Vergleich
12.11.2018, 07:15 Uhr
So schlägt sich das Apple iPhone Xr gegen das OnePlus 6T und das Mi8 von Xiaomi
OnePlus und Xiaomi greifen mit ihren Top-Smartphones an und fordern Apples neues iPhone-Modell Xr heraus.
Flagship-Killer: Mit diesem Schlagwort umschreiben die aufstrebenden chinesischen Hersteller gerne ihre Top-Smartphones, die zu viel günstigeren Preisen als die Flaggschiffe der Platzhirsche angeboten werden, aber ähnliche Leistungen bringen sollen. Wir haben das anhand zweier Herausforderer überprüft, die sich im Vergleich dem iPhone Xr stellen. Das neue «Einsteigermodell» von Apple, das etwas schlechter als das iPhone XS ausgestattet ist, kostet je nach Speicherausstattung immerhin noch zwischen 879 und 1069 Franken. Bis zu 450 Franken weniger werden je nach Händler und Ausstattung dagegen für das Xiaomi Mi8 fällig. Etwas mehr verlangt OnePlus für sein 6T. Dieses ist in Versionen mit unterschiedlichem Arbeits- und Datenspeicher erhältlich ab rund 700 Franken erhältlich.
Die Hersteller erreichen diese Preise vor allem durch Sparen an den Ausgaben für Marketing und Vertrieb und weniger an der technischen Ausstattung der Produkte. Markenimage bekommen die Käufer aber noch nicht: Xiaomi ist auch in der Schweiz erst einem kleineren Kreis von Smartphone-Freaks ein Begriff, OnePlus hat zumindest schon eine Community mit treuen Fans aufgebaut. Mit dem Top-Image des Giganten Apple lässt sich das aber kaum vergleichen.
Für den hohen Preis gibt es beim iPhone Xr aber nicht nur Prestige für den Besitzer, sondern auch wie gewohnt eine erstklassige Verarbeitung und eine hochwertige Anmutung. Das Xr hat zwar nur einen Rahmen aus Aluminium und nicht Edelstahl wie das Xs, doch das fällt kaum auf. Die neuen Farben, vor allem das matte Gelb und Blau, sehen gut aus und sorgen für einen ganz neuen optischen Eindruck der Rückseite aus Glas. Mit dem bunten Look hebt es sich von den beiden anderen doch sehr konventionell auftretenden Kontrahenten ab. Ein unschönes Detail bei allen drei Geräten sind die herausstehenden Linsen der Kameraeinheit auf der Rückseite. Mit 194 Gramm ist das iPhone das schwerste Gerät im Trio, obwohl es das kleinste Display hat.
Gute Verarbeitung bei OnePlus und Xiaomi
Den günstigeren Preis sieht man den beiden China-Smartphones nicht gleich an: Das Xiaomi hat eine dem iPhone X stark ähnelnde Rückseite in glänzendem Glas und einen Metallrahmen, das Markenlogo erscheint nur als ein kleines «Mi» auf dem Gerät. OnePlus verwendet ähnliche Materialien und hat neben der glänzend schwarzen Version auch eine in mattem Finish, die erfreulich unanfällig für Fingerabdrücke ist. Gegen Staub und Wasser ist nur das iPhone gemäss der Norm IP67 geschützt, es soll also 30 Minuten in bis zu einem Meter Wassertiefe aushalten. Hier sparen sich die Chinesen klare Aussagen in Form einer Zertifizierung.
Einig sind sich alle drei Hersteller beim Verzicht auf die 3,5-Millimeter-Kopfhörerbuchse. OnePlus und Xiaomi legen einen Adapter, aber kein Headset bei. Apple spart sich in dieser iPhone-Generation erstmals den Adapter, packt aber zumindest die bekannten kabelgebundenen Kopfhörer ins Paket. Das Mi8 und das 6T haben nur ziemlich bescheiden klingende Mono-Lautsprecher, die qualitativ weit vom guten Sound der iPhone-Speaker entfernt sind.
Unterschiedlich ist die Frage der Authentifizierung des Anwenders gelöst: Beim Mi8 gibt es einen runden Fingerabdruck-Sensor im oberen Bereich der Rückseite, während OnePlus den Sensor erstmals im unteren Viertel unter dem Display-Glas platziert. Dieser funktioniert schon bei leichter Berührung. Apple verzichtet seit dem X-Modell ganz auf den Finger zum Entsperren und setzt stattdessen auf die Gesichtserkennung Face ID, die inzwischen einen deutlich besseren Erfassungswinkel hat.
Zu den Displays
Alle drei Smartphones haben besonders grosse Displays, deren Diagonalen von 15,5 Zentimeter bei Apple über 15,8 Zentimeter bei Xiaomi bis zu immerhin 16,3 Zentimeter bei OnePlus reichen. Zudem ist bei Letzterem auch die Notch deutlich kleiner als bei den Kontrahenten: Sie ist nicht einmal einen Zentimeter breit und abgerundet, während bei den beiden anderen Geräten jeweils rund vier Zentimeter verbraucht werden. Das iPhone verliert in der Display-Wertung an Boden, denn die Anzeige hat eine deutlich geringere Auflösung und lediglich LCD-Technologie, die vor allem in der Darstellung der schwarzen Flächen nicht mit den beiden Amoled-Displays mithalten kann. Im Alltag fällt dieser Unterschied allerdings weniger auf, als die technischen Daten vermuten lassen, das Niveau des Xr dürfte den meisten Anwendern ausreichen.
Absolut erstklassig ist das Arbeitstempo, der neue A12-Bionic-Chipsatz, der auch das teurere Xs-Modell antreibt, geht rasant zu Werke und distanziert mit einem Antutu-Score von 348'000 die beiden Android-Handys. Sie nutzen mit dem Snapdragon 845 den derzeit schnellsten Prozessor jenseits der Apple-Welt und erreichen im Antutu-Benchmark mit 289'000 (OnePlus) und 284'000 (Xiaomi) Top-Werte.
Nicht zu verstehen ist, warum nur Apple drahtloses Laden nach dem QI-Standard integriert. OnePlus und Xiaomi setzen dagegen eher auf schnelles Laden der Akkus und legen auch die entsprechenden Adapter bei. Beim iPhone muss dieser zusätzlich erworben werden, was ärgerlich ist, da das mitgelieferte schwache Netzteil für eine Füllung fast ganze drei Stunden braucht. Das Xiaomi und das OnePlus dagegen schaffen diesen Ladevorgang in ungefähr der Hälfte der Zeit.
Auf dem Papier hat das iPhone zwar den Akku mit der geringsten Kapazität, im realen Betrieb hielt es aber mit rund zwei Tagen Alltagsgebrauch knapp vor dem OnePlus am längsten durch, während das Xiaomi nach etwa 1,5 Tagen wieder geladen werden musste.
Apple spart sich die Doppelkamera
Bei der rückwärtigen Kamera verzichtet Apple auf die Doppellinse der XS-Modelle und baut nur eine Linse mit 12 Megapixeln Auflösung und einer grossen Blende von f/1.8 ein. Bei normalen Fotos bei Tageslicht ist das gegenüber den Doppelkameras der beiden anderen Smartphones im Test kein Nachteil, auch in der Dämmerung sind die Leistungen noch recht gut. Es gibt zwar keinen optischen Zoom, doch zumindest der Bokeh-Effekt mit unterschiedlicher Schärfe auf Vorder- und Hintergrund wird per Software gut umgesetzt.
Xiaomi kauft sein Kameramodul bei Sony ein, was sich mit einer hohen Bildqualität und realistischen Farben durchaus bezahlt macht. Beide Kameras haben eine Auflösung von jeweils 12 Megapixeln und eine Blende von f/1.8 in der Hauptlinse. Damit ist auch ein doppelter optischer Zoom möglich. Ausserdem soll eine KI-gestützte Software den Anwender mit der Erkennung von 206 Szenarien bei der automatischen Bildeinstellung unterstützen, was in der Praxis aber nicht immer funktionierte. Auch das OnePlus fotografiert auf hohem Niveau, hier gibt es eine Hauptkamera mit 16 Megapixel und einer Blende von f/1.7 sowie eine Assistenzkamera mit 20 Megapixel für den Bokeh-Effekt und einen doppelten optischen Zoom.
Die 7-Megapixel-Frontcam des iPhone schiesst ordentliche Bilder, deren Qualität aber bei schwachem Licht schnell nachlässt. Das Mi8 setzt hier mit seiner 20-Megapixel-Cam den Bestwert, wobei die Software mit ihren Effekten wie etwa dem Weichzeichner wohl eher auf asiatische Geschmäcker abzielt. Das OnePlus hat ebenfalls eine ordentliche Selfie-Cam.
Bei der restlichen Ausstattung hat das teurere iPhone keinen Vorteil: So stehen in der Basisversion nur 64 GB für Daten zur Verfügung, während die Kontrahenten das Doppelte aufweisen. Ausserdem bietet Apple mit der zusätzlichen eSIM, die in der Schweiz noch nicht funktioniert, nicht wie die beiden Smartphones aus China echte Dual-SIM-Slots an. Einen Platz für die Speicherkarte gibt es leider in keinem der drei Geräte.
Wenn es schliesslich um die Bedienung geht, steht das bewährte iOS den beiden Gegnern mit Android gegenüber, wobei OnePlus mit seiner Modifikation Oxygen OS eine besonders übersichtliche Option und Zusatzfunktionen wie eine Dopplung von Apps bietet.