IDF-Exklusiv
22.08.2008, 08:06 Uhr
Blick in Intels Forschungsküche
Computerworld-Redaktor Michael Kurzidim berichtet live von Intels Entwicklerkonferenz IDF in San Francisco. Heute: Plauderstündchen mit Apple-Mitgründer Steve Wozniak und Einblicke in die Forschungstätigkeit von Intel.
Plauderstündchen mit Top-Promi Steve Wozniak: Der Apple-Mitgründer gab einige Anekdoten aus seinem Leben zum besten. "Wie sind Sie eigentlich das geworden, was Sie sind?", fragte Interview-Nudel Moira Gunn gerade heraus. Das sei reiner Zufall gewesen, er habe einfach wissen wollen, wie die Dinger funktionieren, frotzelte Wozniak zurück, der sich im zarten Alter von 16 Jahren Chip-Design und Computerei im Selbststudium beigebracht hatte.
"Und welche Tricks gibt es dabei?", säuselte Gunn unschuldig. "Es hilft sehr, wenn man nur wenig Geld hat, denn das bringt die Ideen in Schwung", meint Wozniak. Am Anfang habe er sich zum Beispiel keinen Intel-Prozessor leisten können. Die Dinger seien einfach zu teuer gewesen. Das Problem habe dann später der geschäftstüchtigere Steve Jobs mit einem Telefonanruf aus der Welt geschafft. Heute stehe das "i" im "iMac" für Intel, oder "innocent", so genau wisse er das nicht mehr, scherzt der Apple-Promi.
Was aber bringt die Zukunft?
Computertechnik kann auch witzig sein. Aber eigentlich stand am letzten Tag des Intel Developer Forums die Zukunft auf dem Programm. Justin Rattner, Forschungsdirektor der Intel-Laboratorien, machte folgende Rechnung auf: In den letzten fünf Millionen Jahren habe sich der menschliche Verstand etwa um das Drei- bis Fünffache vergrössert und verbessert. In nur vierzig Jahren seien Computer jedoch eine Million Mal schneller geworden. Rechner steigern sich exponentiell. "Werden Maschinen bald schlauer sein als wir?", fragte Rattner ins Publikum.
11-Nanometer-Technologie 2015
Der Countdown läuft und Intels Pläne sind ambitiös. Die 45-Nanometer-Technologie, mit der die Chipriesin zur Zeit ihre neuen Prozessoren fertigt, wird bereits 2009 auf 32 nm verbessert. Chips werden immer schneller. 2011 will Intel mit 22-Nanometer-Technologie fertigen, 2013 mit 16 und 2015 sind 11 Nanometer an der Reihe. Aber dann ist eine natürliche Grenze erreicht, die der Chip-Grundstoff Silizium selbst aufstellt. Weniger geht nicht. Was kommt nach 2015?
IDF-Exklusiv: Blick in Intels Forschungsküche
CMOS-Alternative: Kohlenstoff-Nanotubes
Wissenschaftler in Intels Forschungslaboratorien suchen fieberhaft nach alternativen Materialien. Intel-Forscher Michael Garner setzt auf Kohlenstoff. Zwar sei der Logikbaustein CMOS (Complimentary Metal Oxide Semiconductor) für viele Jahre das Arbeitstier der Chip-Industrie gewesen. Aber dessen Tage seien gezählt. Garner sieht in Kohlenstoff-Nanotubes und zweilagrigen Graphenen ein grosses Potenzial. Die starke Quanten-Interaktion zwischen den beiden Schichten der Graphene sei sehr vielversprechend und könne die alte CMOS-Transistortechnik ersetzen.
Totale Vernetzung
Devices werden immer kleiner und in Zukunft einen viel höheren Vernetzungsgrad erreichen, als wir es heute gewöhnt sind. Nahezu alles wird mit dem Internet verbunden sein. Der Flaschenhals dabei ist jedoch der Datentransfer. Brian Koch von Universität Santa Barbara präsentierte einen Laser, der Datenvolumina von 40 Gigabit pro Sekunde transportiert.
Drahtlose Energieübertragung mit 75 Prozent
Über drahtlose Netze lassen sich nicht nur Daten-, sondern auch Energieströme übertragen. Damit wird es beispielsweise möglich, die Akkus mobiler Geräte in öffentlichen Gebäuden oder zu Hause drahtlos aufzuladen, ohne ein Netzgerät einstöpseln zu müssen. Alanson Sample von Intels Forschungszentrum in Seattle brachte eine 60-Watt-Glühnirne drahtlos zum Leuchten. Das System erreicht eine Energie-Effizienz von 75 Prozent.
Möglich machen das gekoppelte Resonatoren, die über einen "Wireless Resonant Energy Link" (WREL) miteinander verbunden sind. Das Prinzip ähnelt einem trainierten Sänger, der auf einer für Glas spezifischen Frequenz eine Fensterscheibe zum Vibrieren bringt. Damit vergleichbar übertragen WREL-Sender und -Empfänger auf einer materialspezifischen Frequenz Energie besonders effizient.
IDF-Exklusiv: Blick in Intels Forschungsküche
Fühlende Roboter
Roboter werden immer schlauer. "Die grösste Herausforderung dabei sei, die Blechkameraden so gut wie möglich auf die Unwägbarkeiten einer menschlichen Lebenswelt vorzubereiten", sagt Dave Fergueson vom Intel-Forschungslabor in Pittsburgh. Ein erster Schritt in diese Richtung ist ein elektromagnetischer Sensor (electric field pre-touch), der Roboterhänden die Orientierung in einer sich ständig verändernden gegenständliche Welt erleichtert. Den Sensor haben die Wissenschaftler dem Orientierungsorgan von Fischen abgeschaut. Mithilfe dieses Radars können Fische andere Meeresbewohner oder Hindernisse erfühlen, ohne sie zu berühren, und ihr Verhalten daraufhin ausrichten.
Morph-Objekte für die Westentasche
Intel-Wissenschaftler Jason Campbell und sein Team arbeiten an Objekten, die aus Millionen kleiner Mikroroboter bestehen. Der Clou: Das Material verändert seine Form, behält dabei aber seine Funktionalität bei. Ein mobiles Gerät könnte zum Beispiel in der Hosentasche schrumpfen, die Gestalt eines Ohrhörers annehmen, wenn es als Handy benutzt wird, oder sich zum Surfen im Internet in eine Tastatur verwandeln. Forschungsdirektor Rattner gab zu, dass dies ein sehr verzwicktes und schwieriges Forschungsgebiet sei. Erste Erfolge seien bereits sichtbar. Auf dem IDF gab es jedoch nur eine Computeranimation zu sehen.
Spiele durch Gedanken steuern
Randy Breen, Chief Product Officer von Emotiv Systems, demonstrierte sein kurz vor der Marktreife stehendes Headset EPOC. Das aus sechzehn Sensoren bestehende Headset, das man sich wie ein Haarnetz auf den Kopf zieht, erkennt 30 typische Muster von Gehirnströmen. Damit soll es möglich sein, durch Gedanken, Gefühle und Gesichtsausdrücke ein Computerspiel zu steuern und beispielsweise Objekte zu bewegen. Die Spieleindustrie zeigt sich interessiert. Das Headset Emotiv EPOC soll in den kommenden Monaten auf den Markt kommen.
Das Undenkbare möglich zu machen sei schon immer Intels Devise gewesen (Making the unthinkable possible), meint Forschungsdirektor Rattner. "Wie sehen uns alle in der Zukunft", ruft er dem Publikum zu und verschwindet hinter der Bühne.