04.05.2011, 06:00 Uhr
Mit Hochtouren auf Windows 7
Der Haushaltgerätehersteller V-Zug hat Windows 7 eingeführt. Getronics half dabei. Heute sind IT und Business agiler als zuvor, weil Konzern und Dienstleister ordentlich gewirbelt haben.
Nahezu ein Jahrzehnt hatte V-Zug seine IT-Infrastruktur kaum verändert. Der Fachbereich arbeitete mit Windows 2000, die IT schraubte am Windows 2000 Server. Neben lokal auf jedem Arbeitsplatz-Computer installierter Software wurden diverse Anwendungen mithilfe Virtualisierung bereitgestellt. Die IT-Abteilung hatte alle Hände voll zu tun – zum Beispiel damit, die veralteten Systeme mit Patches zu versorgen, weit verstreute Administratorkonten zu kontrollieren und Fachanwendungen in virtuelle Maschinen zu verfrachten. Das Business musste ein ums andere Mal vertröstet werden, weil sich die alte Plattform nicht mit neuen Programmen vertrug.
Leidensdruck-Update
Im Sommer letzten Jahres endete der Support für Windows 2000. Das war ein Leidensdruck-Update zu viel: V-Zug – die IT-Abteilung gemeinsam mit Fachbereich und Geschäftsleitung – engagierte Getronics für die Migration auf ein neues System. Das Ziel lautete zunächst Windows Vista. «Zum Entscheidungszeitpunkt stand Windows 7 zwar schon vor der Tür, jedoch war noch nicht sicher, ob Microsoft den Termin wirklich einhalten würde», erinnert sich Markus Inauen, Leiter Support bei V-Zug. Vieles sprach für das Umschwenken auf Windows 7, so Heinz Stucki, Key Account Manager bei Getronics. «Ein überzeugendes Argument war die längerfristige Perspektive. Windows 7 hat einen mindestens drei Jahre längeren Lebenszyklus als Vista.» Als Windows 7 termingerecht fertig war, liess sich der Wechsel in kürzester Zeit realisieren. «Die Infrastruktur stand inzwischen, sodass alle Tests mit der neuen Betriebssystemversion innert zwei Monaten absolviert wurden», berichtet Inauen.
Schluss mit der Inkompatibilität
Zudem gab es im Paket mit App-V eine fertige Applikations-Virtualisierungslösung, welche es erlaubte, die Bereitstellung der Fachanwendungen zu beschleunigen, da die Paketierung deutlich schneller geht als die eines MSI-Pakets. Von inkompatiblen Applikationen konnten V-Zug und Getronics ein Lied singen. «Bei der Software für das Product Data Management handelt es sich um eine 16-Bit-Applikation», nennt Stucki ein Beispiel. «Das Programm lief ausschliesslich unter Windows 2000. XP und Vista wurden nicht unterstützt – Windows 7 selbstredend auch nicht.» Heute wird das Tool mithilfe von Citrix bereitgestellt, viele andere mithilfe von App-V. Inauen weiss: 60 Prozent der Applikationen werden via App-V geliefert, 40 Prozent via MSI installiert. «Mit der Virtualisierung ist den Kompatibilitätsproblemen gut beizukommen, insbesondere wenn der Datenaustausch gewährleistet wird oder man mit mehreren Versionen ein und derselben Software arbeiten muss», lobt der V-Zug-Manager. Nur ein paar eigene Anwendungen wurden für Windows 7 neu programmiert, alle anderen Problemfälle als Published Application via Citrix gelöst. Das hat den positiven Nebeneffekt, dass die IT nun einen einheitlichen Desktop managt.
IT-Nutzen
V-Zug betreibt etwa 500 Fat Clients und 400 Thin Clients, fast die Hälfte sind Notebooks. Alle Maschinen stammen neu von Dell und besitzen eine zeitgemässe Ausstattung. Zum Standard gehören ein Zweikernprozessor, vier Gigabytes Arbeitsspeicher und eine Grafikkarte mit digitaler Schnittstelle. «So genügt es heute, wenn wir ein Image ohne Treiber erzeugen, um einem Fachbereichskollegen innert Stunden wieder einen arbeitsfähigen PC bereitzustellen», sagt Support-Leiter Inauen. Diese Standardisierung hat aber auch Auswirkungen auf die Anwender: Hatte früher nahezu jeder Notebook-Benutzer Administratorrechte – um zum Beispiel einen Drucker installieren zu können –, wurden nun die Rechte mit der Umstellung stark eingeschränkt. «Für eine Druckerinstallation genügen unter Windows 7 die Rechte eines Standard-Users. Das erleichtert die Verwaltung natürlich immens», führt Inauen aus. Bei denjenigen Kollegen, die noch Administratorrechte besitzen, ist laut dem Support-Leiter User Access Control aktiviert. Damit würden die Mitarbeiter dafür sensibilisiert, dass sie eine tief greifende Änderung am System vornehmen – was normalerweise Aufgabe der IT sei. Um die Kollegen vom Support zu entlasten, gab es im Zuge der Migration Optimierungen auch im Backend. Da es beispielsweise im Active Directory unter Windows 7 andere Verzeichnisstrukturen als unter Windows 2000 gibt, mussten Skripte eines webbasierten Tools für das Anlegen und Ändern von Benutzern adaptiert werden. Nun kann der Support nahezu automatisch User einpflegen oder prüfen. Auch hat V-Zug die Software-Verteilung von Brainware auf Microsoft System Center umgestellt. Das bedeutete natürlich Programmieraufwand. Den leistete allerdings Getronics: Zusammen mit einem Spezialisten wurde ein webbasiertes Tools für das System Center entwickelt. «Zielvorgabe dabei war, V-Zugs IT-Abteilung durch möglichst viel Automatisierung zu entlasten», fügt Getronics-Manager Stucki an.
Business-Nutzen
Der hohe Automatisierungs- und Standardisierungsgrad hat direkte Konsequenzen für das Business: Selbst bei einem Defekt können die Mitarbeiter innert Stunden oder gar Minuten weiterarbeiten. Auch wenn sie den Zugriff auf eine neue Anwendung benötigen, kann die IT Programme rasch bereitstellen. «Statt zwei bis drei Tage brauchen wir heute einen Tag, um dem Business Zugang zu neuen Applikationen zu gewähren», sagt Inauen. Diesen Prozess beschleunigt die Virtualisierung. Sie ist teilweise notwendig, weil Applikationen schlicht nicht auf jedem System laufen, teils aber auch bewusst gewählt, um die Komplexität zu reduzieren. «Unser Ziel war, dass sich der Benutzer keine Gedanken machen muss, wo seine Anwendungen herkommen. Sie sind da, wenn er eine Aufgabe zu erledigen hat», erklärt der Support-Leiter. Dabei helfen der grosse lokale Arbeitsspeicher, die leistungsfähige Hardware und die ausfallsichere Infrastruktur.
Wenig Unterbruch sollte der Umstieg auch im Hinblick auf Benutzerschulungen bedeuten. «Wir haben darauf gebaut, dass viele Kollegen schon Erfahrung mit den neuen Windows-Versionen haben», führt Inauen aus. Mit dieser Annahme sollte er recht behalten. Die eigens installierte eLearning-Plattform wurde kaum benutzt. Lediglich beim Service-Desk liefen an den ersten Tagen teils doppelt so viele Anfragen wie sonst auf. «Dabei ging es aber häufig um Kleinigkeiten wie falsch zugewiesene Programme», relativiert der Projektverantwortliche. Abseits davon sei der Wechsel glatt gelaufen. Allerdings sind die Unterschiede zwischen Windows 2000 und Windows 7 für den Endbenutzer nicht so gravierend. «Der Start-Knopf ist jetzt ein Button mit einer Fahne, der Explorer ist etwas bunter, zeigt aber noch immer die Laufwerke an und dient als Dateiablage», fasst der Support-Leiter zusammen. Konstanz wird es für die Fachbereiche bei den Clients geben. Obgleich es für Inauen attraktiv wäre, noch mehr zu virtualisieren, müssen doch einige Systeme als Full Clients in den Abteilungen stehen bleiben. «V-Zug ist ein Industrieunternehmen, in dem Geräte an eine physikalische Schnittstelle angeschlossen oder Karten eingebaut werden müssen. Das funktioniert im virtuellen Umfeld noch nicht so gut wie bei physikalischen Maschinen», betont der IT-Fachmann.
Blick auf Windows 8
Indes sieht sich V-Zug mit der neuen Infrastruktur gut aufgestellt, um mit der künftigen Marktentwicklung Schritt halten zu können. Bei Windows 7 rechnet der Konzern damit, dass die Plattform so lange beibehalten wird, bis die Hardware in vier Jahren abgeschrieben ist. Zwar sei für das Betriebssystem ein Enterprise-Agreement abgeschlossen worden, was zum Upgrade auf Windows 8 berechtigen würde. Die Notwendigkeit sehen Inauen und Stucki aber heute nicht. «Bei Windows 8 wird der Leidensdruck der Unternehmen längst nicht so gross sein wie bei Windows 7», weiss Stucki auch aus Diskussionen mit anderen Kunden. Häufig seien heute noch Windows 2000 und Windows XP in Betrieb, deren Support bereits abgelaufen ist oder in absehbarer Zeit auszulaufen droht. Hier gäbe es akuten Handlungsbedarf, um nicht auf Systemen zu arbeiten, für die es keine Patches und Updates mehr gibt. Zudem behindern Altsysteme möglicherweise auch das Business. «Endlich müssen wir die Fachbereiche nicht mehr vertrösten, sondern können das Business mit aktueller Software effektiv unterstützen», resümiert Support-Leiter Inauen.