Alan Hippe über IT-Innovation, die Pandemic Squad und die Life-Sciences-Zukunft

Diese Trends werden die Life Sciences prägen

Quelle: Lucia Hunziker/Roche
CW: Welche drei IT- respektive Tech-Trends werden die Life Sciences in dieser Dekade prägen?
Hippe: Ich bin überzeugt davon, dass in der Zukunft Ökosysteme entstehen werden, beispielsweise in bestimmten Krankheitsgebieten wie etwa in der Onkologie. Diese Entwicklung zeichnet sich bereits heute ab.
CW: Was für ein Szenario erwarten Sie?
Hippe: Wenn Sie heute Krebspatient sind, dann hat Ihre Onkologin rund 1500 alternative Wege, Sie zu behandeln. In fünf Jahren wird sie gemäss Schätzungen verschiedener Experten über 30’000 Alternativen zur Verfügung haben. Ein weiterer Trend ist die personalisierte Medizin. Roche bietet beispielsweise einige Präparate an, die hochspezifisch wirken. Diese Mittel können nur dann ihre heilende Wirkung entfalten, wenn bei Patienten bestimmte genetische Mutationen vorliegen.
“Heute gibt es 1500 alternative Wege, Krebs zu behandeln. In fünf Jahren werden es über 30'000 sein„
Alan Hippe
CW: Roche investiert in die Datennutzung. Welche Entwicklungen antizipieren Sie hier?
Hippe: Ein weiterer Treiber sind Insights – also vertiefte Einblicke in Patientendaten, um eine optimale Behandlung von Patientinnen und Patienten zu gewährleisten. Diese Entwicklung zeichnet sich in der Onkologie ab, die Augenheilkunde könnte folgen. Wir haben zahlreiche Datensätze von Augen. Wir machen so viele Bilder von unseren Augen heutzutage, allein schon durch Videokonferenzen. Hier muss man sich fragen, inwieweit man diese Aufnahmen auch während vieler Jahre sammeln, auswerten und daraus neue Erkenntnisse für die Ophthalmologie gewinnen kann? Konkret heisst das für uns, ob die durch Daten gewonnenen Erkenntnisse anzeigen, dass ein Patient für unser Augenpräparat Lucentis geeignet ist. Für die Felder zentrales Nervensystem und Kardiologie gehe ich von einer vergleichbaren Entwicklung aus. Der dritte grosse technologiegetriebene Trend ist ein noch tieferes Verständnis der Biologie.
CW: Lassen Sie uns etwas philosophisch werden. Technik ist grundsätzlich etwas Totes und Kaltes. Wie können wir ausgerechnet durch den Einsatz von digitalen Technologien lebende Wesen besser verstehen und ihnen Heilung verschaffen?
Hippe: Ich denke, dass wir durch die Auswertung von Daten und Computational Knowledge den Menschen in seiner systemischen Beschaffenheit tief greifender erkennen können. Wir fangen heute schon an, Zellen zu modellieren, und untersuchen, wie sie miteinander interagieren. Über diesen Weg wird man dann bessere Hypothesen ableiten können, was am Ende auch zu besseren Forschungsergebnissen führen wird. All dieses gewonnene technische und biologische Wissen, eingebracht in Ökosysteme, wird den Life Sciences einen massiven Schub verleihen, was letztlich uns allen zugutekommen wird.
“Mich begeistert, dass IT Türen aufmacht, die man vorher gar nicht öffnen konnte„
Alan Hippe, Roche
CW: Was fasziniert Sie persönlich an der IT?
Hippe: Mich begeistert, dass IT Türen aufmacht, die man vorher gar nicht öffnen konnte. Rechenleistung, Software-Qualität und Übertragungskapazitäten via Wi-Fi wurden massiv gesteigert, sodass wir heute viel mehr Daten als früher analysieren können. Früher mussten wir Fachbücher und Lexika heraussuchen, um an relevante Informationen zu gelangen. Heute zückt man das Smartphone und ruft den entsprechenden Wiki-Artikel auf. Auch wie sich der Austausch von Wissen verändert hat, ist grossartig. Ich habe durch den virtuellen Austausch mit meinen weltweiten Finanzkollegen in einer Stunde mehr gelernt über die Abläufe in verschiedenen Ländern als in den letzten Jahren zuvor. Das hat uns überhaupt erst befähigt, Roche «Up and Running» zu halten.
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