«Starre Struktur behindert Innovation»
Entwickeln mit Google
Wie und was trägt Red Hat zur Open-Source-Gemeinschaft bei?
Unser Grundsatz lautet: Wir starten niemals selbst ein Open-Source-Projekt. Denn das würde der Grundidee von Open Source widersprechen. Open-Source-Projekte und Innovation werden von den Usern selbst getrieben, nicht von Unternehmen wie Red Hat.
Die Rolle von Red Hat ist in erster Linie das Beobachten von neuen Entwicklungen. Wird ein Feature von den Entwicklern adaptiert, leisten wir Unterstützung, indem wir auf die Enterprise-Tauglichkeit hinarbeiten. Wenn ein Kunde Interesse an einem Feature äussert, arbeiten wir mit ihm zusammen an der Adaptation. Aber typischerweise sind wir höchstens für 20 Prozent der Upstream-Beiträge zu den Projekten verantwortlich. Upstream meint in diesem Fall, dass Red Hat der Erstautor eines neuen Features ist. Nehmen wir unsere Container-Plattform, die unter anderem auf Docker und Kubernetes basiert. Docker ist ein sehr vitales Open-Source-Projekt, Kubernetes wurde ursprünglich von Google lanciert und wird von uns heute stark unterstützt. Die meisten Erweiterungen und Verbesserungen stammen aber weiterhin von Google selbst, da sie aus der eigenen Praxis am besten wissen, wie eine Container-Infrastruktur orchestriert wird. Red Hat liefert Kunden für beide Projekte den Enterprise-Support.
Wie handhabt Red Hat beispielsweise Bugfixes? Bei Open-Source-Projekten im Enterprise könnten Sicherheitsrisiken entstehen.
Wenn sich bei der Prüfung herausstellt, dass tatsächlich ein Sicherheitsrisiko besteht, wird sofort ein Patch bereitgestellt. Eine Herausforderung dabei sind Upstream-Projekte, bei denen wir quasi nie die volle Kontrolle haben. Wir versuchen dann, einen der Urheber zu erreichen und den Patch ins Projekt einfliessen zu lassen. Normalerweise klappt das hervorragend. Wenn einmal nicht, kommunizieren wir aktiv mit der Community bevor wir einen Patch lancieren. Denn für den Kunden ist nichts ärgerlicher als ein Update für ein Update.
Wie viel Code stammt in Ihren Produkten von Entwicklern, die nicht bei Red Hat angestellt sind?
Das hängt sehr vom Produkt ab. Beim Linux-Kernel zum Beispiel stammen weniger als 10 Prozent von Red Hat, bei OpenStack zwischen 10 und 12 Prozent und bei Kubernetes sind es unter 20 Prozent. Generell streben wir einen tiefen zweistelligen Prozentsatz an, damit wir ein gewisses Mitspracherecht haben und auch Features lancieren können, die die Kunden wünschen. Bei einem geringeren Engagement wird das schwierig. Teilweise werden aber auch die Kunden selbst aktiv: Sie fragen ein Feature nach. Wenn wir ihnen nicht umgehend helfen können, entwickeln sie den Programmcode selbst und lancieren ihn in der Community. Anschliessend können sie den Enterprise-Support für das Feature bei uns zubuchen. Das mag etwas schräg tönen, die Rechnung geht aber auf. Anstatt sich selbst um das Patching und die Wartung zu kümmern – und dabei auch auf Programmierer zu zählen, die allenfalls kurz vor der Pension stehen – kaufen die Anwender besser den erweiterten Support von uns. Wir können aufgrund der grossen Anzahl an Kunden die Preise tief halten. Wenn die Unternehmen selbst die Wartung leisten müssen, ist das viel teurer.