11.10.2012, 18:51 Uhr
VMware automatisiert hybride Multi-Clouds
VMware nimmt Abschied von proprietärer Technologie und unterstützt Hyper-V und Amazon EC2. VMwares neuer CEO Patrick Gelsinger findet überraschend ehrliche Worte.
VMware nimmt definitiv Abschied von proprietärer Virtualisierungstechnologie. Auf der VMworld in Barcelona präsentierte das Unternehmen eine neue Version seines vCloud Automation Center (Release 5.1), das die Provisionierung virtueller Maschinen (VM) nicht nur auf Basis des hauseigenen vSphere, sondern auch auf Microsoft Hyper-V, XenServer und Amazon EC2 (Storage Provisioning) anbietet. Der Vendor Lock-in ist bei VMware passé. Die automatisierte Provisionierung von VMs läuft bei VMware über sogenannte "Blueprints", eine Art Bauplan für eine virtuelle, physikalische oder Public-Cloud-Maschine. Dort legt der Admin vorab Parameter wie Lebensdauer der VM, Anzahl CPUs, alloziierter Arbeitsspeicher (in MByte), reservierter Storage (in GByte) und Archivierungsdauer (in Tagen) fest. Unter der Option Virtualisierungstyp kann er nun - das ist neu - zwischen VMware vSphere, Microsoft Hyper-V, Citrix OpenSource XenServer und Amazon (Storage-Provisionierung) auswählen. Mit einem derartigen Blueprint erfolgt die Provisionierung einer neuen VM automatisch und in sehr kurzer Zeit.
Patrick Gelsingers Strategie
VMwares neue CEO Patrick Gelsinger fand auf der VMworld überraschend deutliche und ehrliche Worte. Automatisierung sei vielleicht die unattraktivste (least sexy), aber auch die wichtigste Komponente in VMwares Vision vom software-definierten Rechenzentrum. Aber wir stehen am Beginn einer Reise Richtung Multi-Cloud-Management, betonte Gelsinger. Die sogenannten "Best Practices" seien daher eigentlich "Early Practices", also Management-Vorschläge, die sich noch bewähren müssten. VMwares neues vCloud Automation Center fusst unter anderem auf der Akquise von DynamicOps vor zwei Monaten. Ein guter Einkauf, aber dem Virtualisierungsmarktführer blieb auch gar nichts anderes übrig, punkto Multi-Plattform-Cloud-Management und Automatisierung stärker in die Offensive zu gehen. Im Juni dieses Jahres kam Red Hat mit CloudForms heraus, einer Infrastruktur-Lösung für hybride Cloud-Architekturen. Googles CliQr hat einen ähnlichen Fokus. Proprietäre Lösungen werden es zunehmend schwerer haben, sich am Markt zu behaupten. Nächste Seite: Microsoft macht Druck
Microsoft Hyper-V wächst
Im zweiten Quartal 2012 wuchs VMwares Umsatz zwar um 22 Prozent auf 1,12 Milliarden US-Dollar (im Vergleich zum Vorjahreszeitraum). Aber das muss ja nicht so bleiben. VMware spürt mehr und mehr die Konkurrenz von Microsoft Hyper-V. Dessen Marktanteile wachsen. Auch als Reaktion darauf führte VMware sein altes, für Kunden günstigeres Lizenzmodell vor wenigen Wochen wieder ein. Treue Kunden will man nicht verärgern und in die Arme der Konkurrenz treiben. Seitdem ist die Kontingentierung von virtuellem Arbeitsspeicher (vRAM) vom Tisch. Grundlage des neuen, alten Lizenzmodells ist wieder die virtuelle CPU (vCPU). "Vielen Dank für Ihr Feedback, wir müssen auf das hören, was unsere Kunden uns sagen", meinte CEO Gelsinger auf der VMworld einsichtig. "Wir danken Ihnen für die Begeisterung und die Leidenschaft, die sie unseren Produkten entgegenbringen (We thank you for the continuing passion for the products we build!)."
VMwares Zukunftsvision
"Das software-definierte Rechenzentrum setzt die vollständige Virtualisierung von CPU, Memory, Storage und Networking voraus", heisst es in einem von VMwares Strategiepapieren. Auf dem Netzwerk-Layer hat sich VMware durch die Akquise von Nicira verstärkt, einer Spezialistin für software-gesteuerte Netzwerke und Netzwerk-Virtualisierung. Die Akquise war dem Virtualisiserungsmarktführer 1,26 Milliarden US-Dollar wert.
"Bei der Migration einer virtuellen Maschine muss die gesamte Netzwerk-Konfiguration mitlaufen", skizziert Marcel Panholzer, Senior Manager System Engineering bei VMware Schweiz, die Herausforderung. Den Bandbreitenbedarf einer grossen virtuellen Maschine, in der SAP läuft, beziffert Panholzer auf etwa 750 MByte pro Sekunde. Software rekonfiguriert Switches, Router und Pfade, schafft damit zeitnah die erforderlichen Netzwerk-Kapazitäten. Stimmt die Netzwerk-Konfiguration nicht, verletzt die Applikation Service Level Agreements (SLA). Anwender fangen an zu maulen. Nach Storage- und Server- ist deshalb Netzwerk-Virtualisierung das ganz grosse Ding. Nächste Seite: VMwares Monster-VM
VMwares Monster-VM
In Europa präsentiert VMware seine neuesten Management-Lösungen: das vCloud Automation Center mit Multi-Cloud-Vendor-Support und die verbesserte vCenter Operations Management Suite. Dort geht es um Performance-Optimierung, Kapazitäts- und Konfigurationsmanagement. Bereits in den USA liess VMware die Neuheiten punkto Cloud-Infrastruktur aus dem Sack:vSphere 5.1 und vCloud Director 5.1. CTO Steve Herrod sprach von der "Monster VM", die aktuell 64 virtuelle CPUs, ein TByte Arbeitsspeicher und 1 Million IOPS (Input Output Per Second) pro VM unterstützt. VMware hat in seinem Kernprodukt, im aktuellen vSphere 5.1, die maximalen Limite massiv nach oben geschraubt. Die Frage stellt sich natürlich schon: Wer benötigt solche Monster-VMs überhaupt? Zusammen mit dem Mutterkonzern, dem Speichergiganten EMC, arbeitet VMware zudem an sogenannten virtuellen Volumes (vVol), die insbesondere internationalen Unternehmen mit vielen geografisch verstreuten Niederlassungen Vorteile bringen sollen. Mit der virtualisierten, logischen Speichereinheit "vVol" sollen sich Daten leichter und schneller zwischen physikalischen Speicher-Ressourcen migrieren lassen können.
Schnelleres VDI
CTO Herrod demonstrierte in seiner zweiten Keynote in Barcelona das Duo Mirage und View, das Legacy-Applikationen (on-premise) in mobile Services transformiert. Mirage nutzt Deduplizierung, um die Performance virtualisierter Desktops (VDI) zu verbessern, synchronisiert Daten über verschiedene Devices hinweg und speichert aktuelle Kopien der Images/Daten für Desaster-Recovery-Szenarien. Der mobile Notfall - Laptop gestohlen oder zerstört - verliert damit viel von seinen Schrecken. Die Daten lassen sich auf einem Ersatzdevice schnell wiederherstellen, wie Herrod auf einer Live-Demo zeigte. VMware stösst ausserdem in neue Marktsegmente vor. Die neue Horizon-Suite (ehemals Projekt Octopus) für die mobilen Geschäftseinheiten im Unternehmen stellt virtuelle Desktops im Standard-Browser, also über Internet-Standards wie HTML5, zur Verfügung. Das bringt Vorteile bei der Publikation von Business-Applikationen - wie Xen-Apps, Salesforce-Apps oder Google Apps - auf mobilen Devices.