20.06.2017, 15:00 Uhr

Stolperstein Unternehmenskultur

Mitarbeiter empfinden die Kultur ihres Unternehmens alles andere als digital. Die Wahrnehmungen seitens Management und Belegschaft klaffen weit auseinander.
Die Unternehmenskultur ist eines der grössten Hindernisse auf dem Weg zu einer digitalen Organisation. Das sagen zwei Drittel der 1700 Teilnehmer einer Studie, die der Berater und IT-Dienstleister Capgemini in 340 Firmen aus weltweit 8 Ländern durchgeführt hat. Erschreckend: Der Stand gegenüber der letzten Untersuchung von 2011 hat sich um sieben Prozentpunkte verschlechtert.

Digitaler Röstigraben

Vor allem zwischen Top-Management und der restlichen Mitarbeiterschaft ist eine deutliche Kluft hinsichtlich kultureller Digital-Affinität auszumachen: 40 Prozent aus dem Top-Management sprechen heute bereits von einer existierenden digitalen Unternehmenskultur. Die Mitarbeitenden sind da entschieden anderer Meinung, nur 27 Prozent sind derselben Meinung. Laut Studie beschreiben sieben Attribute eine digitale Unternehmenskultur:
  • die Art der Zusammenarbeit
  • Innovation
  • offene Kultur
  • Digital-First-Vorgehen
  • Agilität und Flexibilität
  • Kundenzentrierung
  • datengetriebener Ansatz
Lesen Sie auf der nächsten Seite: Ohne Kultur keine Transformation Die durch die Befragungen, auch in Interviews, und Datenanalyse haben sich die Gründe für die Lücke in der Wahrnehmung einer digitalen Kultur herauskristallisiert: Dazu gehören die Unfähigkeit von Führungskräften, eine klare digitale Vision zu vermitteln, das Fehlen von beispielgebenden Mitarbeitern sowie fehlende Kennziffern für die Ziele der digitalen Transformation.

Innovation nur theoretisch

Damit die Digitalisierung einen signifikanten Wertbeitrag erzeugt, braucht es die dazu passende Unternehmenskultur. «Unternehmen müssen alle Mitarbeiter in Sachen Digitalisierung mitnehmen, sie befähigen und inspirieren», weiss Claudia Crummenerl, Leiterin Executive Leadership & Change bei Capgemini Consulting Dach.
Jene Firmen, die eine digitale Kultur zum Eckpfeiler ihrer Strategie machen würden, würden auch bessere Beziehungen zu ihren Kunden aufbauen können und die besten Mitarbeiter anziehen, so Crummenerl. Die Diskrepanz zwischen Führungskräften und Mitarbeitern findet sich in allen Dimensionen digitaler Kultur. Auch wenn ununterbrochen von Innovation gesprochen wird, in vielen Unternehmen ist sie noch längst nicht Realität: Nur sieben Prozent der Unternehmen sehen sich in der Lage, neue Ideen zu testen und schnell umzusetzen. Nur 37 Prozent der Mitarbeiter überhaupt finden, ihre Organisation habe eine Innovationskultur und sei experimentier-  und risikofreudig. Auf Seiten des Top-Managements liegt der Wert bei 75 Prozent! Nächste Seite: Führungsriege ohne Digitalversion Auch bei der Zusammenarbeit gehen die Wahrnehmungen stark auseinander. Während 85 Prozent der Manager meinen, sie fördern die interne Zusammenarbeit, können das nur 41 Prozent der Belegschaft bestätigen. Das Management meint zu zwei Dritteln auch, es habe eine Digitalversion. Die Mitarbeiter widersprechen ihrer Führungsriege vehement.
«Unternehmen sind offensichtlich nicht in der Lage, ihre Mitarbeiter an der kulturellen Weiterentwicklung zu beteiligen», schlussfolgert Crummenerl. Das sei jedoch für eine effektive Digitalkultur wie auch die gesamte digitale Transformation einer Organisation unabdingbar. Die Führungskräfte auf Top- wie auch mittlerer Ebene seien es, die aus der allgemein gültigen Digitalvision greifbare Ergebnisse ableiten und entsprechendes beispielhaftes Verhalten auch honorieren müssten. Der grosse Moment für ein Unternehmen kommt, wenn es entdeckt, dass die digitale Transformation keine Frage der Technik ist, sondern ein Wandel der Kultur. Nächste Seite: Vordenker, es gibt sie!

Kulturelle Digitalvordenker

Kultur ist entweder das grösste Hindernis oder der stärkste Beschleuniger sowohl der digitalen Transformation als auch von Innovationen. Capgemini hat denn auch so genannte Digitalvordenker identifiziert. Immerhin gehört mittlerweile jedes dritte Unternehmen dazu. Besonders stark vertreten sind sie in Grossbritannien (63%), Schweden (60%) und den USA (56%).



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