09.08.2007, 14:26 Uhr
Rätselraten um Mobile TV hat ein Ende
Mit grossen Ambitionen hat das Start-up Mobile TV Schweiz jetzt ihre Partner rund um die Bewerbung für die Konzession für mobiles Fernsehen vorgestellt.
Für Swisscom sollen einmal mehr die goldenen Zeiten vorbei sein. Statt wie bisher jeweils als einzige Bewerberin für Konzessionen beim Bakom (Bundesamt für Kommunikation) aufzutreten, soll sich die Situation beim mobilen Fernsehen jetzt ändern. Mit einigem Erstaunen hat sich bei der Konzession für Handy-TV eine Mitstreiterin gemeldet. Mobile TV Schweiz (Motv), ist ein von Bruno Bucher gegründetes Start-up mit Sitz in Biel, das zur Zeit vier Mitarbeiter beschäftigt.
Als grösste Investorin hinter Motv entpuppte sich T-Systems, die zur Zeit führungslose IT-Service-Tochter der Deutschen Telekom. T-Systems ist mit über 1000 Mitarbeitern auch in der Schweiz aktiv. Mit ihrer Media- und Broadcast-Sparte will T-Systems ausserdem die technische Umsetzung des Fernsehangebotes garantieren. Motv wird sich um die Inhalte kümmern. Das Unternehmen will künftig mindestens 40 Mitarbeiter beschäftigen und weitere Arbeitsplätze schaffen, wenn es die Konzession erhält.
Für T-Systems als Partnerin habe man sich entschieden, weil diese schon über viel Erfahrung im Aufbau von DVB-T-Netzen verfügt: Bereits rund um die Fussball WM in Deutschland und bei den Asian Games in Doha hatte die Telekom-Tochter ein mobiles Fernsehnetz aufgebaut, über das Inhalte in digitaler Qualität auf Handys gebracht worden waren.
Bis zur Fussballs Europameisterschaft 2008 soll das Angebot in allen Austragungsstädten verfügbar sein, so die Anforderung des Bundes. Diese Vorgabe sei problemlos zu erreichen, meint der T-Systems-Verantwortliche Berthold Heil. Ihre Ziele hat sich Motv ohnehin höher gesteckt. Anstatt nur im Freien eine fehlerfreie Verbindung zu erlangen, soll die T-Systems-Technik sogar in Gebäuden und Büroräumen ein störungsfreies Signal liefern. Bis ins Jahr 2012 soll gar 55 Prozent der Schweizer Bevölkerung vom DBV-T-Netz abgedeckt sein, erklärte Heil. Dabei habe man aus technischer Hinsicht grosse Vorteile, da die T-Systems-Technik mit allen grossen Mobiltelefon-Anbietern kompatibel sei und daher die wichtige Erhältlichkeit von Geräten sichergestellt sei. Zudem hat Motv mit South Korea Telekom eine weitere Investorin an Bord, die im heimischen Markt bereits 4,1 Millionen DVB-T-Kunden hat.
Inhaltlich soll sich das eigene Programmheft klar von jenem der Swisscom abheben, teilt der begeisterte Bruno Bucher mit. Bei Erhalt der Konzession will man 26 Kanäle zur Verfügung stellen. Die müssen nicht ausschliesslich von Fernsehsendern besetzt werden, sondern sollen auch Radiostationen die Möglichkeit geben, über DVB-T zu senden. Neben den Fernsehsendungen, die von Anwender nicht beeinflusst werden können, will Motv vor allem Mehrwertdienste anbieten. Bruno Bucher gibt als Beispiel einen Musik-Kanal an. Über diesen soll sich während der Sendung der abgespielte Titel direkt erwerben lassen. Man ziele damit direkt gegen Itunes, das lediglich vom Computer aus zugänglich ist, so Bucher. In diesem Bereich habe man auch schon ein grosses Musiklabel hinter sich und sei im Gespräch mit weiteren Platten-Multis. Dies sei eine ,,technische Revolution", an der er teilhaben und mitgestalten wolle, fügt der euphorische Motv-CEO an.
Sollte man die Konzession nicht erhalten, werde Mobil TV Schweiz nicht verschwinden, sondern mit einem eigenen mobilen Format auftreten und eventuell bei einer zweiten Konzession einsteigen. Über finanzielle Einzelheiten wurden keine Angaben gemacht. Laut T-Systems wird der Investitionsbetrag aber im zweistelligen Millionen-Franken-Bereich liegen. T-Systems und Motv, die technisch wie inhaltlich das bessere Angebot als Swisscom versprechen, erwarten mit grosser Spannung die Bakom-Entscheidung. Die ist Ende September 2007 zu erwarten.
Harald Schodl