BI 02.12.2010, 06:00 Uhr

von vielen gebraucht, von wenigen verstanden

Business Intelligence ist seit rund 10 Jahren ein wichtiger Bestandteil der Unternehmensführung und wahrhaftig kein Geheimrezept mehr. Trotzdem setzen nur wenige Unternehmen ein umfassendes Gesamtkonzept um –BI bleibt auf einzelne Fachbereiche beschränkt. Wie lässt sich das ändern?
Die Autorin ist Leiterin Kompetenzzentrum Business Intelligence am Institut für Wirtschaftsinformatik der Kalaidos Fachhochschule Vor der Beseitigung von Hindernissen steht die Frage nach dem Nutzen: Wofür brauchen Unternehmen Business Intelligence (BI)? Die Antwort ergibt sich aus einem zentralen Problem: Geschäftsprozesse generieren im Alltagsgeschäft verschiedenste Daten und Informationen, die im besten Fall in Unternehmensdatenbanken, im schlechteren Fall in anderen Storage-Objekten (z.B. Excel-Files) abgelegt werden. In kaum einer Firma existiert eine wirkliche Übersicht darüber, welche Daten an welcher Stelle vor sich hin schlummern und wie diese sinnvoll genutzt werden könnten. Wir sprechen hier von versteckten Daten und Zusammenhängen in nicht bekannter Grösse oder Aussagekraft. Selbst die IT hat nur begrenzte Möglichkeiten, diese Daten aufzudecken und noch weniger, sie inhaltlich nutzbar zu machen. Transparenz nach Oben Je weiter man die Organisationshierarchien nach oben geht, desto weniger Transparenz existiert über entscheidungsrelevante Unternehmens-informationen und deren Zusammenhänge. Dabei hat gerade die Führungsetage eine solche Transparenz dringend nötig, um fundierte und nachvollziehbare Entscheidungen treffen zu können. An dieser Stelle kommt BI ins Spiel. Anlehnend an Howson (siehe Literaturquellen), kann man BI als eine umfassende Methodik zur Unternehmensführung auf Basis analytischer Konzepte definieren. Sie bezieht viele verschiedene Unternehmensbereiche ein und ist als zeitbezogener Geschäftsprozess entlang der Wertschöpfungskette eines Unternehmens zu verstehen – über die operativen, taktischen und strategischen Ebenen hinweg. Das macht bereits deutlich, dass deren Umsetzung nicht losgelöst vom eigentlichen Business in der IT definiert werden kann, sondern nur in Zusammenarbeit und unter Einbezug aller betroffenen Bereiche und Stakeholder – ein hochkomplexer Prozess. Folgende fünf Aspekte können dabei helfen, mögliche Hindernisse zu überwinden. 1. BI Added Value Zur zielgenauen Steuerung von Unternehmen benötigt das Top-Management heute eine transparente, vertrauenswürdige und nachvollziehbare Informationsgrundlage, um die Ist-Situation des Unternehmens und die Steuerungsparameter für die Zukunft erkennen zu können. Insbesondere aufgrund der gerade überwundenen Wirtschaftskrise, aber auch für die Zukunft werden Datentransparenz und inhaltliche Nachvollziehbarkeit der Informationen ein wichtiges Thema sein. Beides kann BI leisten. Der Mehrwert besteht in einer qualitativ hochwertigen Informationsgrundlage, auf deren Basis fundiertere strategische Entscheidungen für das Unternehmen getroffen werden können.  2. BI-Awareness Voraussetzung, um BI richtig nutzen zu können, ist ein entsprechendes BI-Verständnis (Awareness) in allen betroffenen Fachbereichen. Insbesondere die Führungsebene muss deren Wert kennen und unterstützen. Weil die Implementierung entlang der Wertschöpfungskette durchgeführt werden sollte und viele verschiedene Unternehmensbereiche berührt, ist die volle Unterstützung und genügend «Drive» nötig, um die zum Teil aufwendigen Massnahmen nachhaltig umsetzen zu können. Dafür muss das Thema in den Führungsetagen verstanden werden. Diese Unterstützung fehlt oft noch. Da das Thema in der Vergangenheit primär von den Software-Herstellern vorangetrieben wurde, belastet eine Menge «IT-Staub» die Wahrnehmung; die Verantwortung wird auf die IT abgewälzt. Das Management hat in der Regel nur insofern «Verständnis» für BI, dass es möglichst wenige, konsolidierte Reports zur Unternehmenssteuerung sehen möchte. Woher die Zahlen kommen, wie sich die Kennzahlen genau zusammensetzen und vor allem, welche Menge an Informationen und Zusammenhängen dabei nicht berücksichtigt wurde, wird kaum bis gar nicht hinterfragt. Oftmals gerät die IT dann später in eine Rechtfertigungssitua­tion, da nicht genug BI-Awareness und damit auch Verantwortungsteilung zwischen Management, Fachbereich und IT stattgefunden hat. 3. BI-Kompetenz Der explizite Aufbau von BI-Kompetenz, sowohl im Fachbereich als auch in der IT, ist Voraussetzung dafür, dass alle Projektbeteiligten zielführend «von der gleichen Sache reden» und das Projekt thematisch klar abgrenzbar ist. BI-Expertenwissen sollte an den entscheidenden Schlüsselfunktionen vorhanden sein, damit ein reibungsreduzierter Projektablauf möglich ist. Oft stehen hinter den attraktiven Möglichkeiten einer Software die komplexen Überlegungen einiger BI-, Fach-, und IT-Spezialisten, die Funktionen wie eine zentrale Suchfunktion überhaupt erst ermöglichen. Darum ist es wichtig, dass genügend Kompetenz vorhanden ist, um das Potenzial wirklich nutzen zu können. Normalerweise hat die IT einen tieferen Ein- und Überblick in die Informationslandschaft als die Fachbereiche und das Management. Sie kennt den Backbone der Prozesse, die gesamte IT-Architektur und steuert und überwacht Informationseingang und -ausgang. Dieses wertvolle Wissen sollte nicht ungenutzt bleiben, sondern auch auf fachlicher Seite eingebunden werden. 4. BI-Strategie Business Intelligence ist ein komplexes Zusammenspiel vielfältiger Aspekte aus strategischer, fachlicher und technischer Sicht. Aus diesem Grund ist es zentral, dass – abgeleitet aus der Corporate-Strategie und abgestimmt mit der IT-Strategie – eine BI-Strategie entwickelt wird. Die IT-Strategie allein kann diese Aufgabe nicht erfüllen, da sie keine fachlichen oder strategischen Aspekte beinhaltet. Die BI-Strategie hingegen sollte alle relevanten Themen aus Management und IT unter dem BI-Blickwinkel beinhalten und als Messlatte dienen, um alle BI-Projekte innerhalb eines Unternehmens aufzugleisen. Die Abgrenzung zu anderen Themengebieten ist dabei elementar wichtig. Nur wenn man weiss, was man durch BI auf strategischer, fachlicher und technischer Ebene erreichen möchte, kann man entsprechende Projekte erfolgreich umsetzen. Daher ist es auch so wichtig, alle drei Bereiche gleichermassen zu berücksichtigen und miteinander abzustimmen. 5. BI-Technologie Wie entscheidend ist die Wahl der Software und die bereits vorhandene Architektur im Unternehmen für den Erfolg? Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass die Wahl der richtigen Technologie durchaus wichtig ist, und etwas mehr Aufwand im Vorfeld später viel Arbeit erspart. Hier greifen die in der IT üblichen Evaluationsprozesse, die mit der existierenden Architektur abgestimmt werden sollten. Wenn ein BI-Tool sehr attraktive Funktionen hat, aber nicht in die technische Landschaft passt, kann es sinnvoller sein, ein besser passendes zu wählen und auf spezielle Funktionen zu verzichten. Wichtig ist auch, Schlüsselpersonen aus den Fachbereichen und evtl. auch aus dem Management beizuziehen. Das mag übertrieben klingen, allerdings zeigt die Erfahrung, dass je mehr Stake­holder von Anfang an dabei sind, desto höher ist später die Akzeptanz und Nutzung. Fazit: Barrieren überwinden Damit die Business Intelligence endlich zu echtem Erfolg führt, ist es heute und in Zukunft notwendig, eine neue bzw. kombinierte Perspektive aus Management-, IT- und Business-Sicht zu entwickeln. Ziel muss sein, Struktur und Klarheit in die vorhandenen Datenmeere der Unternehmen zu bringen und mit sinnvoll abgestimmten Analyse- und Auswertungs­methoden die Ergebnisse klar aufbereitet zur Verfügung zu stellen. Um das zu erreichen, müssen die fünf BI-Aspekte Added Value, Awareness, Kompetenz, Strategie und Technologie verstanden und berücksichtigt werden. Weiterbildung in Business Intelligence Das Institut für Wirtschaftsinformatik (IfWI) der Kalaidos Fachhochschule bietet Führungskräften aus Wirtschaft und Informatik eine praxisrelevante und umfassende Weiterbildung zum Thema BI an. Computerworld ist Medienpartner des IfWI. Themenschwerpunkte: - BI als Managementbasis - Identifikation der unternehmensrelevanten Daten - BI als Prozesssteuerung vom Datensammeln zum informierten Handeln - BI-Architektur - Einsatz von Datawarehouse, Datamart, MIS und verwandten Applikationen - Auswertungsmethoden und Reporting - Rechtsfragen - BI in der Organisation - Transferworkshops mit Praxisbeispielen Ausbildungsgang: 7 Blöcke (Freitag/Samstag), kombinierter Präsenz- und Onlineunterricht, verteilt auf 6 Monate Ort: Zürich-West und online am Arbeitsplatz Datum: ab 8. Januar 2011 Abschluss: Certificate of Advanced Studies FH in Business Intelligence Info & Anmeldung: www.ifwi.ch oder Tel. +41 58 404 42 50 Literaturquellen: - Bachmann, R. and G. Kemper, Raus aus der BI Falle, Heidelberg 2009 - Gansor, T., u.a., Von der Stra­tegie zum BI Competency Center, München 2010 - Howson, C., Successful Busi­­ness Intelligence: Secrets to Making BI a Killer App, New York 2008


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