28.05.2009, 11:06 Uhr

Druckergeräusche verraten sensible Daten

Achtung Lauschangriff: Deutsche Kryptographen haben gezeigt, dass man über die Geräusche von Nadeldruckern Wörter erkennen kann. Die Informatiker konnten dabei über zwei Drittel der gedruckten Texte rekonstruieren. Nadeldrucker sind zwar längst Technik von gestern, werden heute aber nach wie vor häufig in Arztpraxen und Banken eingesetzt.
Geräusche von Nadeldruckern können Patientenakten und Kontodaten verraten (Foto: Bellhäuser - das bilderwerk)
Um herauszufinden, wie verräterisch die akustischen Signale von Nadeldruckern sind, erlernte das Kryptographen-Team von der Universität des Saarlandes zunächst die Lautsprache eines Geräts. Hierfür nahmen sie die Töne beim Druck eines Wörterbuchs auf. Anschliessend wiesen sie in einer Datenbank jedem Wort ein charakteristisches Tonmuster zu. "Die Muster ganzer Wörter eignen sich besser als die Beobachtung einzelner Buchstaben", erklärt Forschungsleiter Michael Backes.
Der Drucker sei zu schnell und lasse Buchstabengeräusche verschwimmen. Anschliessend versuchten die Kryptographen, den umgekehrten Weg zu beschreiten und Druckgeräusche als Wörter zu rekonstruieren. Hierbei bedienten sich die Forscher Methoden des maschinellen Lernens und der automatischen Spracherkennung. Damit gelang es Ihnen über 70 Prozent der Wörter herauszufiltern und so die meisten Inhalte zu verstehen.
"Da sich der Aufschlag der Nadeln je nach Buchstaben in ihrer Anzahl und Konfiguration verändert, entstehen dabei auch unterschiedliche Geräuschmuster", sagt Backes. Durch diese Technik sei es kostengünstig möglich, Krankengeschichten oder vertrauliche Bankdaten auszuspionieren. Ihre nach wie vor weite Verbreitung in Arztpraxen und Banken verdanken die eigentlich veralteten Nadeldrucker dem Umstand, dass sie die einzige Technik für die Erstellung von Durchschlägen oder Tiefenprägungen sind. Wie Backes erklärt, sind sie robust und langlebig. "Zudem zwingt das Gesetz die Ärzte in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Rezepte für starke Schmerzmittel mit Durchschlag zu drucken.
Deshalb entschied sich das Kryptographen-Team auch für eine Ordination als Testfeld. In Abstimmung mit dem Arzt nahmen sie verschiedene Rezeptausdrucke bei laufendem Ordinationsbetrieb auf. Mit sechs Rezepten trainierten sie ihr Programm auf den verwendeten Nadeldrucker - beim Siebten konnten sie das verschriebene Medikament bereits rein über die Druckergeräusche herausfinden. Eine laute Umgebung stört die Spionage übrigens kaum. Der relevante Frequenzbereich liege zwischen 20 und 40 Kilohertz - also deutlich über jenem der menschlichen Stimme.
Backes glaubt nicht, dass die ungewöhnliche Spionagemethode bereits in der Praxis verwendet wird. Er warnt jedoch davor, dass mit diesem Verfahren Übeltäter Patientenakten oder vertrauliche Bankdaten von Unternehmen erkunden könne. Backes scheint ein Experte in ausgefallenen Spionagetechniken zu sein: Bereits im vergangenen Jahr konnte er zeigen, wie über Spiegelungen auf Kaffeetassen und im menschlichen Auge die Inhalte eines Computer-Bildschirms abgelesen werden können.
Harald Schodl



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