert auf einer relationalen Datenbank, .NET 3.5 und dem Inserto Application Framework IAF. Die Daten werden in einer Microsoft-SQL-Server-Datenbank gespeichert. Um den vollen Umfang nutzen zu können, ist eine Installation von Microsoft Visio erforderlich. Damit stellt Polaris in verschiedenen Ansichten die Zusammenhänge und Abläufe transparent dar.
Mit der Datenbanklösung wird das Datenreferenzmodell für das Directory-Projekt dokumentiert - und zugleich die Grundlage zur Beantwortung von Fragen geschaffen, die im Laufe des Projekts auftreten. Zum Beispiel: Woher kommt das Objekt? Wo ist die Quelle für die Informationen in diesem Feld? Welcher Prozess verändert den Inhalt? Der unmittelbare Nutzen liegt im lückenlosen Erfassen aller Objekte, Attribute und deren Zusammenhänge. Langfristig profitieren alle Parteien von einer skalierbaren Dokumentationslösung mit breiten Auswertungsmöglichkeiten. Bis anhin wurden solche Relationsmodelle häufig mithilfe von Excel dokumentiert. Eine zweidimensionale Tabelle kann die komplexen Sachverhalte aber nur schlecht darstellen. Bei grossen Projekten wird die Dokumentation schnell unübersichtlich und ist damit nur schwer und zeitaufwendig wartbar. Im erwähnten Praxisprojekt werden mit der datenbankgestützten Dokumentationslösung mehr als 10 Systeme mit über 60 Verbindungen und Prozessen dokumentiert. Der Vorteil liegt laut Thomas Seiz vor allem in der Anpassungsfähigkeit: «Der Initialaufwand ist im Vergleich zum herkömmlichen Vorgehen mit Excel ungefähr gleich gross. Doch schon bei kleinen Veränderungen am Datenmodell erreichen wir mit der datenbankgestützten Lösung eine Aufwandreduktion von rund 80 Prozent.»
Dirk Decher



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