Green IT
29.06.2007, 08:35 Uhr
Schlagwort oder Notwendigkeit?
Green IT, also umweltverträgliche IT-Infrastrukturen, sind derzeit in aller Munde. Für Anwender stellt sich die Frage: Ist Green IT nur ein neues Schlagwort der Anbieter - oder steckt tatsächlich mehr dahinter?
Wolfgang Schwab ist Senior Advisor der Experton Group in Ismaning.
Was versteht man eigentlich unter Green IT? Diese Frage stellt sich derzeit wohl jeder IT-Experte und jeder Anwender. Doch bei der Antwort gehen die Meinungen der Anbieter und der Analysten teilweise deutlich auseinander. Dennoch lassen sich vier Punkte festmachen, die erfüllt sein sollten, damit eine IT-Infrastruktur und deren Betrieb als effektiv umweltfreundlich bezeichnet werden dürfen:
o Effiziente Nutzung der Hardware
o Verwendung besonders energieeffizienter Hardware
o Energieeffiziente Kühlung
o Sinnvolle Nutzung der Abwärme
Hinzu kommt, sozusagen als fünftes Element, die umweltgerechte Entsorgung von Altgeräten. Diese ist insbesondere in der EU durch das WEEE-Gesetz (Waste Electronical and Electronic Equipment) geregelt und verpflichtet die Hersteller zum umweltverträglichen Recycling beziehungsweise zur umweltgerechten Entsorgung ihrer Geräte. Ähnliche Regelungen gelten auch in der Schweiz. Aus Anwendersicht ist dieses Thema also bestenfalls eine Kostenfrage, da sich die Anbieter die Entsorgung natürlich - wenn auch indirekt - bezahlen lassen.
Sparen mit Virtualisierung
Da der Energieverbrauch der IT-Infrastruktur nur relativ wenig von deren direkter Nutzung abhängt, sollten Anwender dafür sorgen, dass die Infrastruktur optimal ausgelastet ist. Das ist insbesondere im Storage- und Serverbereich zu empfehlen. Hier gibt es relativ einfache Methoden im Bereich der Virtualisierung, die zu deutlich reduzierten Server- und Storagesystemen führen, ohne die Performance der Anwendungen entscheidend zu beeinflussen. Untersuchungen haben gezeigt, dass über die Hälfte der IT-Verantwortlichen das Thema Virtualisierung auf ihrer Agenda für das laufende Jahr stehen haben und damit zumindest im Bereich der effizienten Nutzung von Hardware auf dem richtigen Weg sind.
Einfache CPUs reichen oft
Der wohl wichtigste Punkt im Zusammenhang mit Green IT ist energieeffiziente Hardware. Es ist eine Binsenweisheit, dass die komplette Energie, welche in die IT-Infrastruktur eingeht, früher oder später in Form von Wärme wieder abgegeben wird. Entsprechend sollten Anwender bereits bei der Anschaffung neuer Komponenten darauf achten, welche Anschluss- und tatsächlichen Betriebsleistungen die unterschiedlichen Angebote aufweisen und diese beim Produktauswahlprozess berücksichtigen. Und zwar nicht nur im Bereich Server, Speicher und Netzwerkkomponenten, sondern auch bei PC. Insbesondere bei Letzteren stellt sich nämlich zunehmend die Frage, ob für den effizienten Betrieb von Standard-Büroanwendungen tatsächlich CPUs mit höchsten Taktraten notwendig sind. Abgesehen von besonders rechenintensiven Grafikoberflächen, die kaum einen Vorteil für den Anwender mit sich bringen, ist die Antwort auf diese Frage in der Regel ein klares Nein. Entsprechend sollten im Büro-Bereich PCs mit einfachen Grafikkarten und energieoptimierten (gegebenenfalls auch relativ langsam getakteten) CPUs genutzt werden. Einige Anbieter haben dies erkannt und bieten Geräte an, die eine für das Büroumfeld völlig ausreichende Performance bieten, verglichen mit den sonst angebotenen PCs aber rund 50 Prozent weniger Strom verbrauchen.
Die Energieeffizienz von Hardware spielte in den vergangenen Jahren meist eine untergeordnete Rolle, jedoch ist in diesem Bereich ein deutliches Umdenken bei den Anwendern zu erwarten. Einerseits erzwingen dies die steigenden Strompreise, die inzwischen einen nicht zu unterschätzenden Anteil an den Betriebskosten haben. Andererseits stossen Rechenzentren an ihre Kapazitätsgrenzen - sowohl im Hinblick auf die vorhandene Kühlleistung als auch hinsichtlich der verfügbaren elektrischen Energie und dem zur Verfügung stehenden Platz. Immer häufiger müssen Anwender zusätzliche Stromkapazitäten für ihre Rechenzentren verlegen lassen, um weiter wachsen zu können. Die damit verbundenen Kosten sind nicht selten exorbitant, da sich die Stromversorger solche Kapazitätserhöhungen teuer bezahlen lassen. Hinzu kommt, dass in Innenstädten wie Zürich oder Genf Kapazitätserhöhungen nicht ohne Weiteres durchgeführt werden können, da dafür zusätzliche Stromleitungen verlegt und neue Verteiler aufgebaut werden müssen. Die damit verbundenen Infrastrukturmassnahmen (etwa Strassenbauarbeiten) werden nur die wenigsten Kommunen in Ihren Innenstädten dulden.
Wasserkühlung und Wärmepumpe
Die meisten älteren, aber auch viele relativ neue Rechenzentren werden sehr simpel gekühlt: Durch Klimaanlagen gekühlte Luft strömt durch Öffnungen im Boden ins Rechenzentrum, wird von den dort betriebenen Geräten angesaugt, zur Kühlung der inneren Bauteile genutzt, an der Decke des Server-Raums abgesaugt und ins Freie geleitet. Dieses Verfahren ist ebenso einfach wie ineffizient. Einige Hersteller haben dies erkannt und bieten Lösungen mit optimierten Luftströmungen oder wassergekühlten Rack-Türen an. Als Zwischenschritt ist dies sicher sinnvoll. Mittelfristig aber sollte die Wärmeenergie aus den Rechenzentren sinnvoller genutzt werden.
Anstatt sie einfach ins Freie zu blasen, kann man sie über eine Wärmepumpe zurück gewinnen und damit die Warmwasserversorgung oder die Gebäudeheizung unterstützen. Allerdings ist die Effizienz von Luftwärmepumpen mit einem Wirkungsgrad von 60 bis 70 Prozent relativ schlecht. Wesentlich geeigneter als Luft ist das Medium Wasser, das bezogen auf das Volumen eine rund 4000 Mal höhere spezifische Wärmekapazität besitzt und sich entsprechend besser für die Wärmeabführung und Kühlung kritischer Komponenten eignet. Durch die höhere Dichte des Wassers kann deutlich mehr Wärme aus dem Rechenzentrum abgeführt werden. Zudem sind Wasserwärmepumpen mit einem Wirkungsgrad von 80 bis 90 Prozent deutlich effizienter als Luftwärmepumpen. Ziel muss es also sein, die Wärme in den Rechenzentren durch Wasserkühlungen abzuführen und die Energie durch Wärmepumpen weiter zu nutzen. Dadurch wäre der Wasserkreislauf als geschlossenes System zu betreiben, was die Betriebskosten spürbar senkt.
Wolfgang Schwab