03.02.2011, 14:54 Uhr

Facebook im Büro wird zum Januskopf für CIO

«Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps», heisst es so schön. Doch beim Einsatz von Facebook im Büro verwischen sich die Grenzen. Unsere Kollegin Alexandra Mesmer von der deutschen Computerwoche hat bei CIO nachgefragt, was nun gilt.
Müsste man Web 2.0 bildlich darstellen, würde sich so manches Unternehmen wohl für einen Januskopf entscheiden. Der römische Gott Janus mit zwei Gesichtern als klassisches Symbol der Zwiespältigkeit. Einerseits versuchen immer mehr Unternehmen soziale Netzwerke für Marketing und Werbung zu nutzen, schliesslich kann man hier mit dem potenziellen Kunden direkt in Kontakt treten. Andererseits merken sie, dass Facebook und Co. vor den Werkstoren nicht halt machen: Wer Facebook privat extensiv nutzt, akzeptiert keine Zwangspause von acht oder neun Stunden. Wenn Arbeitgeber den Zugang zu sozialen Netzen sperren, können sie sich vor allem bei der jüngeren Generation schnell ins Abseits bugsieren. Wir wollten von sieben CIOs wissen, wie sie die private Nutzung von Internet, E-Mail und Social-Media in ihrem Unternehmen regeln und wo sie die grössten Herausforderungen beim Thema "Facebook im Büro" sehen.

Wer eigenverantwortliche Mitarbeiter will, darf nichts sperren

Michael Kollig, CIO Nordost- und Zentraleuropa der Danone-Gruppe
: «Wir gehen mit der privaten Nutzung von Online-Services sehr grosszügig um. Prinzipiell sind alle Dienste zugänglich, wobei wir aber versuchen, Inhalte gesetzeswidriger oder pornographischer Natur zu blockieren. Für uns kommt eine komplette Blockade dieser Online-Dienste nicht in Frage. Kommunikation und Interaktion mit einer grossen Anzahl von Kunden und Konsumenten ist für uns als Markenartikler im Konsumgütersegment eine Kernkompetenz. Wenn ich diese Dienste für berufliche Zwecke frei schalte, ist es den Mitarbeitern nicht zu vermitteln, warum sie diese nicht auch in vernünftigen Grenzen privat nutzen sollten, zumal in vielen Fällen die Grenze zwischen privater und geschäftlicher Nutzung nicht klar zu ziehen ist. In unserem Leitbild fordern wir den unternehmerisch denkenden, eigenverantwortlichen Mitarbeiter, dazu passt eine straffe Regulierung im Bereich Online-Dienste nicht. Gemeinsam mit dem Betriebsrat haben wir eine Internet-Richtlinie aufgestellt, die aber mehr an den gesunden Menschenverstand appelliert als harte Grenzen zu ziehen. Die grösste Herausforderung von 'Facebook and friends' ist die Sensibilisierung der Mitarbeiter. Was ein Mitarbeiter aus seinem Privatleben preisgibt, ist sicher seine persönliche Entscheidung, auch wenn hier etwas mehr Zurückhaltung angebracht wäre. Im Firmenkontext erwarten wir von jedem Mitarbeiter, dass keine vertraulichen oder anderweitige interne Informationen auf diesen Plattformen erscheinen. Auch in dem Fall setzen wir auf die Eigenverantwortung der Mitarbeiter und versuchen nicht, scheinbare Sicherheit durch technische Lösungen zu finden. Dies gilt im gleichen Masse für das oft heiss diskutierte Thema Arbeitszeitverlust durch Nutzung von Online-Medien. Es ist hauptsächlich die Verantwortung der Mitarbeiter und ihrer Führungskräfte, ihre Arbeitszeit und Ergebnisse zu managen. Die Verschwendung von Arbeitszeit auf Online-Plattformen ist eher ein Symptom einer grundsätzlichen Motivations- oder Führungsproblematik und weniger der Verfügbarkeit dieser Medien geschuldet."

Facebook ist noch ein privates Medium

Jürgen Thoma, Geschäftsbereichsleiter IT und CIO bei Haufe Lexware Services in München:
«Wir handhaben die Nutzung von Social Media in der Haufe Gruppe sehr liberal. Für uns ist es wichtig, dass die Mitarbeiter dieses Medium verstehen. Wir erarbeiten gerade eine Social Media Guidance, um Leitplanken vorzugeben. Facebook ist nach meiner Ansicht im Unterschied zu Xing (noch) ein vorwiegend privates Medium. Zumindest meine Kommunikation mit Geschäftspartnern läuft noch weitgehend ohne Facebook. Ich möchte das momentan auch nicht ändern. Die Entwicklung der letzten Monate ist jedoch sehr spannend. Sollte es Facebook gelingen, sich als zentrale Kommunikationsplattform zu etablieren, dann wird diese auch im Büro Einzug halten. Allerdings gibt es in Sachen Sicherheit und Datenschutz noch Vorbehalte.»

Die NonStop-Chatter sind ein Problem

Thomas Rössler, IT-Leiter der Medienhaus Südhessen in Darmstadt:
«Das Internet - und somit alle Social-Media Anwendungen - dürfen in unserem Hause derzeit generell nur dienstlich genutzt werden. Private E-Mail-Nutzung wird unter klar definierten Auflagen geduldet. Dazu gehören das Scannen auf Viren, das Blocken von Spam und potenziell schädlicher Mails oder der Zugriff auf das Postfach durch die IT. Insofern dürfen unsere Mitarbeiter Facebook, Twitter & Co. nur für geschäftliche Aufgaben nutzen. Gründe hierfür sind zum einen rechtlicher Art als auch praktischer Natur wie um Bandbreite zu sparen oder um den Download schädlicher Inhalte soweit als möglich einzuschränken. Grundsätzlich ist die private Nutzung des Internets im Unternehmen ein Problem, dass nur schwer geregelt werden kann. Speziell die Grenzen zwischen potenziell erlaubter und im Firmeninteresse ungewünschter Nutzung zu ziehen, ist sehr schwierig. Sicher würden viele Anwender bewusst die private Nutzung des Internets auf ihre Pausen beschränken, jedoch gerade im Bereich Social-Media sind die wenigen schwarzen Schafe, das heisst die 24-Stunden-Farmville-Powerfarmer und Nonstop-Chatter ein Problem.»

Sicherheit vor Freiheit

Manuel Fischer, CIO bei der Cetrel, a SIX-Group Company, in Luxembourg:
«Um unsere hohen Sicherheitsanforderungen zu erfüllen, wird die unternehmensweite Nutzung von Internet auf im weitesten Sinn Business bezogene Sites beschränkt. Die sozialen Netzwerke mit Zielsetzung Business können benutzt werden, die freizeitbezogenen Social-Media-Plattformen sind nicht verfügbar. Die grösste Herausforderung beim Thema 'Facebook im Büro' ist der Datenschutz des Unternehmens: Wie kann man hohe IT-Sicherheitsstandards einführen und gleichzeitig eine Plattform wie Facebook nutzen?»

Moderate private Nutzung


Thomas Schott, Leiter IT bei der Rehau AG & Co.:
«Unsere Mitarbeiter dürfen in moderatem Umfang sowohl E-Mail als auch das Internet privat nutzen. Wir verbieten weder die Nutzung von sozialen Netzwerken wie Facebook noch des Kurznachrichtendienstes Twitter. Allerdings diskutieren wir derzeit, ob und wie wir den Umgang mit sozialen Netzen regeln sollten. Ein Thema, das mit der Nutzung sozialer Netzwerke einhergeht, ist klar der Zeitaufwand parallel zur 'eigentlichen' Arbeit. Weitere Schwierigkeiten sehe ich im Bereich der IT-Sicherheit und der Gefahr, dass Mitarbeiter leichtfertig Firmeninterna ausplaudern können.»

Twitter nur in der Mittagspause

Markus Grimm, CIO der DKV Euro Service GmbH in Düsseldorf:
«Die private Nutzung des Internets ist nur zu bestimmten Pausenzeiten (Mittagspause) erlaubt. Das haben wir per Betriebsvereinbarung und Internetnutzungsrichtlinie geregelt. Xing, Facebook, Twitter ist dabei aufrufbar. Dies wird sich wandeln und mit zunehmender Wichtigkeit von Social Media für das Marketing ändern. Durch Web 2.0 wird die Trennung von Privat und Beruf zunehmend aufgehoben. Ist ein Statement, das ich in Facebook abgebe, ein Kommentar meiner Privatperson oder in meiner Rolle als Angehöriger eines Unternehmens? Darum ist eine klare Kommunikationsstrategie für 'Unternehmensstatements' sehr notwendig. Diese sollte auf eine Social-Media-Marketingstrategie des Unternehmens abgestimmt sein. Es wird aber für die Generation der sogenannten Digital Natives unabdingbar sein, 'Facebook im Büro' zur Verfügung zu stellen. Dies sind die Kommunikationsmedien dieser Generation. Die Frage ist also meines Erachtens nicht, ob es kommt, sondern wann und wie gesteuert.»

Es ist unrealistisch, Facebook generell zu verbieten

Holger Stams, CIO der Almatis GmbH in Frankfurt:
«Die private Nutzung von E-Mail, Internet und Social Media ist nach wie vor ein sehr kniffliges und sensibles Thema. Grundsätzlich erlauben wir die private Nutzung nur in engen Grenzen, ohne negativen Einfluss auf die Arbeitszeit oder –effizienz und nur unter Einverständnis des Monitorings. Die grösste Herausforderung hier ist die klar geregelte und gesteuerte Handhabung des dienstlichen Datenverkehrs einerseits und die strikte Einhaltung der Datenschutzbestimmungen auf der Seite der privaten Daten andererseits. Wir hoffen, dort bald geeignete technische Unterstützung zur klaren Unterscheidung und damit völlig unterschiedlichen Handhabung dieser beiden Datenwelten zu erhalten. Facebook hat – vielleicht mehr als die generelle private Nutzung des Internet – das Potenzial, Mitarbeiter effektiv von der Arbeit abzuhalten. Das kann man aber nur auf Vertrauensbasis regeln – zumindest, solange man die Nutzung dieser Medien nicht generell verbietet, was ich für unrealistisch und zunehmend weniger durchsetzbar halte. Wenn die technische Unterstützung funktioniert, wie wir uns das vorstellen, dann werden unsere Mitarbeiter jede private Nutzung als solche kennzeichnen können und damit auch mit dem Zeiteinsatz offen und transparent umgehen können.»



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