Tech Summit
04.04.2019, 17:53 Uhr
Microsoft forscht und baut Cloud in der Schweiz
An der Hausmesse «Tech Summit» gab Microsoft einen Einblick in die Forschung in der Schweiz. Auch vom Aufbau der Schweizer Cloud war die Rede, nur vom Starttermin nicht.
ETH-Professor Marc Pollefeys entwickelt neue Anwendungen für die Datenbrille HoloLens
(Quelle: computerworld.ch)
Der Software-Konzern Microsoft investiert in der Schweiz. Wie an der Hausmesse «Tech Summit» in Bern am Mittwoch gesagt wurde, ist die Schweiz für den US-Konzern ein wichtiger Forschungsstandort für Zukunftstechnologien wie Augmented und Virtual Reality. So ist der ETH-Professor Marc Pollefeys an der Weiterentwicklung der Datenbrille HoloLens beteiligt. Dafür hat er an der Zürcher Hochschule eigens das Mixed Reality & AI Labor eingerichtet, in dem die nächsten Generationen der Brille programmiert werden.
In seiner Präsentation am «Tech Summit» nannte Pollefeys die Mixed-Reality-Brille die «dritte Generation des Computing». Sie sei die Weiterentwicklung des PC (1. Generation) und des Smartphones (2. Generation). Mit der Brille näherten die Computer sich immer mehr dem Menschen an – mit allgegenwärtiger Präsenz, mit Ortungsfunktionen und zum Beispiel dem Erfassen des Kontextes eines Anwenders. Geräte wie HoloLens kombinieren nun die virtuelle und die physikalische Welt, um den Benutzer assistieren zu können, ihm Hilfestellung zu geben und die Arbeit zu erleichtern.
Gemeinsam mit den Programmierern am Microsoft-Hauptsitz in Redmond (US-Bundesstaat Washington) entwickelt Pollefeys neue Anwendungen für die Datenbrille. Während heute eine HoloLens noch autonom arbeitet, sollen die Brillen morgen auch zusammenspannen und Informationen austauschen können. Eine Anwendung könnte das Mapping von Gebäuden sein, um in Krisengebieten einen besseren Überblick über die Zerstörung zu erhalten. Nach den Worten des ETH-Forschers ebenfalls denkbar ist das Platzieren von virtuellen Gegenständen in der physikalischen Welt. Die virtuellen Objekte (Spatial Anchor) könnten von anderen Usern dann nur mit einer Datenbrille erfasst werden – und ihnen Hinweise liefern.
Für das Zusammenschalten oder die gemeinsame Arbeit mit den HoloLenses sieht Microsoft seine Cloud-Plattform Azure vor. Entsprechende Cloud-Services sind für die neue Version der Datenbrille verfügbar, sagte Pollefeys.
Microsofts wolkige Schweizer Cloud
Über Microsofts Pläne mit einer dedizierten Cloud-Region in der Schweiz ist in den letzten Monaten viel geschrieben worden. Für den Betrieb der Datacenter hat Microsoft eine eigene Firma nach Schweizer Recht gegründet, Personal angestellt und Hardware eingekauft. An zwei Standorten «Switzerland North» (Grossraum Zürich) und «Switzerland West» (Region Genf) wird zurzeit die Infrastruktur installiert, so dass eine Georedundanz der Datenhaltung gesichert ist. Neue Vorschriften des deutschen Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik BSI sehen eine Entfernung von mindestens 200 Kilometern zwischen den Rechenzentrumsstandorten vor.
Nun wird an den beiden Standorten offenbar immer noch an der Hardware geschraubt. Primo Amrein, Cloud Lead von Microsoft Schweiz, berichtete den rund 1300 Teilnehmern des «Tech Summit», dass in der Schweiz mit einem «Standard Setup» gearbeitet werde. Das habe den Vorteil, dass für die hiesige Infrastruktur von Anfang an sämtliche vorhandenen Qualitäts- und Sicherheits-Zertifizierungen der übrigen 54 Azure-Regionen gelten. Neue und langwidrige Prüfungen sollen damit nicht notwendig sein.
Vom ERP-Hersteller SAP soll die Schweizer Microsoft-Cloud demnächst auch zertifiziert werden, sagte Amrein. Für die «Hana Enterprise Cloud» wird in den Datacentern speziell leistungsfähige Hardware installiert. Zhdan Staruch von SAP äusserte sich auf der «Tech Summit»-Bühne überzeugt, dass SAP-Lösungen aus der Schweizer Microsoft-Cloud eine gute Alternative für viele einheimische Kunden sein werden. Weiter sprach er davon, dass die Installationen von SAP selbst bereitgestellt und gemanaged werden sollen.
Die hohe Leistungsfähigkeit und kurze Latenzzeiten im Vergleich werden Merkmale der Microsoft- und SAP-Angebote aus den Schweizer Datacentern sein, doppelte Amrein nach. Die Schweiz biete für einheimische Kunden eine bis zu viermal bessere Performance als die Services aus Amsterdam respektive Dublin (den bisherigen Azure-Regionen in Europa für hiesige Kunden).
Wie an allen anderen Gelegenheiten blieben die Microsoft-Repräsentanten auch den Besuchern des «Tech Summit» den tatsächlichen Starttermin für die Schweizer Cloud schuldig. «Wir planen mit dem Start in diesem Kalenderjahr», hiess es lediglich – und wie bis anhin auch schon. An der nächstjährigen Hausmesse dürften die Datencenter dann wohl in Betrieb sein.