ETH Lausanne
05.10.2016, 14:32 Uhr
App diagnostiziert Pflanzenkrankheiten
Wissenschaftler der ETH Lausanne (EPFL) und der US-amerikanischen Penn State University haben einen Computerlernalgorithmus mittels Deep Learning auf die Identifizierung von Pflanzenkrankheiten trainiert.
Pflanzenkrankheiten, die die Welternährungssicherheit bedrohen, können mithilfe von künstlicher Intelligenz bekämpft werden. Wissenschaftler der EPFL und der Penn State University haben ein neuronales Deep-Learning-Network trainiert, das allein durch das «Anschauen» und die Analyse normaler Fotos individueller Pflanzen exakte Krankheitsdiagnosen erstellt. Der zum «PlantVillage»-Projekt gehörende Algorithmus ist laut Angaben der Forscher der erste Wirksamkeitsnachweis für Krankheitsdiagnostik anhand von Smartphone-Fotos. Das Projekt profitiert von den Fortschritten, die in den vergangenen Jahren im Bereich des Deep Learning gemacht wurden. Deep Learning ist eine Form des maschinellen Lernens, bei dem Algorithmen für das Erkennen von Mustern in grossen Datensätzen genutzt werden: In diesem Fall hat PlantVillage über 50'000 digitale Fotos kranker Pflanzen offen zugänglich gemacht. Dank eines computergestützten neuronalen Netzwerks durchlaufen die Fotos zahlreiche Schichten künstlicher Neuronen und «lernen» so schrittweise, verschiedene Krankheiten zu identifizieren.
App für Landwirte geplant
Ziel ist es, den Landwirten, Bauern und Gärtnern dieses Instrument als Smartphone-App zur Verfügung zu stellen. «Zukünftig können diese mit der App ein Foto der kranken Pflanze machen und innerhalb weniger Sekunden die Diagnose erhalten», erklärt Marcel Salathé von der EPFL. Nächste Seite: Vorgehensweise der Forscher und Video Und so gingen die Forscher vor: Zunächst teilten sie 54'306 Fotos kranker und gesunder Pflanzenblätter einem von 38 Paaren aus Pflanze und Krankheit zu. Anschliessend trainierten sie das «Deep Convolutional Neural Network» auf die Erkennung von Pflanzen und Krankheiten (bzw. das Nichtvorhandensein von Krankheiten bei gesunden Pflanzen) und massen, wie korrekt jedes Bild zugeteilt werden konnte. Insgesamt arbeiteten sie mit 14 Kulturpflanzenarten und 26 Pflanzenkrankheiten. Das Ergebnis: Das System kann nun auf Fotos abgebildete Krankheiten mit einer Genauigkeit von 99,35% zuordnen, ohne diese je zuvor gesehen zu haben. Die Entwicklung des Algorithmus und das Training des Modells setzt signifikante Rechenkapazitäten und viel Zeit voraus. Nach der «Lernphase» verläuft die Klassifizierungsarbeit jedoch sehr schnell und der sich daraus ergebende Code ist klein genug, um leicht auf einem Smartphone installiert zu werden. «Das ist ein bedeutender Fortschritt für die smartphonegestützte Pflanzenkrankheitsdiagnostik auf massiv globaler Ebene», sagt Hauptautor Sharada Mohanty. Diese Fotos wurden jedoch unter kontrollierten Bedingungen bezüglich Licht, Farbe etc. geschossen, die nicht immer denen der Schnappschüsse in der Praxis entsprechen. Um dieses Problem zu lösen, erweitert das Team die Bilddatenbank nun auf rund 150'000 Fotos, um die Erkennungsfähigkeit des Systems noch zu verbessern. Zus ätzlich ist geplant, auch die Datenmenge zu vergrössern, die das Netzwerk für eine genaue Diagnostik verwendet. «Dafür brauchen wir Fotos, die von Anwendern vor Ort unter natürlichen Bedingungen geschossen werden», erklärt Salathé. «In Zukunft möchten wir auch weitere Faktoren wie Zeitpunkt, Standort, epidemiologische Trends, Wetterbedingungen und andere Signale berücksichtigen, die die Fähigkeit des Systems noch umfassend steigern würden.»