Ernüchterung in der Blockchain-Szene
05.02.2019, 11:32 Uhr
Im Crypto Valley hält die Realität Einzug
Die Kursstürze von Bitcoin, Ether und Co. haben die gesamte Blockchain-Szene in Mitleidenschaft gezogen. Trotz schwieriger Zeiten rechnen Kenner nicht mit einem Zusammenbruch der Branche.
Die Verwerfungen am Kryptowährungsmarkt haben nicht nur Auswirkungen auf die Portfolios der Spekulanten, sondern hinterlassen auch Spuren in den Bilanzen der Krypto-Firmen. Von einem anstehenden Zusammenbruch der jungen Branche kann aber laut Szenenkennern nicht die Rede sein.
Die fallenden Preise von Bitcoin etcetera zwingen Unternehmen hierzulande vermehrt zu einschneidenden Massnahmen. Nach der Boom-Phase Ende 2017 müssen sich einst gefeierte Startups aus dem Zuger Crypto Valley der harten wirtschaftlichen Realität stellen.
Konsolidierung im «Krypto Tal»
Die angeschlagene Branche dürfte zudem die Talsohle noch nicht erreicht haben, sagt Ralf Kubli, Direktor des Berater-Teams der Zuger Beteiligungsgesellschaft CV VC, gegenüber der Nachrichtenagentur AWP. Vor allem Firmen, die mit dem Handel von Kryptowährungen Geld verdienen, stünden vor Herausforderungen. Aber auch in der Softwareentwicklung werde zunehmend mit kleineren Kernteams weitergearbeitet. «Zusätzlich muss man sagen, dass während des Booms einige Startups viel zu viele Mitarbeiter angestellt haben und nun eine Rückbesinnung auf die eigentlichen Aufgaben stattfindet», fasst Kubli die Situation im Crypto Valley zusammen.
Beim Kanton Zug gibt man sich derweil gelassen: «Ich beurteile das Ökosystem nach wie vor als sehr vital, was Ansiedlungen und Neugründungen betrifft», sagte Bernhard Neidhart, Leiter des Amts für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zug, auf Anfrage. Er räumte aber auch ein, dass eine Konsolidierung feststellbar sei.
Ein Drittel der Belegschaft weg
Eines der Startups, das auf den Boden zurückgeholt wurde, gehört dem in der Szene bestens bekannten US-Amerikaner Erik Voorhees, Gründer und CEO der in Zug ansässigen «Krypto-Wechselstube» ShapeShift. Unlängst sah sich Voorhees gezwungen, aufgrund des Preiszerfalls von Kryptowährungen sowie strategischen Fehlentscheiden 37 Mitarbeitende und damit rund ein Drittel seiner Belegschaft zu entlassen.
Als Hauptgrund für die Entlassungen nannte Voorhees die Preisentwicklung von Bitcoin und Co. im letzten Jahr. Diese habe substanzielle Auswirkungen auf die Finanzen der Firma gehabt. Aber auch strategische Fehler, wie etwa die zu expansive Wachstumspolitik, räumte der Chef von ShapeShift ein.
Nur noch die Hälfte wert
Das zuletzt aggressiv vorangetriebene Wachstum in der Branche dürfte sich nun rächen: «Wir erwarten weitere Entlassungen, wenn sich der rückläufige Trend nicht umkehrt», prognostiziert etwa die Falcon Private Bank, die selber am Kryptomarkt aktiv ist. Die Schwarzmalerei dürfe aber nicht übertrieben werden: «Die Innovation ist nicht tot, und die Entwickler arbeiten immer noch hinter der Bühne», wird betont.
Gemäss dem neusten Bericht der Zuger Blockchain-Beteiligungsgesellschaft CV VC hat der Einbruch von Kryptowährungen einen substanziellen Einfluss auf die Bewertung der einst mehrere Milliarden schweren Startups, deren Geschäftsmodell auch durch die Preisentwicklung von Kryptowährungen am Leben gehalten wird.
Der in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen PwC und dem IT-Dienstleister Inacta entstandene Bericht zeigt, dass die Marktbewertung der 50 grössten hierzulande ansässigen Blockchain-Firmen alleine zwischen dem dritten und vierten Quartal 2018 um mehr als die Hälfte eingebrochen ist. Konkret schrumpfte die Marktbewertung von 44 auf 20 Milliarden Dollar. Die Mehrheit dieser Firmen hat ihren Sitz entweder in oder um Zug.
Kein Zusammenbruch
Von einer anstehenden Insolvenzwelle bei Krypto-Startups könne aber kaum die Rede sein, betont Thomas Landis vom in Zürich ansässigen Fintech Inkubator F10. Das Umfeld für Jungfirmen sei weiterhin gut: «Dass Innovation wichtig ist, haben die meisten Manager in der Zwischenzeit verstanden», gibt sich Landis überzeugt.
Wichtig sei aber, dass sich Startups nicht ausschliesslich auf Krypto oder nur eine Technologie fokussierten. Vielmehr müssten sie stets den Kunden ins Zentrum stellen: «Nur dann wird es Interessenten geben, die darauf anspringen.» Die Zeiten, in denen ein Startup per Initial Coin Offering (ICO) Millionen einnehmen könne, ohne ein tragfähiges Geschäftsmodell zu haben, seien ohnehin vorbei.
«Aus unserer Optik muss ein erfolgreiches Startup zum richtigen Zeitpunkt, das richtige Kundenproblem lösen, welches dem Endkunden zu diesem Zeitpunkt allenfalls noch gar nicht bekannt ist», lautet die Formel des Gründerberaters.